Nacht des Orakels
ich sehe große Möglichkeiten. Man hat mich gefragt, ob ich will einsteigen als Minderheitspartner.»
«Das ist ein Bordell», sagte ich. «Sind Sie sicher, dass Sie sich an einem illegalen Geschäft beteiligen wollen?»
«Kein Bordell. Entspannungsclub mit nackten Frauen. Hilft Arbeiter, sich besser fühlen.»
«Ich will ja keine Haarspalterei betreiben. Wenn Sie so wild drauf sind, tun Sie’s. Aber ich dachte, Sie sind pleite.»
«Geld nie Problem. Ich leihe. Wenn Profit von Investment mehr als Zins von Kredit, alles okay.»
«Ja, wenn.»
«Sehr kleine Wenn. Die holen tolle Mädchen, für hier arbeiten. Miss Universum, Marilyn Monroe, Playmate des Monats. Nur die schärfsten Frauen, sehr sexy. Kein Mann kann widerstehen. Passen Sie auf, ich zeige Ihnen.»
«Nein, danke. Ich bin verheiratet. Ich habe alles, was ich brauche, zu Hause.»
«Jeder Mann sagt das. Aber Schwanz immer stärker als Pflichtgefühl. Ich beweise Ihnen jetzt.»
Ehe ich ihn daran hindern konnte, schwang er auf seinem Stuhl herum und machte eine Handbewegung. Ich drehte mich ebenfalls in die Richtung, in die er winkte, und sah fünf oder sechs Séparées an der Wand, die mir beim Betreten des Raums entgangen waren. In drei davon saßen nackte Frauen, offensichtlich auf Kundschaft wartend, in die anderen war der Blick durch Vorhänge versperrt, vermutlich weil die Frauen dort gerade bei der Arbeit waren. Eine erhob sich jetzt und kam auf uns zu. «Das ist die Beste», sagte Chang, «die Schönste von allen. Man nennt sie die afrikanische Prinzessin.»
Eine große Schwarze schälte sich aus der Dunkelheit. Sie trug ein mit Perlen und Bergkristall besetztes Halsband, weiße Kniestiefel und einen weißen G-String . Die Haare hatte sie zu kunstvollen kleinen Zöpfen geflochten, deren Enden mit Ringen behangen waren, die bei jeder Bewegung wie Glöckchen klingelten. Sie schritt aufrecht, mit träger Eleganz – eine königliche Haltung, die zweifelsfrei erklärte, warum man sie Prinzessin nannte. Als sie nur noch zwei Meter von der Theke entfernt war, erkannte ich, dass Chang nicht übertrieben hatte. Sie war eine umwerfend schöne Frau – vielleicht die schönste Frau, die ich je gesehen hatte. Und ganze zwanzig Jahre alt, höchstens zweiundzwanzig. Ihre Haut sah so sanft und einladend aus, dass ich mich kaum zurückhalten konnte, sie anzufassen.
«Sag Hallo zu meinem Freund», forderte Chang sie auf. «Ich rechne später mit dir ab.»
Als sie sich lächelnd zu mir herumdrehte, sah ich ihre erstaunlich weißen Zähne. «Bonjour, chéri», sagte sie. «Tu parles français?»
«Nein, leider nicht. Ich spreche nur Englisch.»
«Ich heiße Martine», sagte sie mit starkem kreolischem Akzent.
«Ich bin Sidney», antwortete ich, und um irgendwie mit ihr ins Gespräch zu kommen, fragte ich, aus welchem Land in Afrika sie komme.
Sie lachte. «Pas d’afrique! Haiti.» Das letzte Wort sprach sie dreisilbig aus,
Ha-i-ti.
«Schlechtes Land», sagte sie. «Duvalier ist sehr
méchant.
Hier ist es besser.»
Ich nickte, wusste aber schon nicht mehr weiter. Am liebsten wäre ich aufgestanden und gegangen, bevor ich ernstlich in Schwierigkeiten geriet, aber ich konnte mich nicht bewegen. Das Mädchen war zu viel für mich, ich konnte den Blick nicht von ihr abwenden.
«Tu veux danser avec moi?», fragte sie. «Du mit mir tanzen?»
«Ich weiß nicht. Vielleicht. Ich bin kein sehr guter Tänzer.»
«Was anderes?»
«Ich weiß nicht. Na ja, eins vielleicht … falls das nicht zu viel verlangt ist.»
«Eins?»
«Ich wollte wissen … Würde es dich sehr stören, wenn ich dich anfassen würde?»
«Mich anfassen? Natürlich. Das ist einfach. Du kannst mich überall anfassen.»
Ich streckte die Hand aus und strich ihr über den bloßen Arm. «Du bist sehr schüchtern», sagte sie. «Siehst du nicht meine Brüste? Mes seins sont très jolis, n’est-ce pas?»
Ich war nüchtern genug zu bemerken, dass ich auf dem besten Weg ins Verderben war, aber das konnte mich nicht abhalten. Ich nahm ihre kleinen runden Brüste indie Hände und hielt sie lange – so lange, bis ich fühlte, wie ihre Brustwarzen steif wurden.
«Ah, das ist besser», sagte sie. «Jetzt will ich dich anfassen, okay?»
Ich sagte nicht ja, ich sagte aber auch nicht nein. Ich nahm an, sie habe irgendetwas Unschuldiges vor – mir die Wange tätscheln, mit einem Finger über die Lippen fahren, zärtlich die Hand drücken. Jedenfalls nichts im Vergleich zu dem, was sie dann
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