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Nacht der Zaubertiere

Nacht der Zaubertiere

Titel: Nacht der Zaubertiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Gras und Laub klebten ihm an der Hose. Er sehnte sich danach, einen Augenblick stehenzubleiben und sich putzen zu können, aber Amos führte sie mit stetigem Schritt durch den Wald und über die offene Wiese.
    Sie waren immer noch gut fünfzig Meter von der Autostraße entfernt, als der Himmel plötzlich in einer Reihe von blendenden Blitzen zu explodieren schien, Donnerschlag auf Donnerschlag folgte und endlich die Wolken ihren Regen herabströmen ließen. Das Gras wurde durch die Wucht des Wolkenbruchs wie glattgebügelt. Das Trommeln der Regentropfen war fast betäubend. Im Nu waren die Kleider des Gestiefelten Katers klatschnaß. Voll Schreck wurde ihm klar, daß sich der trockene Boden rasch in Schlamm verwandeln und sein prachtvolles Gewand im Laufe der langen Nacht unbeschreiblich verdrecken würde.
    Der Gestiefelte Kater war vollkommen furchtlos, und es konnten ihn weder bekannte noch unbekannte Gefahren schrecken.
    Ausgeburten der Hölle in Puppengestalt, wütende Hunde und andere Schurken ließen ihn völlig kalt. Aber daß sie ihn in nassen und schmutzigen Kleidern zu Gesicht bekamen, in einem regenschlappen Hut und mit Schlamm an den Stiefeln — das war fürchterlich.
     
     
    Viktor Liebmann hatte eine Taschenlampe aus dem Handschuhfach seines Autos geholt und sich in den finsteren Wald gewagt, um nach den sechs Spielzeugtieren zu suchen, die im Licht seiner Scheinwerfer die Straße überquert hatten. Hie und da fand er eine Spur, die den Weg der kleinen Geschöpfe andeuten konnte — niedergetretenes Gras, geknickte Zweige, merkwürdige Fußspuren in der weichen Erde —, aber von den Tieren selbst war nichts mehr zu sehen.
    »Du hast geträumt«, schalt sich Viktor aus, während er im Gebüsch herumstocherte. »Kneif dich in den Arm und wach auf.«
    Er kniff sich wirklich, aber er wachte nicht auf. Er kniff sich noch einmal, stärker als vorher.
    »Autsch!« sagte er. Das wiederholte er noch zweimal, denn er war ein dickköpfiger Mann. Dann begann der Wolkenbruch, und die kahlen Zweige boten ihm nicht viel Schutz. Im Handumdrehen war er naß bis auf die Knochen.
    Zähneklappernd und niesend und mit dem Gefühl, sich lächerlich gemacht zu haben, kämpfte er sich zum Weg zurück, wo sein Wagen mit laufendem Motor und aufgeblendeten Lichtern auf ihn wartete. Als er auf die lehmige Fahrbahn trat, bildete er sich ein, er hätte aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrgenommen, etwas, was zehn Schritt entfernt in den flachen Straßengraben huschte. Er stürzte zu der Stelle, doch das Licht seiner Taschenlampe fiel nur auf etwas Regenwasser, das sich im Graben angesammelt hatte.
    Er machte einen großen Schritt über die Pfütze und geriet in das Unkraut am Rande des Waldes. Dabei schwenkte der Strahl seiner Taschenlampe hin und her, und plötzlich erblickte Viktor etwas, was noch seltsamer als die sechs Spielzeugtiere war: einen Roboter, etwa einen halben Meter groß, mit heimtückischen gelben Augen, die gefährlich glitzerten, und einem gräßlichen Maul, das in ei-
    nem schartigen, bösartigen Grinsen aufgeklappt war. Er stand halb verborgen hinter einem verwelkten Büschel Wolfsmilch und starrte angriffslustig zu Viktor hinauf. Dieser beugte sich vor und wollte den Roboter aufheben, doch der setzte sich schneller in Bewegung, als es Viktor für möglich gehalten hätte. Seine metallische Haut, von Regentropfen beperlt, glänzte im Licht der Taschenlampe. Die Gestalt huschte unter seinem Arm hindurch, geradewegs auf seine Füße zu, wo sie ihm mit beiden Stahlfäusten auf seiner linken Fußspitze herumzu trommeln begann. Er hätte sich nicht im Traum einfallen lassen, daß eine Spielzeugpuppe solche Kräfte besaß. Die Schläge waren fest und taten kräftig weh. Als Viktor verblüfft zurücktaumelte, spürte er, wie sich etwas an seinem rechten Hosenbein festkrallte. Er blickte hinunter und sah eine Marionette im Smoking — mit Zylinder, aber ohne Führungsschnüre —, die tückisch zu ihm emporgrinste.
    Ich habe den Verstand verloren, dachte er. Ich bin verrückt. Vollkommen verrückt.
    Die Marionette zerrte heftig an seiner Hose. Weil Viktor ohnehin aus dem Gleichgewicht war, wäre er fast gestürzt.
    Eine zweite Marionette, ein vulgäres kleines Weibsstück im Tanzkleid der zwanziger Jahre, packte ihn am anderen Hosenbein und zog ihn heftig in ihre Richtung.
    Viktor schlug nach der männlichen Marionette, dann nach der weiblichen, wobei er die Taschenlampe als Waffe benutzte. Er verfehlte sie alle

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