Nacht des Flamingos
öffnen.
Der breite Korridor war mit schwarzweißen Kacheln ausgelegt und ebenfalls in strahlende Helligkeit getaucht. Die mächtige gläserne Flügeltür war durch ein Eisengitter gegen Eindringlinge gesichert. Morgan kannte seinen Weg genau.
Er durchquerte eilig den Gang, marschierte bis zur dritten Tür rechts, auf der in schwarzen Lettern ›Kontrollraum‹ stand, und drückte sachte die Klinke nieder.
Der Nachtwächter war von seinem schwarzen Ledersessel gefallen und lag bäuchlings auf dem Boden. Die Thermosflasche stand offen auf einem kleinen Tisch. Morgan goß ein wenig Kaffee in die leere Tasse und probierte das Getränk.
»Kalt – der Kerl ist schon seit einer Ewigkeit bewußtlos.«
»Schauen Sie sich das einmal an«, sagte Fallon voller Ehrfurcht.
Auf dem Monitor befanden sich mindestens dreißig verschiedene Fernsehschirme. Nicht nur jeder Eingang zum Gebäude war somit bewacht, sondern außerdem befanden sich Kameras offensichtlich auch an allen strategischen Punkten der Hauptkorridore.
»Das ist Johnny«, bemerkte Fallon und streckte den Finger aus.
Sie konnten Martin deutlich sehen. Er stand im Korridor des Kellers, die beiden Säcke mit den Werkzeugen zu seinen Füßen.
»Macht einen nervösen Eindruck, was?« meinte Morgan und beugte sich vor. »Da ist der Eingang zur Stahlkammer, und hier ist ein Bild von der Safetür. Sehen Sie mal, hier ist sogar eine Aufnahme von innen. Man sollte es nicht für möglich halten.«
»Phantastisch«, sagte Fallon. »Von hier oben kann man alles überblicken.«
Morgan nickte. »Wäre vielleicht gar nicht schlecht, wenn Sie
hier oben bleiben würden, Jack. Damit ist jeder Eingang zum Gebäude unter Beobachtung. Wenn tatsächlich jemand auftauchen sollte, wüßten Sie sofort Bescheid. Johnny und ich kommen unten schon allein zurecht.«
»Und woher weiß ich, wann ich runterkommen soll?« fragte Fallon.
»Das sehen Sie doch auf der Mattscheibe.«
Fallon grinste begeistert.
»Klar, stimmt ja. Also schön, Joe, machen Sie sich an die Arbeit. Viel Glück – toi, toi,toi!«
Morgan eilte wieder die Treppe zum Keller hinunter und gesellte sich zu dem erleichterten Martin.
»Los, gehen wir«, sagte er und nahm einen der Säcke auf.
Der Eingang zur Stahlkammer befand sich am Ende des Korridors. Es war eine schwere Stahltür mit doppeltem Vorhängeschloß. Es kostete ihn genau drei Minuten, das Schloß aufzubrechen.
Raschen Schrittes durchquerte er den Raum und begann, die Tür zum Safe zu untersuchen. Hinter ihm hatte Martin bereits den ersten Zylinder aus dem Sack gehoben. Er schraubte das Ende des Schlauches fest, das den Zylinder mit dem Schweißbrenner verband, und steckte die Flamme an.
Morgan zog sich eine Schutzbrille über die Augen und streckte die Hand aus.
»Okay, an die Arbeit«, sagte er.
Wenige Sekunden später begann er den Einschnitt, fünfzehn Zentimeter rechts vom Schloß. Er arbeitete mit der Präzision eines Fachmanns.
Fünfundvierzig Minuten lang etwa sah Jack Fallon eine Schau abrollen, wie sie besser in seinem Stammkino nicht hätte geboten werden können. Er lehnte sich in dem bequemen Ledersessel zurück und rauchte eine Zigarette nach der anderen, während er voller Spannung das Schauspiel verfolgte, das sich unten abspielte.
Er war an Morgans Seite, als dieser den Schweißbrenner aus der Hand legte und einen Moment die kreisrunde Öffnung im Stahl der Safetür betrachtete. Er kaute vor Erregung auf den Fingernägeln, als der Sprengstoff behutsam ins Schloß gegeben und dann mit einer Plastikmischung versiegelt wurde.
Er hörte den Knall nicht, als die kleine Flamme das Ende der Zündschnur erreichte, doch der visuelle Effekt der Explosion war wirkungsvoll genug. Die Tür schien zu erzittern, dann schien ein Teil des Stahls um das Schloß herum in tausend kleine Teilchen zu zerspritzen, und eine dicke Rauchwolke stieg auf.
Er sah, wie Morgan und Martin vorwärts eilten, gemeinsam an der Tür zogen und zerrten und sie aufstemmten. Dann wanderte sein Blick zum nächsten Monitor, und er sah, wie die beiden den Stahlschrank betraten.
Er sprang auf. Erregung hatte ihn gepackt. Er wollte sich umdrehen, um hinauszulaufen und hielt plötzlich inne, während Schreck und Entsetzen ihn lahmten.
Sein Blick war auf einen anderen Monitor gefallen – jenen, der eine Aufnahme des Korridors zeigte, der den Keller mit der Stahlkammer verband. Ein Mann tastete
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