Nacht-Mähre
überschreiten, da dies für sie sicherer war, als in der Nähe der morgigen Schlacht zu bleiben. Wenn die Mundanier an den Folgen der heutigen Kämpfe ebenso schwer zu tragen hatten wie die Xanther, dann würden sie zwar höchstwahrscheinlich nicht wieder angreifen. Aber das war unsicher.
Die beiden Zentauren, der Golem, der Oger und Imbri scharten sich um König Dors Zelt und schliefen ebenfalls schichtweise. Es gab jedoch keinerlei Probleme; offenbar wollten die Mundanier ebensowenig bei Nacht kämpfen wie die Xanther.
»Ist dir eigentlich aufgefallen«, sagte Chet plötzlich, nachdem er die ganze Zeit über die Ereignisse des Tages nachgedacht hatte, »daß sie keine mundanischen Pferde dabei haben? Die müssen alle in der Reserve geblieben sein.«
Das war Imbri zwar noch nicht aufgefallen, aber Chet hatte recht. Warum hatten die Mundanier ihre Pferde nicht eingesetzt, wenn sie schnell vorankommen wollten? »Vielleicht hatten sie nicht genügend Pferde für jeden«, sendete sie. »Und vielleicht hatten sie auch nicht die Zeit, die Pferde grasen zu lassen, so daß sie hier nicht einzusetzen waren. Aber bestimmt werden sie sie noch ins Gefecht führen.«
»Möglich«, meinte Chet. »Doch ich frage mich auch, ob die fehlenden Pferde und Männer nicht tatsächlich ein Umgehungsmanöver durchführen, um uns an einer Stelle anzugreifen, wo wir es am wenigsten erwarten, während wir unsere Aufmerksamkeit und unsere Kräfte hier konzentriert haben.«
»Das müssen wir morgen früh dem König sagen. Er wird wohl eine Wachverstärkung um Schloß Roogna anordnen, falls die Mundanier das versuchen sollten. Mit fünfzig Berittenen könnten sie Schloß Roogna schon einnehmen, sofern unsere Kräfte hier gebunden bleiben.«
Zu ihrer Überraschung griffen die Mundanier im Morgengrauen doch wieder an. Wieder bildete der Stoßtrupp eine Phalanx, die diesmal den herabrollenden Felsen geschickt auswich.
»Euer Majestät!« rief Grundy. »Der Feind greift an!«
Keine Antwort aus dem Zelt. Chet riß den Vorhang beiseite, und sie spähten ins Innere.
Drinnen lag König Dor. Seine Augen waren weit geöffnet und starrten zur Decke. Doch er war nicht wach.
Chet richtete den König auf. Dor atmete zwar, reagierte aber ansonsten nicht. Seine Augen starrten unentwegt ins Leere.
Imbri schickte ihm einen Traum, traf jedoch nur auf Leere.
»Er ist genauso geworden wie König Trent!« rief Chem entsetzt.
Danach war alles nur noch eine einzige Katastrophe. Die Mundanier überrannten sofort die xanthischen Stellungen. Die übriggebliebenen Verteidigungstruppen flohen davon, und diesmal war niemand mehr da, um ihnen neuen Mut einzuflößen. Die Zentauren banden den König auf Imbris Rücken fest und gaben ihr Geleitschutz, während sie ihren gefallenen Anführer zurück zum Schloß Roogna brachten. Aus einem scheinbaren Sieg war eine katastrophale Niederlage geworden. Und was sollten sie Königin Irene erzählen, Dors brandneuer Ehefrau und Witwe?
8
Der Zombiemeister
»Irgendwie wußte ich es bereits«, sagte Irene. »Eine Nachtmähre hat mir gesagt, daß Dor nicht zurückkommen würde.« Sie war in Schwarz gekleidet. Sie musterte Dor und unterdrückte ihre Trauer. »Bringt ihn in die königlichen Gemächer.«
Sie brachten König Dor hinauf zu König Trent, und Irene blieb bei ihm. Im Augenblick gab es nicht viel mehr zu sagen.
»Wer wird denn nun unser König?« fragte Grundy. »Es muß ja ein Magier sein.«
»Der Zombiemeister«, meinte Chet. »Der Gute Magier Humfrey ist zu alt und nimmt keinen Anteil an den politischen Ereignissen der Gegenwart. Als König Trent vor acht Jahren in Mundania verschollen war und König Dor ihn suchen mußte, hat der Zombiemeister einige Wochen lang recht gut regiert. Wann immer es irgendwo einen Streit gab, schickte er einen Zombie vorbei, um ihn zu schlichten. Bald darauf gab es nur noch sehr selten Streit.«
Chet lächelte vielsagend.
»Aber der Zombiemeister lebt doch im unerforschten Süden«, protestierte Chem. »Er liebt sein Privatleben, und ich habe seinen Standort noch nicht einmal auf meiner Karte eingezeichnet!«
»Und der magische Spiegel ist immer noch kaputt, so daß wir ihn nicht einmal anrufen können«, warf Grundy ein.
»Trotzdem müssen wir ihn irgendwie erreichen«, sagte Chet. »Er muß König werden, zumindest so lange, bis König Dor sich erholt hat, und er muß die Nächstwelle daran hindern, die Spaltenschlucht zu überqueren.«
»Dor erholt sich aber nicht«,
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