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Nacht-Mähre

Titel: Nacht-Mähre Kostenlos Bücher Online Lesen
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schon wieder?
    »Wir müssen wie Zombies aussehen, damit keiner etwas merkt.«
    Natürlich. Imbri wollte ihr gern zu Gefallen sein, da es ja auch schwierig war, mit jemandem zu diskutieren, der gleichzeitig so dumm und so liebenswürdig war. Also hielten sie an, und die Frau suchte Stinklianen und Tintenfässer, mit deren Hilfe sie die Mähre und sich selbst herrichtete, bis sie verfault aussahen und ebenso rochen. Ihr künstlerisches Talent erwies sich als einigermaßen ausreichend: Chamäleon glich nun wirklich eher einer üppigen Zombiefrau mit schlabbrigem Fleisch als der hübschen älteren Dame, die sie in Wirklichkeit war. Imbri dagegen sah aus wie ein halbtoter Klepper.
    Jetzt machten sie sich wieder auf den Weg zum Friedhof, der an der windabgewandten Seite von Schloß Roogna lag. Die Zombies waren in großer Zahl auferstanden. Nicht viele Dinge konnten sie aus ihrer Lethargie reißen, aber eine Trauung war auf ihre Art etwas ähnlich Endgültiges wie der Tod. »Wir haben mit dem Zombiemeister ein geheimes Abkommen geschlossen«, flüsterte Chamäleon der Mähre in eines ihrer gespitzten pelzigen Ohren. »Er hat Vasallen für die Feier auferstehen lassen, obwohl er selbst nicht daran teilnehmen kann. Einer der Zombies ist ein Friedensrichter. Ich weiß zwar nicht genau, was das ist, aber anscheinend kann er die beiden trauen.«
    Chamäleon war ganz aufgeregt. Dabei bestand die wahre Prüfung einer Ehe in Xanth weniger in einer einzelnen Zeremonie als darin, daß die Partner und die Gemeinschaft sie akzeptierten.
    Als sie den Friedhof betraten, veränderte sich alles recht plötzlich: Mit einemmal waren die Zombies gleich doppelt so schaurig wie zuvor, wie sie so in Fräcken und Abendkleidern zwar einen Teil ihres Verfalls verhüllten, dies andererseits aber dadurch reichlich wieder wettmachten, daß sie ständig irgendwelche Körperteile und Fleischklumpen verloren. Alle standen sie lautlos zwischen den Grabsteinen herum und blickten zu der größten und düstersten Grabkammer am Nordende des Friedhofs hinüber, wo ein ganz besonders scheußlicher Zombie stand und in seinen verfaulenden Händen ein zerlesenes Buch hielt.
    Ein weiblicher Zombie kam ihnen entgegen. Ihre Augäpfel waren eingesunken, und durch ihre wurmzerfressenen Wangen waren Zahnstücke zu erkennen. Ihr weites Dekollete gab Brüste frei, die verfaulten Melonen glichen. »Bist du ein Zentaur?« fragte sie in einer erstaunlich normalen Stimme.
    »Ich bin Chamäleon, Euer Majestät«, erwiderte Chamäleon und stieg ab, nachdem sie die Stimme offenbar erkannt hatte. »Und dies hier ist die Mähre Imbri, die mich rechtzeitig zur Hochzeit hierhergebracht hat. Haben wir schon etwas verpaßt?«
    »Wunderbar, Chamäleon!« rief Königin Iris und umarmte sie mit einem Geräusch, das sich anhörte, als zerquetsche jemand eine Schimmelpilzkultur. »Nimm in der vordersten Reihe Platz, vor der Kanzel. Schließlich bist du ja die Mutter des Bräutigams. Du hast noch gar nichts verpaßt, solche Feierlichkeiten beginnen ja doch immer mit Verspätung.«
    »Und Ihr seid die Mutter der Braut«, sagte Chamäleon, glücklich, daß alles zu klappen schien.
    Die Zombiekönigin wandte sich zu Imbri um, wobei ihre verfaulten Körperteile sich mit unterschiedlicher Geschwindigkeit drehten. Ihre Illusion war wirklich ein höchst morbides Kunstwerk! »Und du bist wirklich eine Mähre? Ja, tatsächlich, jetzt sehe ich es auch. Da du nicht zur engeren Verwandtschaft gehörst, wirst du dich weiter hinten aufstellen.«
    »Aber Imbri ist doch meine Freundin!« protestierte Chamäleon loyal.
    »Ich stelle mich hinten auf«, projizierte Imbri ihr hastig. Sie verstand nicht viel von den Sitten der Menschen und zog es vor, niemandem im Weg zu sein.
    »Oh, das ist aber wirklich eine interessante Magie!« meinte die Königin. »Fast wie meine Illusionen, nur daß deine Sachen alle im Kopf stattfinden, oder sollte ich besser sagen im Geist? Ich wußte gar nicht, daß Tiere auch Magie ausüben können.«
    »Ich bin eine Nachtmähre«, erklärte Imbri.
    »Ach so. Ja, das erklärt manches.« Die Königin wandte sich ab, um weitere Neuankömmlinge zu begrüßen.
    Chamäleon begab sich pflichtbewußt nach vorn, während Imbri sich weiter hinten zwischen zwei Zombies aufstellte. Anscheinend war das glückliche junge Paar, für das diese Zeremonie ja stattfinden sollte, noch nicht eingetroffen, so daß noch Zeit blieb, sich ein wenig zu unterhalten.
    »Hallo«, projizierte sie dem Zombie zu

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