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Nacht des Flamingos

Nacht des Flamingos

Titel: Nacht des Flamingos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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wandte sich zum Gehen. »Sie müssen mich jetzt entschuldigen. Harriet hat die Sache sehr schwer genommen. Ich möchte so rasch wie möglich nach Hause.«
    »Natürlich. Wenn ich irgend etwas tun kann…«
    »Das glaube ich nicht.« Craig lächelte flüchtig, schüttelte dem Sergeant die Hand und eilte davon.
      Miller blickte ihm nach, bis er verschwunden war. Dann drehte er sich um und kehrte zu seinem Wagen zurück.
      Am folgenden Vormittag, kurz nach zehn Uhr, saß Max Vernon an einem kleinen Tisch vor dem offenen Feuer und nahm ein spätes Frühstück ein. Es klopfte, und gleich darauf trat Carver ins Zimmer.
    »Was gibt's?« Vernon blickte gereizt auf.
    Carver hielt einen großen Kranz aus weißen Lilien hoch.
    »Was soll das?«
      »Das ist der Kranz, den ich für die Beerdigung besorgen sollte. Ich habe ihn gestern abliefern lassen. Der Portier hat ihn eben gefunden. Er war an Ihrer Privattür festgenagelt.«
    »So, so«, meinte Vernon nachdenklich.
      »Und das ist nicht alles«, fuhr Carver fort. »Das war auch noch dabei.«
      Vernon nahm die kleine Karte, die Carver ihm reichte. Sie hatte einen schwarzen Rand. Die Inschrift war kurz und unmißverständlich.
    ›Zum Gedenken an Maxwell Vernon – 1929 bis 1967. Ruhe in Frieden.‹

    8

    Nick Miller brauchte eine Zeitlang, um den Schlaf abzuschütteln. Eine Weile lag er reglos in der Dämmerung des frühen Morgens und starrte zur Decke auf. Dann sah er auf seine Uhr. Es war kurz vor sechs. Da fiel ihm ein, daß er heute ja seinen freien Tag hatte. Er stieß einen Seufzer des Wohlbehagens aus und wälzte sich auf die andere Seite.
      Plötzlich hörte er, wie draußen die Wohnungstür aufgestoßen wurde. Mühsam richtete er sich auf. Gelächter drang ins Zimmer und das Trappeln kleiner Füße. Wenig später flog die Tür zu seinem Schlafzimmer auf, und seine Neffen stürzten herein. Ein großer Airedaleterrier jagte in munteren Sprüngen hinter ihnen her.
      Der Hund sprang aufs Bett, und Miller stieß ihn mit einem Fluch hinunter.
    »Runter, du Biest.«
      Tommy war acht Jahre alt und Roger zehn. Sprühend vor Lebenslust und Ausgelassenheit fielen die beiden Jungen über Nick Miller her.
      »Aufstehen, Onkel Nick! Wir wollen mit Fritz in den Park, damit er sich mal richtig austoben kann.«
      »Ohne mich«, versetzte Miller und zog sich die Bettdecke über die Ohren.
    »Onkel Nick, du hast es versprochen.«
    »Wann?«
    »Ach, schon ewig.«
    Fritz hopste wieder aufs Bett und stupste Miller mit seiner kalten Schnauze. Miller seufzte.
      »Na schön, da werd' ich mich wohl geschlagen geben müssen. Aber schafft den Köter raus. Ihr könnt unten im Garten auf mich warten.«
      Nachdem die Kinder und der Hund abgezogen waren, stieg Miller seufzend aus dem Bett und ging ins Badezimmer. Er duschte kalt und schlüpfte dann rasch in seine alte Cordhose, einen Rollkragenpullover und Wildlederstiefel. Dann steckte er sich eine Zigarette an und ging hinaus.
      Das Haus seines Bruders stand in einem großen Garten. Es war eine alte Villa, im Stil der viktorianischen Zeit erbaut, mit Mauern aus grauem Stein. Millers kleine Wohnung lag im Garagenanbau an der Rückseite des Hauses. Als er die Treppe hinunterstieg, heulte unten ein Motor auf. Dann schoß der MiniCooper auf den geteerten Platz hinaus.
      Tommy und Fritz hatten es sich auf dem Rücksitz bequem gemacht. Roger saß am Steuer. Miller riß die Tür auf und schob den Jungen auf die andere Seite.
      »Laßt euch bloß nicht von eurer Mutter erwischen«, sagte er. »Die bringt mich um.«
      Als sie den Park erreichten, ließen sie den Wagen vor dem Haupttor stehen. Doch sie gingen nicht hinein, sondern marschierten die Straße entlang zum öffentlichen Spielplatz und Sportstadion, wo Miller Fritz von der Leine losmachte. Der Airedaleterrier raste in großen Sprüngen davon, und die Jungen jagten ihm rufend und lachend hinterher.
      Miller, die Hände in den Hosentaschen, schlenderte gemächlich hinter der Meute her. Der Morgen war grau und trübe, die Luft kühl. Ein scharfer Wind wehte ihm ins Gesicht. Zum erstenmal seit Wochen fühlte sich Miller frisch und ausgeruht.
    Die Jungen hatten inzwischen das eiserne Gitter erreicht, das den Park begrenzte. Plötzlich stieß Roger einen lauten Schrei aus, Tommy tat es ihm nach, und dann verschwanden die beiden Jungen.
      Miller eilte ihnen nach. Als er sich durch eine Lücke im Geländer hindurchzwängte und auf den Sportplatz

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