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Nacht des Flamingos

Nacht des Flamingos

Titel: Nacht des Flamingos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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daß diese Wandlung auf die Auswirkungen der Droge zurückzuführen ist.«
      »Hat Ihre Tochter, nachdem sie Ihr Haus verlassen hatte, jemals mit Ihnen Verbindung aufgenommen?«
      »Sie schrieb uns dreimal. Alle drei Briefe waren in London abgestempelt. Sie liegen dem Gericht vor.«
    Der Coroner nickte.
      »Ich habe die Briefe gelesen. Dem Inhalt dieser Schreiben zufolge mußte der Eindruck entstehen, daß Ihre Tochter in London lebte und dort an der Kunstakademie ihr Studium weiterverfolgte. Es ist zu vermuten, daß ein Freund oder Bekannter die Briefe für sie aufgab.« Er legte eine kleine Pause ein und fuhr dann fort: »Colonel Craig, Sie haben die Aussagen der geladenen Zeugen gehört. Haben Sie dem noch irgend etwas hinzuzufügen?«
    Miller spürte, wie Brady sich neben ihm gespannt aufrichtete.
    Er hielt den Atem an und wartete auf Craigs Antwort.
      »Ich habe nichts hinzuzufügen, Sir. Die Tatsachen sprechen ja für sich selbst.«
      »Und das kann man auffassen, wie man will«, flüsterte Brady Miller zu.
      Und dann war sehr schnell und ohne Zwischenfall alles vorüber. Die Geschworenen zogen sich nicht einmal zur Beratung zurück.
    Der Sprecher, ein schmächtiger Bankangestellter mit schütterem grauem Haar, stand verlegen auf.
      »Der Spruch der Geschworenen lautet, daß die Verstorbene sich in einem Zustand geistiger Verwirrung selbst das Leben genommen hat.«
      Noch einmal ging eine Welle der Erregung durch den Raum, als die Anwesenden plötzlich mäuschenstill wurden und sich erwartungsvoll aufrichteten, um die Schlußworte des Coroners zu hören.
      »Es liegt außerhalb meiner Befugnis, ein moralisches Urteil zu fällen. Deshalb muß ich mich damit begnügen zu sagen, daß ich im Licht des vorgetragenen Sachverhalts und der angebotenen Beweise dem Urteil der Geschworenen voll und ganz zustimme. Ein Punkt allerdings in diesem Fall ist unklar geblieben. Joanna Craig war nicht als rauschgiftsüchtig registriert, und doch muß sie sich auf irgendeine Art und Weise die Droge regelmäßig verschafft haben. Ich bin überzeugt, daß die Vertreter der Polizei, die hier zugegen sind, dafür sorgen werden, daß diese Frage mit aller Gründlichkeit untersucht wird. – Die Verhandlung ist beendet.«
      Alles drängte zu den Türen. Brady wandte sich Miller zu. Ein Ausdruck grimmiger Entschlossenheit lag auf seinem Gesicht.
      »Und das war's. Der Bursche hat sich fein aus der Affäre gezogen.«
    »Was hatten Sie denn erwartet?« fragte Miller.
      Colonel Craig und Harriet saßen noch immer auf der Bank. Max Vernon und sein Anwalt Henry Baxter mußten an ihnen vorübergehen. Einen Moment zögerte Vernon, als wollte er etwas sagen, doch dann überlegte er es sich offensichtlich anders. Er nickte Miller und Brady zu, als er an ihnen vorbeikam, und dann ging er mit feierlich ernster Miene hinaus.
      »Ich möchte wissen, wie Craig reagiert hätte, wenn der Schweinehund ihn angeredet hätte«, sagte Brady.
    Craig kam auf die beiden Beamten zu. Harriet hatte sich bei ihrem Vater untergehakt. Er lächelte mühsam.
    »Haben Sie beide Zeit zu einem Drink?«
    Brady schüttelte bedauernd den Kopf.
      »Ich leider nicht. Ich muß in zehn Minuten wieder zu einer Verhandlung.« Er nickte Miller zu. »Wir sehen uns später.«
    Dann standen sie ganz allein im Saal.
    »Und das nennt man Gerechtigkeit«, stellte Harriet bitter fest.
      »Es tut mir wirklich leid«, sagte Miller. »Wirklich, mehr als ich sagen kann. Wir haben bei der Staatsanwaltschaft unser Bestes versucht, doch man sagte uns, daß sich auf Vermutungen keine Strafverhandlung aufbauen ließe. Ich hoffte, daß sich im Lauf dieser Untersuchung irgend etwas ergeben würde. Sie haben ja sicher selbst bemerkt, daß es bei derartigen Untersuchungen nicht so formell zugeht. Da regt sich niemand über Verfahrensfehler und ähnliche technische Einzelheiten auf, und das führt häufig dazu, daß Dinge ans Licht kommen, die in einer formgerechten Gerichtsverhandlung unberührt bleiben.«
    »Aber in diesem Fall anscheinend nicht.«
      Craig legte einen Arm um ihre Schulter und drückte sie an sich. »Komm, trinken wir einen Schluck. Das wird uns allen guttun.«
      Sie setzten sich in die Bar des Hotels ›George‹ auf der anderen Seite des Platzes. Craig bestellte Kognak und bot Miller eine Zigarette an, während sie warteten.
      Harriet beugte sich über den Tisch und legte ihre Hand auf Millers Rechte.
      »Es tut mir leid, daß

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