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Nacht-Mähre

Titel: Nacht-Mähre Kostenlos Bücher Online Lesen
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galoppierte los. »Idiotie!« murmelte Chem, nahm ihr Wurfseil auf und galoppierte zusammen mit dem Golem an die Seite ihres Bruders. Imbri war einer Meinung mit ihr – und jagte mit Krach hinterher. Eins war klar: In der Leibwache des Königs gab es zwar keinen einzigen Feigling, dafür aber jede Menge Narren.
    Sie jagten auf die brennenden Barrikaden zu, wo die Mundanier gerade ihren Durchbruch versuchten. Plötzlich begannen die Flammen zu reden, als der König sein Talent einsetzte. »Dich werde ich lecker braten, Mundanier!« zischelte eine von ihnen und züngelte. »Bis du zu Kohle verglüht bist!«
    Eine Reihe Mundanier wirbelte erschrocken herum. »Ja, dich da, Panzernase!« höhnte die Flamme. »Die Haut brenne ich dir vom Hintern und laß dich in deinem eigenen Fett schmoren! Achtung bitte, heiß und fettig!«
    Einige der Mundanier wichen zurück, doch andere sprangen dafür durch die Bresche. Da erblickten sie den König und seinen Trupp. »Holt ihn euch!« rief einer von ihnen. »Das ist ihr König!«
    Doch da trat Krach der Oger in Aktion. Er blähte sich auf monströse Weise auf, bis er aus seinen Menschenhosen platzte und zweimal so groß und sechsmal so schwer wurde wie ein ausgewachsener Mann. Nun saß er nicht mehr auf Imbri, sondern stand über ihr. Er stieß ein Brüllen aus, und der Stoß seines Atems fegte die Blätter von den nahe gelegenen Bäumen und Sträuchern und ließ die Wolken in ihrer Umlaufbahn erzittern. Dann rupfte er einen kleinen Baum aus dem Boden und wirbelte ihn in einem großen Bogen herum – was den Weg von Feindespersonal räumte. Offenbar waren die Mundanier bisher noch keinem wütenden Oger begegnet. Das nächste Mal würden sie vorsichtiger sein.
    König Dor und Chet trabten weiter, und wo sie entlangkamen, schrie der Erdboden die Mundanier an, machten die Steine malmende Geräusche, als stampften Riesen herbei, rasselten die trockenen Äste, als seien sie giftig. Die Mundanier wurden unentwegt von der einen oder anderen Seite her abgelenkt, und die meisten von ihnen zogen sich verwirrt und in Panik zurück. Jeder von ihnen, der Dor angreifen wollte, bekam es mit den beiden Zentauren zu tun, und viele der anderen wichen entsetzt vor dem tobenden Oger zurück.
    Da sammelten sich die xanthischen Truppen wieder und griffen ihrerseits an. Inzwischen war bereits Blut geflossen, und sie wußten nun mit Sicherheit, daß es dem Feind ernst war. Lange vernachlässigte Fähigkeiten und Kenntnisse brachen plötzlich mit aller Heftigkeit wieder hervor. Schon bald waren die Mundanier aufgerieben und flohen bei Einbruch der Dunkelheit zurück aufs andere Ufer. König Dor gab das Signal zum Rückzug, weil er keine Nachtschlacht riskieren wollte.
    Die Harpyie konnte nach Herzenslust schmausen: Auf dem Schlachtfeld lagen an die fünfzig mundanische Tote. Aber die Verteidiger hatten ebenfalls zwanzig Tote und die doppelte Anzahl Verwundeter zu beklagen. Beide Seiten hatten hohe Verluste erlitten, aber die Xanther hatten im Prinzip einen Sieg errungen, was ihren Schmerz über die Verluste mehr als ausglich.
    »Das ist ein Völkerkrieg«, sagte Chet.
    »Der richtet auf beiden Seiten großen Schaden an. Ich wünschte nur, daß wir diesem Problem auf friedlichere Weise begegnen könnten.«
    »Wir sind noch nicht am Ende«, wandte König Dor ein. »Morgen kommen sie wieder, und sie sind noch immer in der Überzahl. Von uns sind nur noch knappe vierzig Mann kampffähig. Wir müssen neue Befestigungen und feuerfeste Anlagen errichten. Wir werden Vorräte an Flußwasser heraufholen, von dem aber niemand trinken darf, und wir werden Übungsschießen für unsere Bogenschützen durchführen, damit ihre Treffsicherheit erhöht wird. Wenn wir uns Mühe geben, könnten wir sie aufhalten, aber es wird alles andere als leicht sein.«
    »Und wenn wir sie erst in ein oder zwei Tagen aufgehalten haben«, warf Chem ein, »dann müßten sie eigentlich langsam das Interesse am Kämpfen verlieren und sich um ihre Ernährung kümmern. Dann läßt sich mit ihnen vielleicht auch über eine Einstellung der Kampfhandlungen verhandeln.«
    Imbri hoffte zwar, daß es so kommen würde, aber sie hatte so ihre Zweifel, denn sie wußte, wie hinterhältig die Mundanier sein konnten.
    Die Soldaten aßen und schliefen in Schichten, während die Arbeiten an den Verteidigungsanlagen die ganze Nacht weitergingen. Die gehfähigen Verwundeten wurden ermuntert, zu Fuß nach Süden zu gehen und die Brücke über die Spalte zu

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