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Nacht des Verfuehrers - Roman

Nacht des Verfuehrers - Roman

Titel: Nacht des Verfuehrers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Joyce Gabi Langmack
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Gesicht ihre Füße anstarrte.
    »Alcy, süße, süße Alcy«, murmelte er, doch die Worte klangen gebrochen und unmelodisch.
    Warm. Sie konnte sich langsam wieder erinnern, wie es sich anfühlte, es warm zu haben. Dann spürte sie Dumitrus Körper neben sich, und sie fiel in Schlaf wie auf den Grund eines dunklen tiefen Brunnens.
     
    Dumitrus Gesicht brannte heiß vom Feuer, und er schwitzte, weil er Alcys glühenden Körper an sich gedrückt hielt, während sein Rücken, der unter dem Mantel hervorsah, gleichzeitig fast erfror.
    Alcy regte sich nicht. Ihre unnatürliche, absolute Reglosigkeit erweckte in den hintersten Winkeln seines Verstandes eine primitive Urangst, auch wenn der leise Hauch ihres Atems ihm zeigte, dass sie noch am Leben war. Sie brauchte ein warmes Zimmer, ein weiches Bett, eine Rinderbrühe und dicke Decken. Sie brauchte jemanden, der wusste, was zu tun war – einen Doktor oder eine Frau, die sich mit Heilkunde auskannte. Sie brauchte Sicherheit. Aber er konnte ihr nichts von alledem geben, also hielt er sie einfach nur an sich gedrückt, spürte den Rhythmus ihres Atems und hoffte und betete.
    Er fiel in einen Albtraum und erwachte wieder, der Schlaf war kaum vom bangen Wachen zu unterscheiden. Er schürte das Feuer, wann immer es zu ersterben drohte,
und stand auf, um einen neuen Ast nachzulegen. Die Welt hinter dem Ring aus Feuer versank nicht mehr in Schwärze, sondern färbte sich mit der nahenden Dämmerung grau. Er betrachtete Alcys Gesicht. Selbst im rötlichen Schein des Feuers sah es bleich, wächsern und trocken aus. Warum hatte er nicht früher bemerkt, dass sie mehr als erschöpft war? Warum hatte sie nichts gesagt? Aber selbst wenn, was hätte er schon groß tun können?
    Er warf ein paar Äste ins Feuer, umrundete die Stelle, wo er hastig das Lager aufgeschlagen hatte, und sah sich in alle Richtungen um. Sie befanden sich – von der Straße nicht einsehbar – in einem niedrigen Wäldchen, das wie eine Insel zwischen den Feldern lag. Es war windstill, der Rauch des Feuers zog kerzengerade nach oben und verlor sich vor den tief hängenden grauen Wolken, die, kurz nachdem sie angehalten hatten, aufgezogen waren.
    Alcy war in Sicherheit wie wahrscheinlich auch im Haus von Ognyan Penev in Sofia, sobald sie einmal dort waren. Er sah die Straße hinunter. Sie konnten nicht mehr als acht Kilometer von Sofia entfernt sein. Er glaubte nicht, dass er Alcy so weit würde tragen können, und selbst wenn, schien es ihm ein zu großes Risiko, sie so ungeschützt durch die Kälte zu schleppen. Drei Stunden – er würde sicher nicht länger als drei Stunden brauchen, um Penevs Haus zu finden, den Mann zu überreden, ihm eine Kutsche zu geben, und dann zu Alcy zurückzukehren. Drei Stunden würde sie schon allein bleiben können.
    Er kehrte zum Lager zurück und fand Alcy sitzend und benommen ins Feuer blinzelnd vor.
    »Da bist du ja«, sagte sie heiser und mit ausdrucksloser Miene. »Tut mir leid, dass ich alles verdorben habe und
krank geworden bin.« Ihre Augen lagen tief in den Höhlen, und man sah ihr an, dass das Sprechen ihr schwerfiel.
    »Weil wir vorher so viel Spaß hatten, was?«, fragte er leichthin und schluckte die Angst hinunter, die ihm wie Galle in die Kehle stieg.
    »Ha!«, krächzte sie.
    Er reichte ihr die Feldflasche und dankte Gott, dass die Banditen ihn nicht durchsucht hatten. Sie fasste danach und trank gehorsam, auch wenn sie bei jedem Schluck eine Grimasse schnitt.
    »Mein Füße sind kaputt«, sagte sie, betrachtete sie ungerührt und streckte sie zum Feuer.
    »Ja«, sagte er. Bei dem Anblick krampfte sich ihm der Magen zusammen, nicht weil sie so schrecklich ausgesehen hätten, sondern weil es ihre Füße waren; die Füße, die er in Händen gehalten hatte, als sie noch makellos und glatt gewesen waren, bezaubernd schön sogar.
    Jetzt war die Haut von der Nässe aufgedunsen, dicke Blasen bedeckten die Ballen, die Fersen waren aufgerissen und blutig, und am linken Fuß zeigten zwei ihrer Zehenspitzen jenes furchtbare Weiß, wie es für beginnende Erfrierungen typisch war.
    »Jetzt tun sie weh«, sagte sie. »Letzte Nacht haben sie das nicht. Es war gut, dass du angehalten hast.«
    »Du hättest keinen Kilometer weiterlaufen können«, sagte er und wies den impliziten Dank zurück. »Ich hätte früher Halt machen sollen. Ich hole noch etwas Holz, und dann gehe ich nach Sofia und komme dich mit einer Kutsche abholen. Ich bin bis Mittag wieder zurück. Kannst du bis

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