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Nacht des Flamingos

Nacht des Flamingos

Titel: Nacht des Flamingos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Geschäfte.«
      »Oh, das ist einfach. Er hat an der York Road ein Riesenschnapslager. Wahrscheinlich panscht er das Zeug auch. Außen am Gebäude steht ›Gibsons Möbelfabrik‹, aber das ist nur Tarnung. Er beliefert sämtliche Klubs im Norden.«
    »Und wo kommt der Alkohol her?«
      »Das möchte ich auch wissen. Zum Teil stammt er aus Ladungen von Fernlastwagen, die an der falschen Abzweigung abbogen. Zum Teil stellt er das Zeug wahrscheinlich selbst her. Auf jeden Fall steckt eine ganze Menge Geld in dem Unternehmen.«
    »Aber mehr noch im ›Flamingo‹?«
      Sie drückte den Kofferdeckel zu und holte einen zweiten Koffer vom Schrank.
      »Im ›Flamingo‹ stecken gut und gern hunderttausend Pfund. Ohne den Klub kann er baden gehen. Als er damals in London verkaufte, mußte er nehmen, was er bekam. Es heißt, daß er ziemliche Verluste hat einstecken müssen.«
    »Und wie steht es mit den Wettstellen?«
      »Die schleppen sich vorläufig noch mühsam von einem Tag zum anderen dahin. Das Geld, das er am Abend im ›Flamingo‹ einnimmt, steckt er am nächsten Morgen in die Wettstellen. Er hat hier noch keinen festen Boden unter den Füßen.«
    »Es dreht sich also alles um den ›Flamingo Club‹?«
      »Ja, das könnte man wohl sagen.« Plötzlich zog sie die Brauen zusammen und warf ihm einen forschenden Blick zu. »Warum wollen Sie das alles wissen?«
      »Lassen Sie das meine Sorge sein. Sie haben sich jetzt um andere Dinge zu kümmern.« Er sah auf seine Uhr. »Wir müssen uns auf den Weg machen. Wir haben noch genau eine halbe Stunde Zeit bis zum Abflug der Maschine.«

    Der Bull & Bell Yard war nicht weit vom Marktplatz, eine schmutzige, sonnenlose Gasse mit Kopfsteinpflaster, die nach dem Gasthaus benannt worden war, das seit mehr als zweihundert Jahren hier stand. Neben dem Eingang zum Gastraum lehnten mehrere überquellende Abfalltonnen an der Wand. Leere Kartons und Kisten waren daneben aufgestapelt.
      Es regnete leicht, und ein alter Mann hockte zusammengekauert an der Wand, in der einen Hand eine Flasche Bier, in der anderen ein Stück Brot. Er trug eine uralte, abgewetzte Uniformjacke der britischen Armee. Sein Haar und sein Bart waren lang und zottig.
      Die Tür öffnete sich, und ein Kellner erschien. Er hielt einen Eimer in der Hand. Er war ein großer und kräftiger junger Mann mit kaltem, ziemlich gefährlich wirkendem Gesicht. Um den Bauch trug er eine weiße Schürze. Er leerte mit Schwung den Inhalt des Eimers auf die Gasse und blickte voller Verachtung auf den alten Mann nieder.
    »Ja, sind Sie immer noch da, Sailor? Lieber Himmel, wie halten Sie denn das aus?«
      »Gehen Sie ruhig wieder rein, Harry«, versetzte der alte Mann mit heiserer Stimme. »Ich bin ja hier nicht im Weg, oder?«
      Der Kellner kehrte wieder ins Gasthaus zurück. Sailor hob die Bierflasche an die Lippen. Dann sah er die Beine des Mannes vor sich. Er blickte auf und senkte die Flasche, den Mund voller Verwunderung geöffnet. Der Mann, der vor ihm stand, hatte die seltsamsten Augen, die Sailor je gesehen hatte. Es waren dunkle, ganz und gar ausdruckslose Augen. Er trug einen dunklen Überzieher, eine Melone und hatte einen zusammengewickelten Schirm am Arm hängen.
      Seine Hand fuhr in die Manteltasche und kam mit einer Pfundnote wieder zum Vorschein.
    »Kennen Sie Mr. Vernon?« fragte er. »Mr. Max Vernon?«
    Sailor nickte.
    »Ist er drinnen?«
    »Ja.«
      Der Mann mit der Melone ließ den Geldschein in Sailors Schoß flattern.
    »Ich danke Ihnen sehr«, sagte er und steuerte auf die Tür zu.
      Sailor blieb noch ein Weilchen sitzen, dann rappelte er sich hoch, stieß sachte die Tür auf und spähte vorsichtig ins Innere.

    Das ›Bull & Bell‹ füllte sich immer erst am Abend mit Gästen. Das war der Grund, weshalb Max Vernon es vorzog, das Gasthaus am Nachmittag mit seiner Anwesenheit zu beehren. Er wußte, daß er dann den Gastraum praktisch für sich allein hatte. Da ließen sich gewisse Geschäfte sehr bequem abwickeln.
    Er saß auf einem Hocker vor der Bar und kaute an einem Roastbeef-Sandwich. Neben seinem Ellbogen stand eine Flasche Bier auf der Theke. Carver und Stratton hatten sich in einer Nische am Fenster niedergelassen und unterhielten sich über Nichtigkeiten.
    Carver bemerkte Craig zuerst.
    »Allmächtiger«, sagte er, und dann war es ganz still.
      Craig trat näher. Etwa vier Schritte von Vernon entfernt blieb er stehen.
      »Da sind Sie ja, Vernon. Ich muß

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