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Nacht des Verfuehrers - Roman

Nacht des Verfuehrers - Roman

Titel: Nacht des Verfuehrers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Joyce Gabi Langmack
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dahin das Feuer in Gang halten?«
    Alcy saß einen Moment lang still da. »Ja«, sagte sie mit
demselben teilnahmslosen Tonfall, den sie schon, seit sie erwacht war, anschlug. »Aber du wirst Geld brauchen.«
    »Ich habe einen Freund in Sofia, schon vergessen?«, beruhigte Dumitru sie. »Wir brauchen kein Geld.«
    »Ich habe Geld«, insistierte sie und sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an.
    Sie schien verwirrt zu sein. »Ja, ich weiß«, sagte Dumitru beschwichtigend. »Dein Geld liegt sicher auf der Bank. In Genf, weißt du noch?«
    »Nein«, sagte sie und schnitt eine Grimasse. »Ich. Habe. Geld.« Sie machte eine Pause, als müsse sie erst überlegen, wie sie das Problem angehen sollte. »Einen Teil meiner jährlichen Apanage. Im Futter meines Korsetts. Die Serben haben es nicht gefunden.«
    Dumitru starrte sie lange an. »Wie viel?«
    »Ich weiß nicht. Fünfundsiebzig, achtzig Pfund in Talern.«
    Die Anstrengung des Gesprächs hatte sie noch fahler werden lassen. »Ich habe es dir nicht gesagt, weil ich ja schließlich flüchten wollte. Und dann hat es keine Rolle mehr gespielt. Aber jetzt tut es das. Nimm es. Hilf mir.«
    Um nach Severinor zurückzukommen, würden sie mindestens hundertfünfzig englische Pfund brauchen, aber achtzig waren ein Anfang, und es würde ihm helfen, Penev von seiner Identität und Aufrichtigkeit zu überzeugen. Er half Alcy aus dem Korsett und wieder ins Gewand zurück. Sie sank erschöpft auf ihren Umhang; sie war zu müde, um sich zu wehren, als er sie mit seinem Mantel zudeckte.
    »Bist du sicher, dass du das Feuer in Gang halten kannst?«, fragte er.

    »Ja«, sagte sie benommen, während ihr schon wieder die Augen zufielen.
    Er klappte das Korsett auf und schüttelte es aus. Eine ganze Hand voll Taler kullerte heraus. »Schlaue Alcy«, flüsterte er und wünschte, er hätte selbst ebenso viel Weitsicht besessen.
    Er ließ sie mit einem Berg Feuerholz, der Feldflasche und dem letzten Brot zurück. Dann verstaute er das Geld in einem Beutel unter seinem Hemd, ging zur Straße und machte sich nach Südosten auf – nach Sofia, ihrer letzten Hoffnung.
     
    Kaum eine Stunde später hatte Dumitru die Randbezirke von Sofia erreicht. Er war langsamer unterwegs, als ihm lieb war, aber er hatte letzte Nacht kaum geschlafen, und ein dumpfer pochender Kopfschmerz machte ihm die Beine schwer und die Gedanken träge. Er war dankbar, auf keine weiteren Banditen getroffen zu sein, denn er bezweifelte, dass er sich in dieser Verfassung ein weiteres Mal hätte herausreden können.
    Er kam durch die Vorstädte von Sofia. Die Hütten schoben sich enger zusammen und wurden zweistöckig. Schließlich folgte ein Haus auf das andere, und die Fassaden warfen ihre Schatten auf die engen verwinkelten Gassen. Gelegentlich kam er an einem größeren Haus mit Innenhof vorbei, an einer Kirche oder Moschee, welche die Monotonie der getünchten Mauern auflockerte.
    Sofia war der Sitz des Beylerbey, des osmanischen Gouverneurs der gesamten europäischen Türkei, weswegen Dumitru in der Stadt vielfältige Kontakte pflegte. Er hielt es jedoch für zu riskant, dem Beylerbey zu nahe zu kommen,
und hatte mit nur zwei Personen, die nicht dem Hof angehörten, regelmäßigen Kontakt: einem kleinen jüdischen Ladenbesitzer, dessen Hauptgeschäft darin bestand, einen diskreten Unterschlupf für Stelldicheins mit muslimischen Frauen der Oberschicht bereitzustellen, sowie einem reichen christlichen Kaufmann. Und genau dieser Herr war Dumitrus Ziel.
    Er brauchte lediglich ein paar einschlägige Händler zu befragen, bis man ihn zu dem Haus eines Mannes schickte, das ermutigend groß aussah. Ognyan Penev war ein Mann, der es sich leisten konnte, Dumitru und Alcy die Heimfahrt zu bezahlen, und er würde sein Tun gar als gute Investition betrachten. Sich an dem argwöhnischen Dienstboten an der Vordertür vorbeizureden war schwierig, aber zumindest sprach der Mann Deutsch. Schließlich brachte man Dumitru durch einen Innenhof in einen Salon, wo man ihm versicherte, dass der Kaufmann sogleich käme.
    Und das war auch der Fall. Ognyan Penev, ein Mann in den mittleren Jahren mit blitzenden schwarzen Augen und überschwänglichem Temperament, kam durch die Tür am anderen Ende des Salons. Als Dumitru sich erhob, gestikulierte er abwehrend mit der Hand. »Setzen Sie sich! Setzen Sie sich! Wenn Sie der sind, für den ich sie halte, dann besteht kein Grund, meinetwegen aufzustehen.«
    Dumitru gehorchte und fragte ein wenig

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