Nacht des Flamingos
meinen Teil bereits getan.« Vernon klopfte auf seine Aktentasche. »Alles hier drin, Joe. Alles, was Sie brauchen werden und wissen müssen. Es wird gehen wie geschmiert. Sie kennen mich ja. Ich denke an alles.«
»Ja, wenn's um Sie selber geht.« Morgan schüttelte zweifelnd den Kopf. »Ich weiß nicht. Fünfzig Prozent – das ist ein ganz schöner Happen für einen allein.«
»Sie brauchen höchstens drei Mann für die Sache. Geben Sie jedem zehntausend – legen Sie das vorher fest. Dann bleiben Ihnen immer noch siebzigtausend – vielleicht sogar mehr.«
Morgan antwortete nicht. Mit nachdenklich gerunzelter Stirn starrte er Vernon an. Der zuckte die Achseln.
»Wie Sie wollen«, sagte er. »Dann muß ich mich eben nach jemand anderem umsehen.«
Er machte Anstalten aufzustehen. Morgan hielt ihn fest.
»Schön, schön – seien Sie doch nicht so empfindlich. Ich bin dabei.«
»Zu meinen Bedingungen?«
»Zu Ihren Bedingungen. Wann soll's losgehen?«
»Mittwochabend.«
»Das soll wohl ein Witz sein? Da bleiben uns ja nur noch zwei Tage.«
»Ich habe Ihnen bereits gesagt, daß ich für derartige Witze nichts übrig habe. Wir müssen die Sache am Mittwochabend unternehmen. Ich werde es Ihnen gleich erklären. In einer Stunde geht ein Eilzug nach London. Den können Sie noch leicht erreichen. Das gibt Ihnen genügend Zeit, um Ihre Mannschaft zusammenzutrommeln, Ihre Werkzeuge zu packen und morgen abend wieder hier zu sein.«
»Was brauche ich?«
»Das kommt darauf an. Wollen Sie den Safe selbst übernehmen?«
»Natürlich. Was für ein Modell ist es?«
»Bodine-Martin – das neueste Modell. Natürlich garantiert einbruchssicher.«
»Wie immer.« Morgan lachte spöttisch. »Eine Kleinigkeit.«
»Was wollen Sie verwenden – Nitro?«
»Nie im Leben.« Morgan schüttelte energisch den Kopf. »Ich
hab' da von einem ganz neuen Stoff gehört, mit dem die Armee herumexperimentiert. Muß mit Glacehandschuhen angefaßt werden, genau wie Nitro, ist aber ungefähr dreimal so wirkungsvoll. Der Safe wird aufspringen wie eine Sardinenbüchse.«
»Wie lange werden Sie brauchen?«
»Für den Safe selbst?« Morgan zuckte die Achseln. »Ich werde natürlich ein Loch ins Schloß schneiden müssen. Sagen wir fünfundvierzig Minuten.«
»Und zwanzig Minuten dazu, um Sie hineinzuschleusen.« Vernon nickte. »Knapp über eine Stunde also. Sagen wir, vom Eintritt bis zum Verlassen des Gebäudes gerechnet, etwa anderthalb Stunden.«
»Klingt zu schön, um wahr zu sein.«
»Sie werden einen guten Fahrer brauchen.«
»Frankie Harris ist zu haben. Er ist vor kurzem entlassen worden. Der kann Geld gebrauchen.«
»Und einen Handlanger.«
»Da brauche ich nicht lange zu überlegen – Jonny Martin. Der kennt mich und meine Arbeitsweise.«
»Und einen Muskelmann brauchen Sie auch. Aber nehmen Sie nicht so einen halb schwachsinnigen Exboxer. Sie brauchen jemanden, der wirklich zupacken kann, wenn es zu Schwierigkeiten kommen sollte, obwohl ich nicht glaube, daß wir damit rechnen müssen.«
»Da habe ich schon den richtigen Mann«, versetzte Morgan.
»Jack Fallon. Der hat früher mit Bart Keegan zusammengearbeitet, aber die beiden hatten Krach.«
Vernon nickte zustimmend.
»Guter Mann. Ich erinnere mich noch an Fallon. Der Bursche hat auch Köpfchen.«
»Okay, damit wären die Fragen also erledigt. Kommen wir zur Sache. Worum geht's?«
»Es handelt sich um die Eisen- und Stahlwerke Chatsworth. Das Werk liegt unten am Fluß. Nur fünf Minuten von hier entfernt übrigens. Das Unternehmen beschäftigt neuntausend Arbeiter. Die Geschäftsleitung hat anscheinend vorsintflutliche Geschäftsmethoden. Sie zahlt sämtliche Gehälter in bar. Die Buchhaltung braucht zwei Tage dazu, um die Lohntüten fertig zu machen. Das bedeutet, daß am Mittwoch und Donnerstag jeder Woche mehr als zweihundertausend Pfund im Safe liegen.«
»Wird im Werk Nachtschicht gearbeitet?«
»Nur in der Produktionsabteilung. Die Verwaltung schließt pünktlich um fünf Uhr dreißig. Ihre Büros sind in einem nagelneuen zehnstöckigen Gebäude untergebracht, das zwischen der Fabrik und dem Fluß errichtet worden ist. Man hat natürlich alle möglichen Alarmanlagen eingebaut.«
»Kein Wunder, wenn da soviel Geld rumliegt. Und wie kommen wir hinein?«
»Ungefähr hundert Meter von der Fabrik entfernt ist eine kleine Seitenstraße, die Brag Alley. Ich habe sie auf der Karte
Weitere Kostenlose Bücher