Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nacht-Mähre

Titel: Nacht-Mähre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
beide dadurch orten, daß wir nach unserer Rückkehr die Pflanzen befragen. Begebt euch nicht in Gefahr, ihr beiden!«
    Das Tagpferd wieherte. »Darauf kannst du dich verlassen!« dolmetschte Grundy.

6
Die Nächstwelle
    Imbri brachte den Golem und den mundanischen Gelehrten zu der schrecklichen mundanischen Front. Xanth hatte seit eineinhalb Jahrhunderten keine Invasionswelle mehr erdulden müssen, und so war diese hier ein schrecklich bedeutsames Ereignis.
    »Ich meine, etwas Angespanntheit in dir zu verspüren, Imbri«, bemerkte Ichabod.
    »Ich dachte gerade daran, wieviel Zeit seit der Letztwelle vergangen ist«, projizierte Imbri als Antwort. »Ich war damals noch recht jung, gerade zwanzig Jahre alt, aber ich kann mich noch daran erinnern, als wäre es erst letztes Jahr gewesen.«
    »Du warst dabei?« fragte Ichabod erstaunt. »Ach so, ja – ich hatte ganz vergessen, daß du ja schon einhundertsiebzig Jahre alt bist. Seit der Letztwelle sind meinen Forschungen zufolge einhundertundfünfzig Jahre vergangen…« Er hielt inne. »Natürlich habe ich die Sache historisch erforscht, habe aber bisher mit keinem Augenzeugen darüber gesprochen. Ich würde zu gern deine persönlichen Eindrücke davon kennenlernen.«
    »Na ja, ich hab’ natürlich immer nur kleine Ausschnitte davon bei Nacht gesehen, als ich auf Traumdienst war«, wiegelte Imbri ab. »Die großen Schlachten fanden immer am Tag statt, und damals konnte ich tagsüber nicht hinaus.«
    »Dennoch würde mich das faszinieren!« rief der Gelehrte. »Deine Eindrücke würden, eingekleidet in den Kontext historischer Einzelheiten, mithelfen, das Bild abzurunden.«
    »Vielleicht definierst du mal diesen Kontext«, sagte der Golem, der sich für die Sache allen guten Vorsätzen zum Trotz zu interessieren begann. »Dann wissen wir wenigstens alle, worüber wir eigentlich reden.« Der Golem war natürlich kein Augenzeuge der Letztwelle gewesen, und er haßte es, zugeben zu müssen, daß er von irgend etwas nichts verstand.
    »Aber gewiß doch«, meinte Ichabod. Historische Einzelheiten hatten es ihm angetan. »Mein Freund Arnolde Zentaur hat mir eine beachtliche Menge Informationen verschafft. Offenbar fand die Erstwelle menschlicher Kolonisierung vor über tausend Jahren statt. Davor gab es in Xanth nur Tiere und Hybridformen wie zum Beispiel die Zentauren. Die Zentauren haben übrigens eine recht bewegende Legende über ihre Entstehung…«
    »Kommen wir zu den etwas aktuelleren Sachen«, warf Grundy ein.
    »Äh, ja, natürlich«, machte Ichabod irritiert. »Es gab eine ganze Reihe von Wellen, vielleicht ein Dutzend. Die meisten waren ziemlich brutal, weil die Mundanier Xanth überfielen und plünderten. Nach jeder Welle beruhigte sich das Land wieder, die Kinder der Eroberer bekamen magische Talente und wurden so zu echten Einwohnern Xanths. Dann kam, fünfzig oder hundert Jahre später, wieder eine Welle, die vieles von dem, was die vorhergegangene Welle erreicht hatte, wieder zunichte machte. Schließlich kam es vor einhundertfünfzig Jahren zur Letztwelle, die so schlimm war, daß die Bewohner von Xanth beschlossen, zukünftige Invasionen ein für allemal zu verhindern. Etwa fünfzehn Jahre nach der Invasion, nachdem sich alles wieder etwas beruhigt hatte, formte ein Magierkönig einen magischen Stein von großer Kraft so um, daß er einen tödlichen Schild abstrahlte, der alles vernichtete, was ihn zu durchdringen versuchte. Der Schild schützte ganz Xanth und bewahrte es vor allen weiteren Eindringlingen, bis König Trent, der eine Weile in Mundania verbracht hatte, nach dem Tod des Sturmkönigs den Schild wieder abschaffte. Es sah nämlich so aus, als sei die Zahl der Menschen durch den Mangel an neuen Einwanderern mit der Zeit drastisch zurückgegangen. Es war also besser, eine Invasion zu riskieren, als die menschliche Rasse in Xanth praktisch aussterben zu lassen. Deshalb gibt es seit fünfundzwanzig Jahren keinen Schild mehr, der Xanth schützt – und nun scheinen wir den Preis dafür bezahlen zu müssen. König Trent weigerte sich, den magischen Schild wieder aufstellen zu lassen. Er zog es vor, gegen die Eindringlinge zu kämpfen, was mit seiner magischen Fähigkeit der Verwandlung ja wohl auch möglich gewesen wäre. Aber jetzt…«
    »… aber jetzt ist König Trent von der Bildfläche verschwunden, und König Dor weiß nicht, wie er den Schild aufstellen lassen kann«, beendete Grundy seinen Satz. »Na ja, die Mundanier sind ja sowieso schon in

Weitere Kostenlose Bücher