Nacht des Verfuehrers - Roman
damit sie seinen kräftigen Herzschlag hören konnte. »Nun, es ist ein Anfang.«
Und dann legten sie sich schlafen.
Kapitel 19
Dumitru sah den Hinterhalt nicht einmal.
Am nächsten Nachmittag, als Alcy und er in kameradschaftlichem Schweigen nebeneinanderherritten, traten auf beiden Seiten der Straße an die zwanzig Banditen aus dem Wald und kreisten die beiden ein. Einer feuerte einen Warnschuss in die Luft – der Befehl, sich zu ergeben.
Dumitru sah keine Alternative, da es ihm nicht gelungen war, den serbischen Gardisten ein Messer zu stehlen, also hob er langsam die Hände, um zu zeigen, dass sie leer waren, und verfluchte sich für seine Unaufmerksamkeit und die armselige Vorbereitung. Er hörte Stoff rascheln, als Alcy es ihm gleichtat, und spürte ihre Angst so intensiv wie seine eigene, doch er wagte es nicht, sie anzusehen.
Einer der Banditen schrie etwas auf Bulgarisch.
»Was hat er gesagt?«, flüsterte Alcy heiser.
»Ich spreche kein Wort Bulgarisch, aber wahrscheinlich handelt es sich um so etwas wie ›Geben Sie die Pferde heraus und all Ihre Wertsachen‹, flüsterte Dumitru zurück. Mit einem Blick auf ihre Waffen entschied er, es lieber nicht mit der Sprache des osmanischen Hofs zu versuchen, sondern probierte es auf Serbisch. »Wir sind christliche Reisende!«, rief er.
Die Männer brachen in Gelächter aus, und Dumitru nahm missmutig zur Kenntnis, dass die Banditen bei Weitem
zu fröhlich waren. Wenn man von Raub und Mord lebte, hatte man dabei wenigstens angemessen grimmig zu wirken.
»Dann bringen wir dich vielleicht doch nicht um, du Hundesohn!«, schrie einer von ihnen munter zurück. Nicht dass Dumitru das nicht bemerkt hätte, schließlich waren Alcy und er noch immer am Leben, anstatt in einer Blutlache auf der Straße zu liegen. »Ihr seid gut gekleidet«, fuhr der Mann fort. »Gibt es jemanden, der Lösegeld für euch bezahlen würde?«
»Nein«, erwiderte Dumitru. Aufrichtigkeit war die beste Strategie, zumindest, wenn es um Geld ging. »Aber es gibt auch keinen, der auf uns hören würde, wenn wir diesen Überfall melden würden.«
»Interessant«, sagte der Bandit grinsend. »Vielleicht glaubt ihr ja, es wäre besser, wir ließen euch hier, anstatt euch als Geiseln zu nehmen, wenn wir euch am Ende dann doch erschießen müssten; es würde nämlich unserem Ruf schaden, Geiseln ohne Lösegeld freizulassen.«
»Ich würde das auf jeden Fall vorziehen«, sagte Dumitru mit teilnahmsloser Miene. Er hörte, wie sich Alcy neben ihm regte, und betete, dass sie keine Dummheiten anstellte.
»Andererseits kann es sein, dass ihr lügt«, sagte der Bandit – der Anführer, wie Dumitru inzwischen annahm.
»Warum sollten wir?«, erwiderte Dumitru. »Wenn wir die Chance hätten, einfach nur ein paar Tage bei euch zu bleiben, um dann samt Pferden und Besitz entlassen zu werden, sobald das Lösegeld eintrifft, würde ich das sicher vorziehen, anstatt mich hunderte Kilometer von zu Hause entfernt meiner Ausrüstung berauben zu lassen.«
Dies rief einen kurzen, vielstimmigen Aufruhr unter
den Banditen hervor, die über die Wahrscheinlichkeit einer solchen Konstellation debattierten und zu dem Schluss kamen, dass Dumitru vermutlich die Wahrheit sagte.
Ganz gut für den Anfang, dachte Dumitru. Er hatte jetzt eine gewisse Glaubwürdigkeit. Und er hatte das Gefühl, dass er sie auch brauchen würde. Die nächsten Worte gaben ihm Recht.
»Warum nehmen wir nicht die Frau mit«, fragte ein anderer Bandit auf Serbisch, sodass Dumitru es verstand – ein Schachzug, dessen war Dumitru sich sicher. Der Kerl setzte einen obszönen Vorschlag auf Bulgarisch hinzu, worauf die anderen Banditen in brüllendes Gelächter ausbrachen.
Es war an der Zeit, schneller zu reden, entschied Dumitru. Die kleine Wahrheit war der Zuckerguss auf der gro ßen Lüge, die er ihnen gleich auftischen würde.
»Wenn ihr sie wollt, könnt ihr sie haben«, rief er, legte zu gleichen Teilen Zorn und Abscheu in seine Worte und war dankbar, dass Alcy von alldem kein Wort verstand.
Das ließ die Banditen stutzen, und sie betrachteten Alcy mit Argwohn.
»Was stimmt nicht mit ihr?«, fragte einer der Kerle.
»Wen kümmert das?«, sagte ein anderer. »Wenn du sie nicht willst, nehm ich sie!«
Die Banditen fingen an, alle gleichzeitig zu reden, die eine Hälfte auf Serbisch, die andere auf Bulgarisch.
»Ruhe!«, befahl der Anführer, und sie gehorchten – allerdings widerwillig, wie es Dumitru schien. »Also? Was stimmt
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