Nacht des Flamingos
schon sagen, es ist ziemlich schwer, Ihnen auf den Fersen zu bleiben. Ich habe überall nach Ihnen gesucht.«
»Meine Adresse steht im Telefonbuch, Colonel«, versetzte Vernon ruhig.
»Natürlich, aber einen Besuch in Ihrem gastlichen Haus wollte ich gerade vermeiden. Ich hoffte, es ließe sich vielleicht eine Unterhaltung unter vier Augen arrangieren«, sagte Craig.
Er warf einen Blick auf Carver und Stratton. Vernon zuckte die Achseln.
»Lassen Sie sich von der Gegenwart der beiden Herren nicht stören«, bemerkte Vernon liebenswürdig.
»Wie Sie meinen.« Craig zog eine Zigarette aus dem schweinsledernen Etui und zündete sie gemächlich an. »Ich vermute, Sie haben sich gewundert, als Monica Grey gestern abend nicht zur Arbeit kam. Sie hat mich gebeten, Ihnen etwas auszurichten.«
»Ach?«
»Sie werden leider in Zukunft ohne ihre Hilfe auskommen müssen.« Craig blies eine Rauchwolke zur Decke. »Ich hatte eine sehr aufschlußreiche Unterhaltung mit der jungen Dame. Danach setzte ich sie in ein Flugzeug. Sie ist jetzt bereits unterwegs zu einem Ort, der so weit entfernt ist von England, daß sie unbesorgt vergessen kann, daß sie jemals einen Mann namens Max Vernon kannte.«
»Was soll das alles?« fragte Vernon. »Wollen Sie mir den Krieg erklären?«
»Einen Kampf bis aufs Messer«, bestätigte Craig mit
freundlicher Gelassenheit. »Zuerst werde ich jene Dinge zerstören, die Ihnen wichtig sind, Vernon. Danach sind Sie selbst an der Reihe.«
Stratton sprang auf. Vernon hob rasch die Hand.
»Bleiben Sie, wo Sie sind.« Er maß Craig mit abschätzendem Blick von Kopf bis Fuß und schüttelte langsam den Kopf. »Das haben schon andere versucht, Colonel. Meine hartnäckigsten Konkurrenten haben ihr Bestes getan, mich zu ruinieren, doch im Endeffekt waren sie die Leidtragenden.«
»Nun, immerhin mußten Sie aber London ziemlich überstürzt verlassen.«
»Na und? Es wird nicht lange dauern, da bin ich wieder. obenauf. Und ehe ich von hier verschwinde, wird diese Stadt nach meiner Pfeife tanzen.«
»Der große Max Vernon«, sagte Craig. »Er bekommt immer das, was er will.«
»Genau.«
»Meine Tochter eingeschlossen.«
»Ihre Tochter eingeschlossen. Und sie war eine gelehrige Schülerin.«
Zum erstenmal drohte Craigs eiserne Selbstbeherrschung zu brechen. Seine Hand schloß sich fester um den Griff des Regenschirms. Er hob den Schirm, als wollte er zuschlagen. Doch gleich darauf gewann er seine Gelassenheit wieder.
»Ich müßte Ihnen eigentlich danken, daß Sie das gesagt haben, Vernon. Das erleichtert mir die Sache wesentlich.«
Vernons liebenswürdiges Lächeln trübte sich einen Moment.
»Wissen Sie, Sie erinnern mich an meinen früheren Colonel. Den konnte ich auch nicht ausstehen. – Harry!« rief er. »Kommen Sie mal herüber.«
Harry, der Kellner, eilte in den Raum.
»Ja, Mr. Vernon?«
Vernon wies kopfnickend auf Craig und nahm seine Zeitung zur Hand.
»Bringen Sie den Herrn hinaus.«
»Gewiß, Mr. Vernon.« Harry trat hinter der Bar hervor. »Verschwinden Sie, Mister.«
»Ich gehe, wenn es mir paßt«, versetzte Craig ungerührt.
Harrys rechte Hand packte Craigs Kragen. Strattons und Carvers Gelächter folgte ihnen, als der Kellner Craig kurzerhand zur Tür hinausschob.
Als die Tür des Gastraums aufsprang, kauerte sich Sailor hinter dem Berg von Kartons zusammen und wartete.
Harry grinste breit. Er hatte Craig noch immer am Kragen.
»Das paßt uns gar nicht, wenn Leute wie Sie hier auftauchen und unsere Gäste belästigen«, erklärte er.
Mehr konnte er nicht sagen. Craigs rechter Ellbogen schwang scharf zurück und traf den Kellner unter den Rippen. Harry taumelte nach rückwärts und rang nach Atem. Craig drehte sich rasch um.
»Sie sollten nie einen Feind so nahe an sich herankommen lassen«, bemerkte Craig. »Man hat versäumt, Ihnen die richtige Nahkampftaktik beizubringen.«
Harry stieß einen Wutschrei aus und stürzte sich auf Craig. Die rechte Hand zur Faust geballt, holte er zum Schlag aus. Craig bekam mit beiden Händen das Handgelenk des Kellners zu fassen und drehte es nach hinten und gleichzeitig nach oben. Harry schrie voller Schmerz und wand sich wie ein Aal. Craig lockerte seinen Zugriff nicht. Er stieß den wimmernden Kellner vor sich her, versetzte ihm einen wuchtigen Stoß, und Harry landete in einem Berg von Kisten und Kartons.
Als Craig sich niederbeugte, um
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