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Nacht-Mähre

Titel: Nacht-Mähre Kostenlos Bücher Online Lesen
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ihrer Linken.
    Die Antwort war eine schauderhafte faulende Masse, die einem von Maden durchsetzten Blutpudding glich. Ihr Nachbar war anscheinend ein echter Zombie, der wahrscheinlich schon seit Jahrhunderten tot war; sie hatte ihm gerade in sein Gehirn gespäht. Imbri war nicht zimperlich, denn in Xanth gönnte man jedem Ungeheuer seinen eigenen Stil, doch eigentlich war sie eher an die sauberen Knochen der wandelnden Gerippe im Kürbis gewöhnt. Sie versuchte, nicht vor ihrem Nachbarn zurückzuweichen, denn das wäre unhöflich gewesen, aber sie versuchte auch nicht wieder, mit ihm Kontakt aufzunehmen.
    Statt dessen versuchte Imbri es mit der Gestalt zur Rechten. »Bist du auch ein Zombie?« projizierte sie probehalber.
    Ihr rechter Nachbar war zwar lebendig, dafür aber um so erschreckter. »Träume ich, oder hast du mich gerade wirklich angesprochen?«
    »Ja«, meinte Imbri.
    Er drehte sich zu ihr um, um sie einer genaueren Musterung zu unterziehen. »Bist du ein Pferd oder ein richtiges Wesen?«
    »Ja.«
    »Ich fürchte, ich bin diese Konzentration der Magie nicht gewöhnt«, meinte er. »Vielleicht habe ich ja einen Fauxpas begangen.«
    »Nein, der liegt im Westen von hier«, berichtigte sie ihn.
    »Es stimmt also! Du bist ein Pferd, und du sprichst mit mir!«
    »Ja. Ich bin die Nachtmähre Imbrium.«
    »Eine echte Nachtmähre? Wie originell! In Xanth weiß man tatsächlich nie, was man als nächstes erwarten kann! Ich bin Archivar aus dem Gebiet, das ihr Mundania nennt. Mein Freund Arnolde der Zentaur – im Augenblick befindet er sich in Mundania; das ist nämlich seine Aufgabe, als Botschafter Xanths die Verbindung zu Mundania aufrechtzuerhalten –, mein Freund Arnolde also hat mich hierher mitgenommen, damit ich das Phantastische erforschen und«, er hüstelte und räusperte sich, »ähem, ein bis zwei Nymphen jagen kann.«
    »Dafür sind Nymphen ja auch da«, stimmte Imbri ihm höflich zu. Sie wußte, daß dies unter Menschen ein recht beliebter Volkssport war. Doch seine Erwähnung Mundanias erschreckte sie – gehörte er etwa zum Feind?
    »O nein, ich bin kein Feind!« protestierte Ichabod, und Imbri merkte, daß sie einmal mehr vergessen hatte, ihre eigenen geheimen Gedanken aus dem Gesprächstraum herauszuhalten. Jetzt, da sie unter wachen Menschen wandelte, mußte sie in diesem Punkt besser aufpassen. »Mundania ist vielgestaltig, man könnte sogar sagen, es ist für jeden anders. Anscheinend hat Mundania einen beschränkten Zugang zu Xanth, während Xanth einen so gut wie uneingeschränkten Zugang zu Mundania hat. Das schließt übrigens sämtliche Epochen unserer Welt mit ein. Deshalb ist Xanth für die Mundanier kaum mehr als ein flüchtiger Traum, an den die meisten nicht einmal glauben, während Mundania für Xanther, die sich ja nur wenig dafür interessieren, eine wundersame Realität darstellt. Langweile ich dich vielleicht?«
    Das tat er natürlich, aber Imbri hatte genug Pferdeverstand, dies nicht zuzugeben.
    »Ich handle mit Träumen, und ich bin auch sehr flüchtig, insofern bin ich ein echtes Wesen Xanths.«
    »Tatsächlich? Du meinst, du bist selbst ein Traum? Du bist gar nicht richtig hier?« Er streckte vorsichtig eine Hand aus, um ihre Schulter zu berühren.
    »Nicht so ganz.« Sie entmaterialisierte sich, und seine Hand drang durch sie hindurch.
    »Fabelhaft!« rief er. »Das muß ich mir notieren! Du sagst, dein Name wäre Imbrium? Wie das Meer auf der sichtbaren Seite des Mondes? Wie faszinierend!«
    Er mochte zwar Mundanier sein, aber völlig unwissend war er auf jeden Fall nicht. »Ja. Man hat das Meer der Tränen nach meiner Großmutter benannt, die vor langer Zeit gelebt hat. Ich habe meine Unterschrift, meine Marke, von ihr geerbt, wie auch das Anrecht auf diesen Teil des Mondes.« Sie nahm wieder feste Gestalt an und stampfte mit einem Vorderhuf auf, um ihm die Mondkarte mit ihrem leuchtenden Namen zu zeigen.
    »Ach, das ist ja einfach wunderbar!« freute sich Ichabod. »Würdest du das vielleicht auch auf einem Blatt Papier aus meinem Notizbuch machen? Ich hätte doch so gerne Originalmaterial!«
    Hilfsbereit stempelte sie ihm seine Seite. Die Karte kam auf dem weißen Papier deutlich heraus, weil ihr Huf natürlich mit einer dicken Schicht guter, fetter Friedhofserde bedeckt war.
    »Oh, danke schön, danke vielmals!« rief der Mundanier bewundernd. »Noch nie bin ich einer echten Nachtmähre begegnet – jedenfalls nicht einer aus Fleisch und Blut, sozusagen. Nicht jeder

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