Nacht der Versuchung
Geständnis des ›anderen Täters‹ muß es so aussehen.« Der Kommissar sah Ursula Fürst scharf und doch bittend an. »Fräulein Fürst … erleichtern Sie uns die Arbeit, indem Sie ein Geständnis ablegen.«
»Ich habe nichts zu gestehen!«
»Schade. Ich hätte geglaubt, Sie seien mutiger und trügen auch die Konsequenzen. Es paßte besser zu Ihnen.«
Mit einem verwunderten Blick, aber stumm, ließ sich Ursula Fürst abführen. Der Kommissar klappte den Deckel der Akte vor sich wieder zu, stellte ein in der Tischschublade laufendes Tonband ab und griff zum Telefon.
»Zimmer 100, bitte. Ja, den Präsidenten.« Er wartete, bis sich Dr. Hochheuser meldete, und sagte dann dienstlich knapp: »Herr Präsident, ich wollte Ihnen nur melden, daß die verantwortliche Person für den Mord an Fred Pommer soeben verhaftet wurde.«
Ein paar Sekunden war es still am anderen Ende der Leitung. Es war klar, daß Dr. Hochheuser verständnislos auf die Sprechmuschel des Telefons starrte. Endlich sagte er:
»Das ist doch ein dummer Witz! Herr Bernhardt …«
»Der Täter ist eine Frau. Oder besser: Ein hübsches, junges Mädchen aus gutem Hause.«
»Ist hier bei uns denn der Irrsinn ausgebrochen?« rief Dr. Hochheuser in höchster Erregung. »Herr Bernhardt hat doch den Hergang der Tat genau geschildert!«
»So wie er sie gesehen hat, Herr Präsident.«
»Mir brummt der Kopf, Herr Kommissar. Kommen Sie zu mir und erklären Sie mir alles. Hat die Täterin denn gestanden?«
»Nein. Es fällt mir nicht schwer, die Tat zu rekonstruieren. Mir fehlt nur noch ein Beweisstück, und das werde ich gleich bei der Haussuchung bekommen. Wenn ich in ein, zwei oder drei Stunden erst kommen darf, Herr Präsident?«
»Selbstverständlich. Und Herr Bernhardt? Kann er aus der U-Haft entlassen werden?«
»Bitte noch nicht. Lassen Sie mir Zeit bis morgen früh.«
Dr. Hochheuser legte auf und schüttelte sich wie ein nasser Hund. Er war ehrlich genug, sich zu gestehen, daß er sich nicht mehr auskannte. Es war ihm, als blicke er gegen eine weißgekalkte Wand.
*
Etwa um die gleiche Zeit, als man Ursula Fürst verhaftete, rief in den Blankers-Werken Sonja Richartz an. Nach kurzer Rückfrage stellte man das Gespräch zu Klaus Blankers durch, der für eine Stunde ins Büro gekommen war, um wichtige Briefe und Verträge zu unterschreiben.
»Das ist ja schrecklich, Klaus«, sagte Sonja Richartz und ihre Stimme vibrierte, als unterdrücke sie ein Weinen. »Pommer erschossen! Ich las es eben in der Zeitung. Seit Wochen habe ich ja keine Verbindungen mehr zu Pommer. Wissen Sie Genaueres?«
»Ja«, sagte Blankers kurz angebunden. »Aber ich spreche darüber nicht. Am allerwenigsten mit Ihnen!«
»Natürlich, natürlich.« Sonja Richartz machte eine Kunstpause. »Wie hat es Ihre Frau aufgenommen?«
Durch Blankers' Herz lief ein heißer Stich. Das zweite Mal, daß man Margit im Zusammenhang mit Pommer erwähnte, dachte er, und diese Feststellung schmerzte körperlich. Was wußten die anderen, was hatten sie vor ihm verborgen? Er mußte es jetzt erfahren, und wenn es von Sonja selbst war, soviel Überwindung es ihm auch kostete. »Margit? Was hat Margit damit zu tun?« fragte er steif. »Natürlich ist sie, wie wir alle, sehr erschüttert.«
Wieder schwieg Sonja einige Sekunden. Sekunden, die Blankers zur Qual wurden und die er innerlich verfluchte.
»Wissen Sie, daß Pommer eine Art Tagebuch führte?« fragte Sonja dann. Ihre Stimme girrte wieder wie zu der Zeit, als sie Blankers für sich interessieren wollte.
»Nein! Woher soll ich das wissen?«
»Ich kenne es. Es war ein Notizbuch, in das er kurze, aber prägnante Ereignisse notierte. Zum Beispiel: 11. Juni. 1.000 DM von Marion erhalten. Oder: 23. August. Bei Lulu. – Kurz und einprägsam. Auch Ihre Frau steht in diesem Buch.«
Blankers atmete tief auf. Es war ihm, als habe ihn jemand in den Nacken geschlagen. Sein Kopf, sein Hals, sein Rumpf schmerzten unerträglich.
»Woher wollen Sie das wissen?«
»Ich habe Pommer dieses Notizbuch aus dem Rock genommen, als er betrunken bei mir schlief. Sie wissen doch, daß ich eine Zeitlang Pommers Geliebte war?«
»Ihr Privatleben interessiert mich nicht.«
»Aber die Notizen über Margit sollten Sie interessieren. Ich habe sie herausgeschrieben. Mit Datum. Wieviel sind sie Ihnen wert?«
»Aha.«
»Mühsam ernährt sich das Eichkätzchen, mein Lieber …«
»Wenn sie authentisch sind – zehntausend Mark!« sagte Blankers rauh. Sein Herz
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