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Nacht in Havanna

Nacht in Havanna

Titel: Nacht in Havanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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Luna gab Arkadi einen Tritt, daß er auf seinem Gesicht landete. »Ihr Problem ist, daß ich die Russen nicht leiden kann. Ich mag nicht, wie sie reden, ich mag nicht, wie sie riechen, und ich mag nicht, wie sie aussehen. Ich mag sie einfach nicht.« Der Flur war zu schmal, um richtig mit dem Schläger auszuholen, doch Luna stieß weiter in Arkadis Rippen, um seinen Ausführungen Nachdruck zu verleihen. »Als sie Kuba in den Rücken gefallen sind, haben wir sie rausgeschmissen. Jeden Tag sind Hunderte von Russen aus Havanna geflohen. In der Nacht, bevor der KGB rausgeworfen wurde, hat jemand die Reifen sämtlicher Botschaftsfahrzeuge zerstochen, damit sie zum Flughafen laufen mußten. Es ist wahr. Die Wichser mußten im letzten Moment andere Autos auftreiben. Stellen Sie sich die Peinlichkeit vor, wenn Russen die zwanzig Kilometer zum Flughafen hätten laufen müssen.«
    Arkadi rief um Hilfe, obwohl ihm bewußt war, daß er es in der falschen Sprache tat und ihn bei dem Gehämmere von unten ohnehin kein Mensch hören würde. Nachdem er das Wohnzimmer erreicht hatte, stemmte er sich an einer Wand hoch und versetzte Luna auf schwankenden Beinen sogar einen Faustschlag, den der größere Mann mit einem erstaunten Grunzen zur Kenntnis nahm. Bei dem anschließenden Handgemenge fiel die Schüssel mit der Schildkröte vom Tisch. Schließlich gelang es dem Sargento, sich so weit zu befreien, daß er erneut mit dem Schläger ausholen konnte. Als Arkadi wieder zu sich kam, fand er sich auf dem Teppich wieder. In dem Bewußtsein, ein paar Sekunden seiner Erinnerung und die eine oder andere Gehirnzelle eingebüßt zu haben, blinzelte er aus blutverklebten Augen. Er spürte einen Fuß auf seinem Hals, als Luna sich herabbeugte, um Arkadis Brust- und Hosentaschen zu durchsuchen. Arkadi sah nur den Teppich und Changö, der seinen Blick starrend erwiderte. Gnadenlos. »Wo ist das Bild?«
    »Welches Bild?«
    Der Fuß drückte auf Arkadis Luftröhre. Nun, Arkadi gab zu, daß das eine dumme Antwort gewesen war. Es gab nur ein Bild. Den Havana Yacht Club.
    »Wo?« Luna lockerte den Druck, um ihm eine zweite Chance zu geben.
    »Erst wollten Sie es nicht und jetzt doch?« Als Arkadi spürte, daß seine Luftröhre wieder abgeklemmt wurde, fügte er rasch hinzu: »In der Botschaft. Ich habe es dort abgegeben.«
    »Wem?«
    »Soschtschenko.« Soschtschenko war Arkadis Liebinngshumorist, und er fand, daß die Situation ein wenig Heiterkeit gebrauchen konnte. Er hoffte, daß es in der Botschaft keinen armen Soschtschenko gab. Er hörte, wie Luna mit dem Schläger nachdenklich auf seine offene Hand klopfte. »Wollen Sie, daß ich Ihnen den Arsch aufreiße?«
    »Nein.«
    »Wollen Sie, daß ich Ihnen mal so richtig ernsthaft den Arsch aufreiße?«
    »Nein.«
    »Weil Sie dann ein für allemal am Arsch sind.« Obwohl Arkadi sich vorkam wie ein aufgespießtes Insekt, versuchte er zu nicken.
    »Wenn Sie nicht wollen, daß ich Sie fertigmache, bleiben Sie hier. Von jetzt an sind Sie ein Tourist, der all seine Touren in diesem Zimmer unternimmt. Ich werde jeden Tag was zu essen vorbeischicken. Sie verlassen die Wohnung nicht. Sie bleiben hier. Sonntag fliegen Sie nach Hause. Ein ganz ruhiger Urlaub.«
    Da klang hinreichend ruhig, soviel hatte Arkadi begriffen.
    Befriedigt nahm Luna den Fuß von Arkadis Hals, zog seinen Kopf an den Haaren hoch und verpaßte ihm einen letzten Hieb mit dem Schläger, als wollte er einen jungen Hund erschlagen.
     
    8
     
    Als Arkadi wieder zu sich kam, war es dunkel, und er klebte am Teppich. Er riß seinen Kopf hoch und drehte ihn zur Wand, um zu sehen und zu horchen, bevor er sich wieder vorwagte. Frisches Blut sickerte aus einer Wunde über einem Auge. Die Möbel waren eine Ansammlung von Schatten. Die Arbeitsgeräusche aus der Wohnung unter ihm hatten aufgehört, statt dessen wehten Fetzen eines Boleros nach oben. Luna war verschwunden. Alles in allem ein echt beschissener Urlaub, dachte Arkadi. Und auf jeden Fall der mieseste Selbstmordversuch, den er je gesehen hatte.
    Einfach nur aufzustehen, erwies sich als ein komplizierter Balanceakt, als hätte der Baseballschläger des Sargento alle Flüssigkeit von einem Innenohr zum anderen getrieben, doch er schaffte es, die Wohnungstür mit einem Stuhl zu verbarrikadieren.
    Nachdem er das Blut abgewaschen hatte, sah sein Kopf im Badezimmerspiegel gar nicht mehr so übel aus, eine Platzwunde am Haaransatz, die er rasieren und mit einem Klammerpflaster aus dem Medizinschrank

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