Nacht der Sünde
schroff und förmlich wie bei ihrem Vater, sondern herrlich weiblich.
„Da könnte ich ja fast auf die Idee kommen, dass mein Dad gestern Abend angerufen hat.“
„So ist es.“ Er lächelte schief. „Er wollte wissen, was ich im Hotelzimmer seiner Tochter treibe.“
„Ich vermute, du hast ihn nicht aufgeklärt.“
„Ich habe behauptet, du hättest dein Handy nach dem Flug in meinem Handgepäck vergessen. Dann hast du also noch nicht mit ihm gesprochen.“
„Nein.“ Und im Moment hatte sie auch keine Lust dazu. Ihr Vater musste sich noch eine Weile gedulden.
Eine halbe Stunde später machten sie sich ausgehungert über ein spätes Mittagessen her, das ein Kellner aufs Zimmer brachte. Es gab klare Hühnersuppe mit duftendem Zitronengras sowie ein traditionelles thailändisches Gericht mit Safranreis und in Bananenblättern gegrilltem Fisch, das sich nasi kuning nannte. Und das alles im Bett.
„Du weißt offenbar, was man hier isst“, stellte sie fest und leckte sich das Öl von den Fingern. „Warst du früher schon einmal hier?“
„Ich habe lange in diesem Teil der Welt gelebt“, erklärte er und schob sich eine Gabel Reis in den Mund.
„Warum bist du aus Australien weggegangen?“
Er hörte auf zu kauen. Der entspannte und mit Appetit essende Mann schien plötzlich hinter einer düsteren Fassade unterzutauchen, während er tonlos erwiderte: „Weil es nichts mehr gab, was mich dort hielt.“
Kate spürte, dass das längst nicht alles war, aber offensichtlich wollte er nicht darüber sprechen. „Nicht einmal deine Großmutter? Oder Bryce?“
„Bryce und mich hat nie besonders viel verbunden. Und was Gran betrifft …“ Er unterbrach sich, schaute zum Balkon und aufs Meer hinaus. „Sie hat getan, was sie für ihre Pflicht hielt, und dafür bin ich ihr ewig dankbar. Es wurde einfach Zeit zu gehen.“ Er stellte seinen Teller ab. „Kennst du Asien, Kate?“
Natürlich wusste Damon, dass seine Antwort für Kate unbefriedigend ausfiel, aber er war nicht bereit, in alten Wunden zu stochern. Bonita war der einzige Mensch, den er rückhaltlos geliebt hatte. Und was seine Großmutter betraf, so hatte er schon lange akzeptiert, dass er für sie eine Pflicht gewesen war, aber nicht mehr.
„Ein bisschen. Damon …“
In ihren dunklen Augen standen Fragen. Augen, die ihn an ein anderes dunkles Augenpaar erinnerten, an andere Zeiten. Er biss die Zähne zusammen. Er würde diese Zeiten nicht wieder heraufbeschwören. Für niemanden.
Als sie die Hand nach ihm ausstreckte, entzog er sich, indem er ihre Teller auf das Tablett stellte und dieses dann auf den Boden setzte. Jede Art von Nähe war im Moment zu gefährlich. Wenn er nicht höllisch aufpasste, würde er sich noch in Kate verlieben, und das durfte auf keinen Fall passieren. Ein flüchtiges Vergnügen war erlaubt, aber keinesfalls mehr.
Als sie nun weiter sprach, hörte er einen Anflug von Verletztheit in ihrer Stimme. „Ich finde, vor unserer Rückkehr nach Sydney sollten wir ein paar Dinge klarstellen.“
„Wir haben zehn Tage Zeit, Kate … nein, neun. Denk einfach nicht an die Zukunft. Was würdest du tun, wenn du wüsstest, dass du nur noch neun Tage zu leben hättest?“
„Ich würde sie mit meiner Familie verbringen.“
„Und wenn es deine Familie nicht gäbe, sondern nur uns beide? Hier?“
„Meinst du damit, dass wir neun Tage lang einfach alles hinter uns lassen und nur im Augenblick leben sollen?“
„Wir werden viel Spaß haben, Kate.“
„Das kann sein. Allerdings nur unter einer Bedingung: Ich schlafe allein.“
„Ist das dein Ernst? Nach allem, was wir eben geteilt haben?“
„Ja, mein voller Ernst“, nickte sie.
Ohne Frage meinte sie es ernst und würde ihre Meinung nicht ändern. Aber warum?
„Was hat er dir angetan?“, fragt er leise.
Ihr Blick flackerte. „Wer?“
„ Ich habe dich gefragt, Kate.“
Sie wich seinem Blick aus. „Mein Exverlobter … Nick. Er hat mich belogen und betrogen. Er hat mich zum Idioten gemacht. Aber hatten wir uns nicht darauf geeinigt, unsere persönlichen Geschichten außen vor lassen?“
Während er sich wünschte, die Traurigkeit aus ihren Augen vertreiben zu können, streichelte Damon ihre Wange. „Er war der Idiot, Kate, nicht du.“
„Wie auch immer. Meine Lektion habe ich jedenfalls gelernt. Eine feste Beziehung kommt für mich nicht mehr infrage.“ Sie schüttelte nachdrücklich den Kopf, bevor sie gespielt munter hinzufügte: „So! Sind damit alle Fragen
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