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Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Titel: Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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sogar heute Abend noch unterhalten würden. Gleich nach dem Essen, im Gruppenraum! Wir haben das Thema lange genug gemieden!»
    «Und was soll das bringen? Wir sind alle müde!» Berger schnitt die Lasagne in Stücke.
    «Es spielt keine Rolle, ob wir müde sind oder nicht! Habt ihr nicht begriffen, dass unsere Gruppe unter Mordverdacht steht?» Katharina hob wieder die Augen und sah in die Runde.
    «Aber wo ist die Polizei? Warum sind die nicht hier, wenn es so dramatisch ist? Ich bin der Meinung, dass wir diese Dinge der Polizei überlassen sollten. Willst du uns ausspionieren? Einen von uns zum Geständnis zwingen? Mit den Tricks einer Therapeutin?» Berger wich Katharinas Blick nicht aus. «Ich habe jedenfalls keine Lust auf so eine Veranstaltung. Und ich finde, du solltest die anderen fragen, ob sie noch den Nerv dazu haben.»
    Katharina spürte wieder diese Welle von Kraftlosigkeit. Wollte sie wirklich diese Auseinandersetzung mit der Gruppe? Es stand an. Sie selbst war bisher ausgewichen, hatte geglaubt, dass die Dinge von selbst an die Oberfläche stiegen. Aber nichts hatte sich bisher geklärt. Kleine Wahrheiten waren hervorgebrochen, nichts als kleine Wahrheiten. Was spielte es für eine Rolle, ob Hubertus Priester war oder nicht? Oder ob Rosa an ihrer Lebensangst zugrunde ging … Katharina erschauerte. Spielte es wirklich keine Rolle? War sie inzwischen so abgebrüht? Hatte so viele Leidensgeschichten gehört, dass nichts sie wirklich berühren konnte? Nicht einmal Carolins Tod?
    Ein leichter Schwindel erfasste sie. Etwas in ihr war anders als sonst. Bisher gab es in ihrem Inneren diesen Überbau, der sich wie ein Regenbogen über die Welt und alle Menschen spannte. Diese untrügliche Sicherheit, dass jeder Mensch seine Aufgabe zu erfüllen hat und dann sterben kann. Dass all diese kleinen und großen Aufgaben ineinander greifen wie ein Netzwerk und so die Entwicklung der Menschheit weitertreiben. Aber was war der Sinn von Carolins Tod? Was bedeutete dieser Tod für die Gruppe, für sie selbst? Sie hatten es nicht begriffen. War Carolin deshalb noch einmal gestorben? In Gestalt der kleinen Katze? War es das?
    Ein Windstoß fuhr plötzlich über die Veranda, löschte zwei der Kerzen. Katharina zuckte zusammen.
    Wenn wir nicht aufwachen, wird noch mehr passieren, dachte sie. Ich bin verantwortlich, mein Wissen muss die andern leiten.
    «Lasst uns jetzt essen!», sagte sie mit voller Stimme. «Anschließend stellen wir nur das Geschirr in die Küche und treffen uns sofort im Gruppenraum. Das ist keine Entscheidung, die zur Abstimmung steht. Ich sage das als eure Gruppenleiterin!»
    «Aber …», wollte Susanne einwenden.
    «Es gibt kein Aber!»

G uerrini lag auf dem Rücken im Sand, drehte ganz langsam seinen Kopf, um Laura anzusehen. Ihr Gesicht war so nah, dass es unscharf erschien. Aber das konnte auch am Sand in seinen Augen liegen. Er spürte die Wärme ihrer Hand auf seinem Bauch, atmete tiefer und ruhiger als sonst. Das Meer rollte heran, bis knapp vor ihre Füße. Er zog Lauras Kopf heran und presste sein Gesicht gegen ihres.
    Erst in diesem Augenblick konnte er sich eingestehen, dass er Angst empfunden hatte, ehe sie sich liebten. Dass er gefürchtet hatte zu versagen, weil sein Geschlecht so lange brachgelegen hatte, weil er nicht wusste, ob es richtig war, was sie taten, weil … Es gab viele Gründe. Er wusste noch immer nicht, ob es richtig gewesen war. Aber das spielte jetzt keine Rolle mehr. Obwohl er vor Kälte zu zittern begann, fühlte er sich lebendig. Und dann fiel ihm ein, dass er sich auch lebendig gefühlt hatte, als er mit Giuseppe sang, als er beinahe den Wachhabenden verprügelt hätte, als er mit Laura und Giuseppe Pizza aß und sie das Lied vom Fool on the Hill improvisierte.
    «Wir müssen aufstehen, Angelo», sagte Laura dicht an seinem rechten Ohr. «Wir werden krank, wenn wir nicht aufstehen.»
    «Wäre es nicht wunderbar, wenn wir beide mit Grippe im Bett liegen könnten? Zum Teufel mit allen Pflichten!», flüsterte er zurück.
    Sie lachte leise.
    «Doch, es wäre wunderbar.» Sie streckte sich lang aus, löste sich dann von ihm, stand auf und streifte den Sand von ihrer Haut. Das Kinn auf eine Hand gestützt, schaute er zu.
    «Komm», sagte sie. «Es wird kalt.»
    Aber Angelo ließ sich wieder auf den Sand fallen.
    «Immer wenn ich etwas Besonderes erlebt habe, fällt es mir schwer, einfach weiterzumachen wie vorher», sagte er. «Ich würde gern hier bleiben und mit dir

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