Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nacht des Verfuehrers - Roman

Nacht des Verfuehrers - Roman

Titel: Nacht des Verfuehrers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Joyce Gabi Langmack
Vom Netzwerk:
nicht mit ihr?«, wiederholte er.
    »Mit ihr ist alles in Ordnung«, sagte Dumitru. »Es ist ihre Mutter; sie ist eine Hexe.«

    Das verursachte neuerlichen Streit, noch lauter als zuvor. Soweit Dumitru es zu beurteilen vermochte, zwischen denen, die an Hexen glaubten, und denen, die es nicht taten. Außerdem denen, die die Geschichte für möglich erachteten, und denen, die sie für eine Erfindung hielten, damit sie der Frau vom Leibe blieben. Manche schienen auch alle Standpunkte gleichzeitig zu vertreten.
    Dumitru wartete, bis der Anführer seine Leute erneut zur Ordnung rief. Dann sagte er: »Schaut sie doch an! Habt ihr je eine Sterbliche gesehen, die so ausgesehen hätte, ohne dass schwarze Magie im Spiel gewesen wäre? Sie ist so unschuldig wie ein Lamm, aber ihre Mutter …« Er schüttelte den Kopf. »Ich war einst ein großer Herrscher – bis ich sie gesehen habe. Seht ihr meine Kleider? Und die, die ich ihr gekauft habe? Ich war ein reicher Mann! Ich habe sie von ihrer Mutter weggelockt, und die hat mich daraufhin mit einem schrecklichen Fluch belegt. Sie liebt ihre Tochter zu sehr, um ihr wehzutun, aber jeder, der in ihre Nähe kommt, ist verloren. Ich habe gelacht, genau wie ihr. Ich konnte nicht glauben, dass eine Hexe mir etwas anhaben könnte! Aber nachdem ich sie einen Monat in meinem Haushalt hatte, habe ich mein gesamtes Land an meinen Bruder verloren. Ich habe meinen ganzen Reichtum und meine weltlichen Güter verloren …« Ihm kam eine Idee, und er senkte dramatisch die Stimme. »Mein Haar ist innerhalb von einer Woche weiß geworden, und meine männlichsten Körperteile gleichen denen eines Greises. Habt ihr je einen so jungen Mann mit so weißen Haaren gesehen? Wer könnte den Hexenzauber bestreiten, wo ich doch den Beweis auf dem Kopf trage? Und jeder, der in die Nähe dieser Hexentochter kommt, wird genauso leiden wie ich.«

    Die Mienen der Banditen veränderten sich langsam. Die, die zuvor besorgt gewesen waren, legten jetzt unverhohlene Angst an den Tag. Und die Zweifler fingen jetzt murrend an, ihm Glauben zu schenken. Selbst die Wagemutigsten wirkten verunsichert. Der Anführer schaute sich unter seinen Leuten um, und Dumitru konnte ihm ansehen, was er dachte. Wenn sie diese Frau nahmen, spielte es praktisch keine Rolle mehr, ob sie die Tochter einer Hexe war oder nicht. Das Erste, was schieflief – wie unbedeutend es auch sein mochte -, würde ihr angelastet werden. Die Männer würden nervös werden und mehr und mehr Fehler begehen, bis sie ganz die Nerven verloren oder einer von ihnen zu Tode kam. Und dann war der Fluch so gut wie real. Dumitru wartete; er wagte kaum zu atmen, bis der Anführer seine Entscheidung verkündete.
    »Nehmt ihre Pferde und alles, was sie bei sich haben«, sagte er schließlich. »Aber dass ihr mir weder den Mann noch die Frau anrührt!«
    »Steig ab«, murmelte Dumitru auf Französisch und versuchte, seine Erleichterung zu verbergen. Es war besser ausgegangen, als er zu hoffen gewagt hatte, denn das bedeutete, dass Alcy ihren Umhang und er seinen Mantel behalten konnte, außerdem die kleine Tasche mit der Notration, die er aus Vorsicht unter dem Mantel verborgen hatte.
    Alcy gehorchte, ohne nachzufragen, das Gesicht weiß, die Bewegungen abgehackt. Sie folgte ihm an den Waldrand, als die Banditen sie von der Straße herunterkommandierten, bevor sie sich die Zügel griffen. Innerhalb weniger Augenblicke waren die Männer wieder im Wald verschwunden, und Dumitru und Alcy waren allein.
    »Wie hast du das hinbekommen?«, fragte Alcy, als die
Männer fort waren. »Ich dachte, diesmal wären wir wirklich tot.«
    »Ich habe ihnen erzählt, dass deine Mutter eine Hexe ist«, sagte er einfach. Als er ihr fassungsloses Gesicht sah, brach er trotz der prekären Lage, in der sie sich befanden, in Gelächter aus. »Nun sieh mich nicht so entsetzt an. Die Bauern hier glauben noch an Hexen.«
    »Offensichtlich«, sagte sie und wirkte ein wenig benommen. »Und was machen wir jetzt?«
    »Wir gehen«, sagte er kurz und bündig. »Ich habe eine Tagesration dabei und danach … sehen wir weiter. Deshalb wollte ich auch nach Sofia. Ohne bewaffnete Garde kann uns so etwas jederzeit wieder passieren.«
    »Wie schön«, meinte sie trocken, und Dumitru stellte erfreut fest, dass ihre normale Gesichtsfarbe zurückkehrte, wenn auch mit einem leichten Graustich. »Also, indem wir hier herumstehen, kommen wir jedenfalls nicht weiter.« Und damit wandte sie sich in Richtung Sofia und

Weitere Kostenlose Bücher