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Nacht des Flamingos

Nacht des Flamingos

Titel: Nacht des Flamingos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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sich vorsichtig diesen Gang entlang. Er war groß und schlank. Er trug einen dunklen Pullover und eine dunkle Hose. An den Händen hatte er Handschuhe, und ein dunkler Nylonstrumpf war über sein Gesicht gezogen.
    Fallon fluchte gotteslästerlich. Er drehte sich um und rannte zur Tür.
    Nicht weit von dem Lieferwagen entfernt ragte ein monumentales Grabkreuz in die Nacht hinein, und hier und dort schimmerten bleich marmorne Grabmale. Der Hof war dunkel und einsam, von düsteren Schatten bevölkert. Es war so unheimlich hier wie auf einem Friedhof um Mitternacht. Frankie Harris kauerte unruhig und ängstlich hinter dem Lenkrad, die Hände in den Manteltaschen vergraben.
      Er wurde eben alt – zu alt, um solche Abenteuer bei Nacht noch mitzumachen. Ihm war, als warte er schon seit Stunden hier, und doch waren erst fünfundvierzig Minuten verstrichen, seit seine Gefährten in dem düsteren Tunnel untergetaucht waren.
      Seine Füße waren so kalt, daß er sie nicht mehr spürte. Nach einer Weile öffnete er die Tür und trat in den Regen hinaus. Ein paar Minuten wanderte er rastlos auf und ab und stampfte mit den Füßen, um die Blutzirkulation anzuregen. Dann blieb er stehen, um sich eine Zigarette anzuzünden, die Hand um das brennende Streichholz geschlossen.
      Mit einem unterdrückten Schreckensschrei fuhr er hoch, als das Licht plötzlich ein Gesicht aus der Dunkelheit heraushob – ein dunkles, formloses Gesicht, ohne Augen und ohne Mund. Es konnte kein menschliches Gesicht sein.
      Voller Entsetzen wich er zurück. Das Streichholz fiel ihm aus der zitternden Hand.
    »Frank Harris?«
    Das Ding hatte eine Stimme.
      »Sie sind doch erst vor kurzem aus dem Zuchthaus entlassen worden, nicht wahr?«
      Die Angst vor dem Unheimlichen ebbte ab. Harris nickte heftig. »Das stimmt.«
    »Wann?«
    »Vor zehn Tagen.«
      »Sie Narr!« Plötzlich wurde er herumgeschleudert und zum Tor gestoßen. »Laufen Sie!« befahl die Stimme hart. »Laufen Sie, so schnell Sie können. Wenn Ihnen dann noch etwas geschieht, haben Sie es verdient.«
      Harris raste die Gasse entlang. Seit seiner Kinderzeit war er nicht mehr so gelaufen. Als er das Ende der Straße erreichte, hielt er inne und lehnte sich an die Wand.
    »Lieber Gott«, schluchzte er. »Lieber Gott, hilf mir!«
      Nach einer Weile nahm er sich zusammen, trat auf die Hauptstraße hinaus und steuerte mit raschen Schritten der Stadtmitte zu, wo der Hauptbahnhof war.
      Duncan Craig kroch rasch und gewandt durch den Tunnel zu dem Lichtkegel, der durch die Öffnung in der Wand aus dem Keller fiel. Als er das Loch in der Mauer erreichte, blieb er einen Moment stehen und warf einen Blick auf seine Uhr. Er hoffte, daß seine Berechnungen richtig gewesen waren. Da hörte er das Echo einer gedämpften, aber starken Explosion, die den ganzen Keller erschütterte. Jetzt wußte er, daß er richtig kalkuliert hatte.
      Er stieg in den Keller und trat hinaus auf den Korridor, eine unheimliche Gestalt in seiner dunklen Kluft, mit dem Nylonstrumpf über dem Gesicht.
      Eine Wolke aus Staub und Rauch drang durch die angelehnte Tür der Stahlkammer auf den Korridor heraus. Vorsichtig näherte er sich und spähte ins Innere.
    Der ganze Raum war angefüllt mit Staub und Rauch. Hinter der Tür zum Safe gewahrte er Bewegung. Er trat wieder in den Korridor zurück und schlug krachend die Tür zur Stahlkammer zu. Blitzartig drückte er den Hebel herunter und hörte mit Befriedigung, wie die Schlösser einrasteten. Zwar war es ihm ohne den Schlüssel unmöglich, die Tür abzusperren, doch ihm genügte die Gewißheit, daß es ausgeschlossen war, die Tür von innen zu öffnen. Er wandte sich um und eilte durch den Korridor zurück.
      Als er an der Treppe zum Erdgeschoß vorüberkam, stürzte sich Fallon aus der Höhe auf ihn und zog ihn mit sich zu Boden.
      Einen Augenblick versagte ihm der Atem, und er rang nach Luft. Der muskulöse Arm des Iren umschlang seinen Hals. Während der Druck sich verstärkte, stieß Craig mit der Spitze seines Ellbogens hart zu. Er traf Fallon in den Magen, unmittelbar unter den Rippen. Fallon schnappte nach Luft, und wieder stieß ihm Craig mit aller Gewalt den Ellbogen in den Leib. Die Umklammerung des Iren lockerte sich. Craig wälzte sich herum und schlug mit dem Handrücken zu.
      Fallon rollte an die Wand. Sein Instinkt, der sich in Hunderten von Straßenkämpfen entwickelt hatte, gebot ihm aufzuspringen. Doch Craig war schon auf den

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