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Nacht des Verfuehrers - Roman

Nacht des Verfuehrers - Roman

Titel: Nacht des Verfuehrers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Joyce Gabi Langmack
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vorwerfen, dass ich das kultiviere?«
    »Ich möchte mich jetzt nicht über deine Talente streiten, denn ich bezweifle, dass du mich ernst nehmen würdest. Aber du sollst wissen, dass du mit diesen närrisch festen Schnüren deine Gesundheit riskierst«, sagte er, und seine Miene verfinsterte sich weiter.
    »Ich bin niemals krank«, sagte sie missmutig. »Außer dir hat sich noch keiner über meinen Taillenumfang beschwert. Selbst mein lieber Papa ist hingerissen, wenn ich so hübsch aussehe und seinen Reichtum bestmöglich zur Schau stelle.«
    »Er benutzt dich als lebendige Schaufensterpuppe?« Dumitru versuchte, nicht allzu entsetzt zu klingen.
    »Natürlich nicht«, erwiderte sie hastig und sah ihn von der Seite an, während sie die Treppe hinaufstiegen. »Papa ist auf seine Art ein brillanter Mann, wenn es um Import, Export, Buchführung und Produktionskapazitäten geht, aber ansonsten macht er sich nicht allzu viele Gedanken.
Er hat gesehen, wie schön seine Stoffe an mir aussehen, und er hat an all die hochgestellten Persönlichkeiten gedacht, die ich treffen würde, und daran, dass sie ihm die Stoffe vielleicht abkaufen würden. Aber er hat auch gehofft, dass sie mich als ihresgleichen betrachten und nicht als aufgeputztes Ladenmädchen. Er hat nie begriffen, wie närrisch diese Hoffnung war und wie bürgerlich er im Grunde seines Herzens ist.«
    Dumitru schüttelte den Kopf. »Auch wenn es als Ideal gilt, du wirst dich nie richtig bewegen können, eingesperrt wie du bist.«
    Alcy lächelte sarkastisch. »Und du glaubst, ohne das Korsett ginge das? Mit vier oder auch zehn Unterröcken beladen und Röcken, die über den Boden schleifen? So wie die Ärmel derzeit gemacht sind, kann sich eine Frau kaum noch den eigenen Hut zurechtrücken. Wir ziehen uns so an, um die Salons zu schmücken und aufregend blass zu wirken, nicht um Berge zu besteigen oder über offenes Land zu streifen – Korsett hin oder her. Ich mache jeden Tag einen langen Verdauungsspaziergang, und das reicht mir.«
    Dumitrus Zorn legte sich etwas, so angestrengt, wie Alcy um Witzigkeit bemüht war. »Du dürftest festgestellt haben, dass wir hier einen Mangel an Salons haben und einen Überfluss an Landschaft. Wenn du dich schon deiner Gesundheit wegen nicht umstellen willst, dann betrachte es als einen Befehl von mir, deine Kleidung, angesichts der neuen Lebenssituation, der Umgebung anzupassen.«
    Alcy sah ihn entrüstet an. »Mit welchem Recht könntest du so etwas fordern?«
    »Mit dem natürlichsten Recht der Welt: dem Recht des Ehemannes«, sagte er trocken.

    »Wenn ich die Sorte Frau wäre, die sich von einem Ehemann herumkommandieren lässt, hätte ich schon nach meiner ersten Ballsaison geheiratet«, schlug sie zurück.
    Als sie im Salon angekommen waren, gab sie ihm, trotz der harschen Worte, direkt vor den Augen ihrer Zofe einen letzten Kuss und sagte schüchtern: »Findest du mein Haar wirklich prachtvoll?«
    Zum offensichtlichen Entsetzen – aber auch Beifall – der Zofe, nahm er ihr den Hut ab und ließ ihr Haar nach unten wallen. »Absolut«, erwiderte er.
    »Interessant«, war alles, was sie dazu sagte, aber als sie in ihr Zimmer ging, vollführte sie einen Hüftschwung, der ihre Röcke zum Rauschen brachte.
     
    Dumitru wartete mit Volynroskyj im Salon, als Alcy endlich zum Dinner erschien. Dumitru hatte die Reaktion des Freundes beobachten – und ihm, falls sie zu enthusiastisch ausfiel, einen diskreten Tritt verpassen wollen -, doch Alcys Erscheinen wischte jeden anderen Gedanken beiseite.
    Sie trug ein Samtkleid von tiefstem Rot, ungewöhnlich in einem Zeitalter voll Crêpe de Chine und raschelndem Taft, aber Dumitru war sich sicher, dass es die neueste Mode war. Die kunstvollen Fältchen vom gestrigen Abend waren einer Linienführung gewichen, die streng gewirkt hätte, wäre sie nicht so anmutig gewesen. Die Schlichtheit des Oberteils rief ihm qualvoll die Formen darunter in Erinnerung, und der Rock trotzte dem derzeitigen Rüschenstil, indem er glatt von der Taille nach unten fiel und sich in sanfte Falten legte. Die Reminiszenzen der modernen Mode an Mittelalter und Renaissance wurden von Applikationen unterstrichen: altertümliche Goldstickerei, zu
fein, um aufdringlich zu wirken. Die schmalen Ärmel waren am Ellenbogen gepufft und dann nach unten ausgestellt, wo sie die nackte Haut ihrer Handgelenke sehen lie ßen, nackt, bis auf die extravaganten Armbänder aus Smaragden und Rubinen – das konnten doch keine

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