Nacht der Versuchung
einem unbändigen Verlangen ergriffen, das sie völlig verunsicherte. Verzweifelt versuchte sie, etwas Ordnung in dieses Chaos zu bringen. Sie konnte doch unmöglich Xavier begehren! Aber die Gefühle, die in ihr aufwallten, waren unmissverständlich!
Der Gedanke, einen Mann zu begehren, der ihre Schwester derart verletzt hatte … einen Mann, den Tanya immer noch liebte, entsetzte sie zutiefst. Das war ein Verrat an allem, worauf sie bislang so stolz gewesen war. Es war einfach unvorstellbar, genauso wie es unvorstellbar war, dass sie, eine Frau, die sich eingebildet hatte, ihre Gefühle restlos im Griff zu haben, sich derart hinreißen lassen konnte.
Unglücklich schloss Mariella die Augen. Los, gib es schon zu! befahl sie sich insgeheim. Du bist so scharf auf ihn, dass er hier und jetzt mit dir machen könnte, was er wollte, wenn er nur wollte. Du würdest es nicht nur zulassen, du würdest ihn dazu ermutigen, ihn verführen … Verzweifelt schüttelte sie den Kopf, versuchte buchstäblich, diese quälenden Gedanken abzuschütteln, und wandte sich blindlings um. Sie hatte nicht registriert, dass der Wind wieder aufgefrischt war und unheilvoll die Wipfel der Palmen rüttelte und der aufwirbelnde Sand erneut die Sonne bedrohlich verdunkelte.
Sobald sie wieder im Zelt war, eilte sie erst einmal in den Schlafraum, um nach Fleur zu sehen. Zwar war sie keine halbe Stunde draußen gewesen, doch sie hatte das Gefühl, eine ganze Zeitzone durchlaufen zu haben und in eine ganz andere Welt eingetaucht zu sein. Eine Welt, in der sie nicht länger sicher wusste, wer oder was sie war.
Rasch begann sie, Fleurs Sachen zusammenzupacken. Sie konnte die Vorstellung nicht ertragen, noch da zu sein, wenn er zurückkam … ihm gegenüberzutreten, im selben Raum mit ihm zu sein. Ja, sie war sich nicht einmal sicher, ob sie es noch ertragen konnte, zur selben Zeit wie er zu leben! Niemals hätte sie gedacht, dass ihr ein Mann einmal so gefährlich werden könnte, dass sie vor ihren eigenen Gefühlen Angst haben würde.
Verschwitzt und mit geröteten Wangen atmete sie tief ein und betrachtete, was sie hastig und chaotisch zusammengepackt hatte. Sie würde jetzt die Sachen zum Jeep bringen, dann Fleur holen und nonstop zum Hotel zurückfahren! Wenn sie erst wieder in der Stadt war, würde es ihr sicher gelingen, Xavier so zu sehen, wie er war: als den Mann, der ihre Schwester sitzen gelassen hatte. Fleurs Vater, der seine kleine Tochter verleugnete.
Die Palmen neigten sich bereits im Wind, als Mariella ihr Gepäck hinaus zum Jeep schleppte, aber sie war so damit beschäftigt, die Sachen einzuladen, dass sie ringsum überhaupt nichts wahrnahm.
Xavier bemerkte sie, als er eine Bahn zum Ufer zurückschwamm. Wasser tretend beobachtete er ungläubig und wütend, wie sie mit der schweren Tür des Geländewagens ihre Mühe hatte und dann das viele Babygepäck wieder einlud.
Geschafft! Jetzt musste sie nur noch Fleur holen, und dann würden sie hoffentlich verschwunden sein, bevor Xavier es bei seinem intensiven Schwimmtraining überhaupt bemerkte. Verdammt, wenn er unbedingt schwimmen musste, warum hatte er sich nicht wenigstens … irgendetwas angezogen? Warum musste er seinen unzweifelhaft männlich schönen und sehr erotischen Körper so vor ihr zur Schau stellen?
Ganz in Gedanken versunken, bemerkte Mariella nicht, dass Xavier inzwischen aus dem Wasser gewatet war, sich rasch T-Shirt und Jeans angezogen hatte und auf das Zelt zulief, in dem sie gerade wieder verschwand.
“Komm her, meine Süße”, sagte Mariella liebevoll und hob ihre kleine Nichte hoch. “Wir beide gehen jetzt …”
“… nirgendwohin!”
Mit dem Baby auf dem Arm drehte Mariella sich erschrocken zu Xavier um. Das T-Shirt klebte an seinem muskulösen, offensichtlich noch vom Schwimmen feuchten Oberkörper, ein Anblick, der ihr Herz schneller schlagen ließ. Er stand in der Türöffnung und blockierte Mariella quasi den Weg nach draußen, aber im ersten Moment interessierte sie diese wichtige Tatsache überhaupt nicht, weil sie nur daran denken konnte, wie wahnsinnig sexy er aussah!
Du liebe Güte, sie war eine erwachsene, selbstständige Geschäftsfrau, die es gewohnt war, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, und kein dummes Weibchen, das seinen Hormonen hilflos ausgeliefert war … auch wenn sie augenblicklich ganz den Eindruck machte! Entschlossen sah sie Xavier entgegen. “Ich werde mit Fleur jetzt in die Stadt zurückfahren, und Sie werden mich nicht
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