Nacht der Versuchung
schmerzte, als läge es unter einem Schmiedehammer. Jeder Schlag zuckte durch den ganzen Körper. Margit, dachte er immer wieder. Das ist nicht wahr, Margit. Das kannst du mir nicht antun. Das ist einfach nicht wahr. Du und dieser Pommer! Margit, laß mich nicht den Glauben an alles verlieren, was mir bisher heilig war.
»Einverstanden. Zehntausend!« Sonjas Stimme war mädchenhaft fröhlich. »Soll ich zu Ihnen kommen, Klaus?«
»Es wäre mir lieber, wenn wir uns an einem neutralen Ort träfen«, sagte Blankers müde.
»Wie wäre es mit dem Fährhaus Hollenbeck? Da sind wir um diese Jahreszeit ganz allein und können einen guten Grog trinken.«
»Gut. Ich komme. In einer Stunde?«
»Ich werde schon da sein, Klaus. Tschüß!«
Mit schwerer Hand legte Blankers den Hörer auf.
Margit eingetragen im Tagebuch Pommers! Wenn das wahr war, wenn das nicht wieder ein gemeiner Trick Sonjas war, dann mußte eine Welt zusammenbrechen – seine Welt!
Mit einem Taxi fuhr Klaus Blankers hinaus an die Unterelbe zum Fährhaus Hollenbeck. Es war ein kleines Ausflugslokal, in dem im Sommer die Ausflügler am Elbeufer unter bunten Sonnenschirmen saßen und hinausblickten auf die träge nach Hamburg fahrenden Schiffe, Schlepper und Kähne. Jetzt, im Winter, war nur die große Fischerstube geheizt. Es gab einen weitbekannt guten Grog. Und Aalsuppe. Und von der großen gläsernen Stubenwand aus hatte man einen wundervollen Blick über die verschneiten Elbewiesen, die bizarren Bäume vor dem Winterhimmel und auf das Treibeis im Strom.
Sonja saß schon am Fenster, als Blankers eintraf, seinen Kamelhaarmantel ablegte und an der Theke einen Grog bestellte. Entgegen seiner Gewohnheit, Frauen die Hand zu küssen, begrüßte er Sonja nur mit einem steifen Nicken, setzte sich ihr gegenüber und legte ein dickes Kuvert auf den Tisch.
»Zehntausend Mark!« sagte er hart. »Darf ich die Eintragungen sehen?«
»Sie sehen mich an, Klaus, als wollten Sie mich auffressen, und dabei kann ich doch wirklich nichts ändern. Ich hielt es bei unserer langjährigen Freundschaft einfach für meine Pflicht …«
»Lassen wir das!« Blankers wartete, bis der Fährhauspächter den Grog hingestellt hatte und wieder ging. »Ich kenne Ihre Uneigennützigkeit.«
»Warum so bitter, Klaus?« Sonja legte ihre Hände auf seinen Arm, aber Blankers lehnte sich zurück; ihn widerte diese gespielte Zärtlichkeit an. »Wir alle haben in unserem Leben Enttäuschungen erlitten und sind darüber hinweggekommen. Sie werden es auch …«
»Kann ich die Eintragungen endlich sehen?« fragte Blankers grob.
»Bitte!« Sonja Richartz klappte ihre Lacklederhandtasche auf, entnahm ihr einen Zettel und schob ihn Blankers über den Tisch.
Mit schnellem Blick überlas Blankers die Notizen und kniff dabei die Augen zusammen. Sein Mund wurde schmal.
»Was soll das?« fragte er laut. »Diese Notizen bedeuten gar nichts. Da stehen Daten und dahinter nichts als Margit. Ist das alles?«
»Genügt es Ihnen nicht, Klaus?« Sonjas Stimme flatterte. »Erstens schreibt er Margit, also den Vornamen, wie bei den anderen Frauen; wie bei Lulu, Marion, Uschi oder Babette. Er bringt sie also auf eine Linie mit seinen Freundinnen.«
»Das sind dumme, niederträchtige Auslegungen!«
»Und dann würde ich einmal die Daten lesen. Sommer vor zwei Jahren … da war Margit noch nicht Ihre Frau. Und da hat Pommer in sein Tagebuch geschrieben, zehn Tage hintereinander im August: Margit! Mit Ausrufezeichen. Wer Pommer kennt, weiß genau, was dieses Ausrufezeichen bedeutet.«
»Sie sind ein gemeines Frauenzimmer.« Blankers nahm den Zettel an sich und schob das dicke Kuvert zu Sonja. »Nehmen Sie Ihren Judaslohn. Ich hoffe, daß ich Sie niemals wiedersehen muß.«
Sonja Richartz blieb sitzen. Er kann mich beleidigen, dachte sie. Ich habe das Geld. Aber der Heiligenschein seiner Frau soll auch fallen! Ich will ihr die Tünche vom Gesicht wischen! Oh, wie ich sie hasse!
»Wissen Sie noch, wann Margit Pommer zum erstenmal gesehen haben will? Damals, in der Heide, als Pommer verunglückte, nicht wahr? Dabei kannten sich Margit und Pommer schon fast ein Jahr, und Pommer fuhr nach Wulfbüttel, um Margit zu treffen. Vergleichen Sie das Datum mit der Heidezeit Ihrer Frau. Sie finden es. Margit mit Ausrufezeichen.«
In Blankers breitete sich eine schreckliche Kälte aus. Wogegen er sich gewehrt hatte, auch jetzt noch, das sprach Sonja Richartz mit aller Brutalität aus: Margit hatte ihn vom ersten Tag der
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