Nacht der Versuchung
gerecht wird!”
Und seiner eigenen, dachte Mariella, behielt es aber taktvollerweise für sich.
“Mein alter Freund Sir John Feinnes hat mir auch erzählt, dass Sie sehr innovative Ideen haben … An unserer Rennbahn wird soeben eine exklusive Loge fertig gestellt, die den Namen der Königlichen Familie tragen wird, und ich könnte mir vorstellen, dass sich dort eine Gelegenheit bieten würde für …”
“… etwas Innovatives?”, schlug Mariella lächelnd vor.
“Genau. Aber dies ist nicht der Zeitpunkt, über Geschäfte zu sprechen. Ich habe Sie hier als Gast eingeladen, damit Sie schon einmal einige Ihrer ‘Motive’ ganz zwanglos kennenlernen können, sozusagen.”
Fleur, die bis dahin auf Mariellas Arm mit großen, staunenden Augen um sich geblickt hatte, drehte plötzlich den Kopf und lächelte den Prinzen an.
“Sie haben ein sehr schönes Kind”, sagte er höflich.
“Oh, Fleur ist meine Nichte”, erwiderte Mariella. “Meine Schwester hat sie mir für einige Wochen anvertraut. Ich glaube, meine Agentin hatte Sie darüber informiert.”
“Ja, ich erinnere mich. Mein persönlicher Assistent hat mal so etwas erwähnt.”
Einige Neuankömmlinge warteten darauf, dem Prinzen vorgestellt zu werden, und Mariella trat diskret beiseite. In der Ferne wurden auf der Rennbahn einige Pferde trainiert, während hier im Hof der Stallungen Pferdepfleger und Stallburschen ihrer Arbeit nachgingen, alle bekleidet mit khakifarbenen Shorts oder Hosen und T-Shirts, auf denen die Farben von Prinz Sayids Rennstall leuchteten.
“Vielleicht sollten Sie das Baby jetzt in die Krippe bringen”, schlug der Assistent des Prinzen höflich vor.
Doch Mariella schüttelte den Kopf. Zu groß war ihr Verantwortungsgefühl gegenüber ihrer Nichte, als dass sie sich unnötig lang von ihr getrennt hätte. Außerdem hätte sie bei dem Trubel sowieso keine einzige Skizze von den Pferden anfertigen können. Andererseits bot diese Veranstaltung aber eine herrliche Gelegenheit, Leute zu beobachten!
Xavier ließ den Blick über die Menge schweifen, die den Hof der königlichen Stallungen füllte, und fragte sich erneut, was, in aller Welt, er hier tat. Normalerweise mied er derartige gesellige Veranstaltungen wie die Pest. Das war eher Khalids Ding, und wenn sein junger Cousin nicht ohne Vorwarnung abgetaucht wäre, wäre es auch seine Aufgabe gewesen, daran teilzunehmen. Da Xavier jedoch gemeinsame Interessen mit dem Prinzen verbanden, fühlte er sich verpflichtet, nun persönlich zu dem Frühstück zu erscheinen, zumal es einem wohltätigen Zweck diente, den er vollauf unterstützte.
Nachdem er mit verschiedenen Leuten geplaudert hatte, darunter mit mehreren Mitgliedern der königlichen Familie, hatte er eigentlich das Gefühl, seiner Pflicht Genüge getan zu haben, und wollte schon wieder gehen, als er vor sich in der Menge etwas Türkisblaues aufleuchten sah. Xavier stutzte, blickte genauer hin und ging dann entschlossen darauf zu.
Die Gäste hatten begonnen, sich zu den Pavillons zu begeben, wo das Frühstück serviert werden sollte. Mariella zögerte. Wahrscheinlich war dies der richtige Zeitpunkt, Fleur doch für eine Weile in der Kinderkrippe abzugeben. Suchend blickte sie sich um in der Hoffnung, den hilfreichen Assistenten des Prinzen irgendwo zu entdecken.
Xavier bemerkte Mariella, bevor sie ihn sah. Seine grauen Augen leuchten ärgerlich auf. Sie war es tatsächlich! Und er konnte sich gut vorstellen, was sie hier tat! Einige der reichsten Männer Zurans waren anwesend, und nur wenige davon hätten sich von ihrem Anblick nicht in Versuchung führen lassen. Angefangen bei ihrem ebenso eleganten wie gewagten Hut bis hinunter zu den zierlichen hohen Sandaletten wirkte sie unwiderstehlich feminin und zerbrechlich. Ein Bild verletzlicher Unschuld. Nur dass sie natürlich weder verletzlich noch unschuldig war! Und sie hatte den Nerv, ihren Mutter-Kind-Status aller Welt zu verkünden, indem sie das Baby auf ihrem Arm auch noch farblich passend zu ihrem Outfit angezogen hatte.
Ohne zu ahnen, welches Damoklesschwert in Gestalt eines sehr zornigen Mannes über ihr schwebte, setzte Mariella sich Fleur auf die andere Hüfte und ließ den Blick weiter über die Gäste schweifen auf der Suche nach dem Assistenten.
“Ganz reizend! Typisch für Sie, hier aufzutauchen … und auch noch mit Ihrem neuesten ‘Accessoire’ aus Europa! Ich muss Ihnen allerdings sagen, dass Sie seine Wirkung hier in Zuran vermutlich falsch
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