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Nacht-Mähre

Titel: Nacht-Mähre Kostenlos Bücher Online Lesen
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zertrampeln?«
    »Ich könnte es versuchen«, projizierte Imbri. »Aber dann laufe ich Gefahr, in die Schlucht zu stürzen, da ich weder Hebearm noch Axt benutzen kann und folglich in stofflicher Gestalt auf der Brücke stehen müßte, um gegen ihre Verankerung zu treten. Dazu bedürfte es eigentlich menschlicher Hände und Werkzeuge.« Es wurmte sie zwar, zugeben zu müssen, daß es auch etwas gab, wo Menschen den Pferden überlegen waren, aber in diesem winzigen, begrenzten Bereich war dies nun einmal der Fall.
    »Ich werde dich begleiten«, sagte Chamäleon. »Ich bin zwar nicht sehr kräftig, aber so etwas kann ich ganz gut meistern. Ich besitze ein scharfes Messer, mit dem ich die Taue durchtrennen kann.«
    »Aber…« protestierte König Irene.
    »Bei Nacht stellen die Mundanier keine Gefahr dar«, entgegnete Chamäleon. »Und die xanthischen Ungeheuer sind ebenfalls ungefährlich, solange ich mich entweder auf dem verzauberten Pfad befinde oder die Nachtmähre reite. Wenn wir diese Brücke schnell zerstören können, wird das die Nächstweller noch mindestens einen weiteren Tag aufhalten, weil sie dann nämlich durch die Spalte klettern müssen. So können wir Schloß Roognas Verteidigungssystem besser ausbauen.«
    »Aber wenn es mich in Eurer Abwesenheit erwischen sollte…«
    »Ich werde schon bald zurückkehren, das verspreche ich.«
    Das Mädchen spreizte die Hände. »Ihr habt natürlich recht. Ich fürchte mich zwar davor, diese Verantwortung allein tragen zu müssen, aber das ist ein Luxus, den ich mir jetzt einfach nicht leisten kann. Anders als meine Mutter habe ich mir niemals vorgestellt, König zu werden. Ich werde eine Sammlung von Pflanzen bereitstellen, um dieses Schloß zu verteidigen, aber ich werde sie erst wachsen lassen, nachdem Ihr in Sicherheit zurückgekommen seid.«
    Chamäleon bestieg die Mähre, und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zum nächsten Kürbisfeld.
    »Ich habe noch eine weitere Aufgabe für dich«, sagte Chamäleon, als sie allein waren. »Ich glaube nicht, daß die Spalte und Irenes Pflanzen die Mundanier allzulange werden aufhalten können, und wir werden den Reitersmann auch niemals unschädlich machen, wenn wir ihm nicht eine Falle stellen und seine Flucht verhindern. Das verlangt nach einem Köder, dem er nicht widerstehen kann, und dazu ist es nötig, daß wir unsererseits zu einigen verzweifelten Maßnahmen greifen.«
    »Ich will den Reitersmann umbringen, wenn ich ihn finden kann«, sendete Imbri. »Ich glaube nicht, daß er uns verraten wird, wie wir seinen Zauber neutralisieren können. Er hat mich schon einmal getäuscht, und ein zweites Mal wird er das nicht tun!« Sie peitschte mit ihrem Schweif nach imaginären Fliegen.
    »Er verhält sich äußerst ausweichend, und ich glaube, ich weiß auch warum«, sagte Chamäleon. »Es wäre äußerst schlimm, wenn ich mich täuschen sollte, und da ich mich noch nicht auf dem Höhepunkt meiner Intelligenz befinde, ist das durchaus möglich, weshalb ich meinen Verdacht auch nicht aussprechen will. Doch wenn ich recht haben sollte, wird er König Irene verzaubern und unmittelbar darauf auch mich. Er wird glauben, daß dies ihn zum zehnten König von Xanth machen wird, daß die Glieder der Kette dadurch vollzählig werden, aber das können wir verhindern, indem wir ihm zuvorkommen. Es muß noch einen weiteren zukünftigen König von Xanth geben, einen, den er nicht in den Kürbis verbannen kann. Das ist der König, der schließlich die Kette sprengen wird.«
    »Ja, die Prophezeiung des Magiers Humfrey betrachtet den zehnten Monarchen als den entscheidenden«, stimmte Imbri ihr zu und sprang in den Kürbis. Beide beachteten sie die Kürbiswelt nicht weiter, da sie ihnen nun als ganz normal erschien, so vertieft waren sie in ihr Gespräch. »Aber wer soll das sein? Jeder, den du aussuchst, kann verzaubert werden.«
    »Alle bis auf eine«, meinte Chamäleon.
    »Bis auf wen denn?«
    »Bis auf dich.«
    Imbri rannte vor Schreck gegen die Mauer der Messingstadt, einem Revier der Kürbiswelt, in dem die Messingmännchen hausten und an den metallurgischen Aspekten der Alpträume arbeiteten. Natürlich tat das nicht weh, weil sie sich ja im entmaterialisierten Zustand befand, aber bis sie sich wieder gefangen hatte, waren einige der Messingmännchen aufgeschreckt worden. »Wer?«
    »Wen suchst du denn?« fragte ein Messingmann, weil er glaubte, daß sie ihn angesprochen hatte.
    Verlegen redete sich Imbri heraus, indem sie den

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