Nacht in Havanna
Metallschläger, als wollte er ihn zerquetschen. Seine Arme und sein Hemd waren schmutzig, als wäre er direkt von einem Spiel gekommen. Auf dem Schläger stand »Emerson«.
»Sargento Luna. Ich habe Sie gar nicht hereinkommen hören.«
»Das liegt daran, daß ich mich leise bewege und einen Schlüssel habe.« Zum Beweis hielt Luna den Schlüssel hoch, bevor er ihn in seiner Tasche verschwinden ließ. Seine Stimme klang wie feuchter Zement, der mit einer Schaufel gewendet wurde. Die schmale Mütze betonte seine runde Kopfform und die Art, wie die Muskeln an Stirn und Kiefer arbeiteten. Sein Bizeps ballte sich vor Wut.
»Sie sprechen auch russisch.«
»Ich habe ein bißchen was aufgeschnappt. Ich dachte, wir sollten uns mal ohne den Capitán und die Criminalista unterhalten, ganz unter uns.«
»Gern.« Luna war im Beisein von Capitán Arcos so schweigsam gewesen, daß Arkadi froh über die Gelegenheit war, ihn auszuhorchen. Nur der Baseballschläger beunruhigte ihn. »Ich hole Ihnen etwas zu trinken.«
»Nein, nur reden. Ich will wissen, was Sie machen.«
Zunächst probierte Arkadi es mit einer ehrlichen Antwort.
»Ich weiß es selbst nicht genau. Ich hatte bloß das Gefühl, daß die Identifikation der Leiche nicht eindeutig war. Und seit Rufo mich angegriffen hat, glaube ich, daß es vielleicht noch mehr gibt, was man herausfinden könnte.«
»Sie denken, das war dumm von Rufo?«
»Vielleicht.«
»Wer sind Sie?« Luna stieß ihn mit dem breiten Ende des Schlägers an.
»Sie wissen, wer ich bin.«
»Nein, ich meine, wer sind Sie?« Luna stieß ihm erneut in die Rippen.
»Ich bin ein Ermittler bei der Staatsanwaltschaft. Ich wünschte, Sie würden damit aufhören.«
»Nein, hier können Sie kein Ermittler sein. Hier können Sie ein Tourist sein, kein Ermittler. Haben Sie verstanden?« Luna umkreiste ihn. Arkadi hatte das Gefühl, mit einem Hai zu sprechen. »Absolut.«
»Ich würde ja auch nicht nach Moskau kommen und Ihnen erzählen, wie Sie die Dinge anpacken sollen. Das zeigt einen Mangel an Respekt. Außerdem haben Sie einen kubanischen Staatsbürger getötet.«
»Es tut mir leid wegen Rufo.« Obwohl sich mein Mitleid in Grenzen hält, dachte Arkadi.
»Mir scheint, Sie sind ein ziemlich schwieriger Typ.«
»Wo ist Capitán Arcos? Hat er Sie geschickt?«
»Machen Sie sich über Capitán Arcos keine Gedanken.« Der Sargento versetzte ihm einen weiteren Stoß mit dem Schläger.
»Sie sollten damit aufhören.«
»Verlieren Sie sonst die Beherrschung? Wollen Sie einen Beamten des Innenministeriums angreifen? Ich denke, das wäre keine sehr gute Idee.«
»Was würden Sie denn für eine gute Idee halten?« fragte Arkadi, bemüht, das Positive zu betonen.
»Es wäre eine gute Idee, wenn Sie begreifen würden, daß Sie kein Kubaner sind.«
»Ich schwöre, daß ich bestimmt nicht denke, ich wäre Kubaner.«
»Sie kennen und wissen hier gar nichts.«
»Ich bin absolut Ihrer Meinung.«
»Sie tun gar nichts.«
»Das tue ich mehr oder weniger ohnehin schon.«
»Dann werden wir uns verstehen.«
»Das ist gut.«
Arkadi hatte das Gefühl, daß er sich überaus liebenswürdig verhielt, weich wie Butter, doch Luna umkreiste ihn weiterhin. »Ist das ein Baseballschläger?« fragte Arkadi.
»Baseball ist unser Nationalsport. Wollen Sie mal sehen?« Luna hielt ihm den Griff des Schlägers hin. »Holen Sie mal aus.«
»Danke, das ist nicht nötig.«
»Nehmen Sie ihn.«
»Nein.«
»Dann nehme ich ihn«, sagte Luna und schlug Arkadi mit dem Schläger auf das linke Bein oberhalb des Knies. Arkadi sank zu Boden, und Luna trat hinter ihn. »Sehen Sie, man muß einen Schritt nach vorn machen, um dem Ball den nötigen Drive zu geben. Haben Sie es gespürt?«
»Ja.«
»Sie müssen sich in den Ball drehen. Sind Sie aus Moskau?«
»Ja.«
»Ich werde Ihnen etwas erzählen, was ich Ihnen schon früher hätte sagen sollen. Ich stamme aus Oriente, dem Osten Kubas.« Als Arkadi versuchte aufzustehen, verpaßte ihm Luna einen gezielten Schlag in die Kniekehle des anderen Beins, so daß Arkadi nach hinten in den Flur fiel, wo er in Richtung des Wohnzimmers zu kriechen begann, um den Sargento von der Liste mit Telefonnummern wegzulocken. Immer wohlüberlegt, sagte Arkadi sich. Luna folgte ihm. »Die Männer aus Oriente sind kubanischer als die anderen Kubaner. Entweder sie mögen einen oder nicht. Wenn sie Sie mögen, haben Sie einen Freund fürs Leben. Wenn nicht, haben sie ein Problem. Dann sind Sie am Arsch.«
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