Nacht ohne Angst: Kriminalroman (German Edition)
Jagdrevier. Im schummrigen Licht bahnte sich Koster einen Weg durch den engen Raum, als er Alexander in einer hinteren Ecke vor einem Cocktail sitzen sah. Er musterte ungeniert eine blonde Schönheit hinter dem Tresen.
»Du sabberst«, frotzelte Koster.
»Ich freu mich auch, dich zu sehen.«
Alexanders Umarmung fiel herzlich aus, und Koster fühlte, wie seine Anspannung sich löste.
»Was macht eigentlich deine junge, wissbegierige Studentin von neulich?«
»Das entwickelt sich ganz vielversprechend. Du weißt ja, ich suche die Eine. « Alexander grinste. »Auch Sex on the beach?«
»Was bitte?«
Alexander lachte. »Der Cocktail, du Kerlchen. Was willst du trinken?«
»Gibt es hier auch was Alkoholfreies? Oder was mit Ananas, das mag ich.«
»So schlimm?« Alexander zog fragend eine Braue hoch.
Koster wiegte nachdenklich den Kopf. »Ich weiß nicht. Ich bin verwirrt.«
»Dann fang mal vorne an. Ich bin ganz Ohr.«
Alexander bestellte einen Sweet Pineapple für Koster, und der begann von seinem ersten Treffen mit Tessa zu erzählen. Von ihrer gemeinsamen Nacht. Seinem Zwiespalt. Er liebte doch seine Frau, oder?
Ob Jasmin nicht bemerkt habe, dass er in der Nacht nicht nach Hause gekommen sei, legte Alexander den Finger in die Wunde.
»Musst du sofort mit den unbequemen Fragen anfangen? Hast du nicht eine leichtere zum Aufwärmen?« Koster lachte gequält. »Jasmin ist vor drei Tagen mit den Kindern zu ihren Eltern gefahren. Sie … wir brauchten Abstand.« Er nickte der Blonden dankbar zu, als sie ihm seinen Cocktail brachte. Sie allerdings hatte nur Augen für Alexander.
»Heute Morgen habe ich Tessa gesagt, dass ich Angst um sie habe und sie sich aus dem Fall zurückziehen soll«, fuhr er fort.
»Mit diesen Worten?«
»So ähnlich. Ich hab ihr gesagt, sie soll sich von mir fernhalten.«
»Autsch.«
Koster guckte Alexander irritiert an.
Sein Freund schüttelte den Kopf und nahm einen langen Schluck seines farbigen Getränks, bevor er ernst wurde.
»Ich versteh dich ja. Tessa ist schön und klug und bestimmt noch eine Menge mehr. Weißt du, ich glaube aber, du musst erst mal für dich selber klären, was du eigentlich willst, bevor du ihr vorschreibst, was sie tun soll. Du musst mit Jasmin sprechen. Ist eure Ehe vorbei? Reicht deine Verliebtheit für mehr? Du musst dir deiner Gefühle sicher sein. Bist du das? Willst du neu anfangen?«
»Jetzt fängst du auch schon damit an. Sezierst meine Gefühle …«
»Keine Sorge. Mein Job ist es, Leichen zu sezieren und zu verstehen. Bei den Lebenden lege ich mich nicht so gerne fest. Und die Male, die ich mich mit ihnen auseinandergesetzt habe, musste ich allerdings durch meine Gefühle hindurchgehen. Drum herumlaufen klappt nicht. Leuchtet dir das nicht ein?«
»Doch, doch, es leuchtet …«
»Du darfst sie nicht wiedersehen. Gib den Fall ab. Du bist verstrickt bis über beide Ohren.«
»Ich kann den Fall nicht mehr abgeben! In allerspätestens drei Tagen haben wir das Ergebnis des DNA -Abgleichs. Wenn es nicht mit dem Teufel zugeht, dann haben wir dann den Mörder! Drei Tage, die kann ich wohl …«
Der Klingelton des Handys unterbrach seine Rechtfertigung. Koster erkannte die Nummer auf dem Display sofort.
»Tessa«, erklärte er seinem Freund entschuldigend und ging ran. Er hörte nur zu, sein Blick verdüsterte sich.
Alexander lächelte ironisch, als Koster das Telefonat mit den Worten »Ich bin gleich da« beendete.
»Ich muss gehen. Sie braucht mich.«
»Wo die Liebe hinfällt, da wächst kein Gras mehr!«, lautete Alexanders trockener Kommentar. »Pass gut auf dich auf!«
Koster klopfte seinem Freund auf die Schulter und sagte mit einem Blick auf die Gläser: »Ich zahle das nächste Mal.«
Alexander nickte ergeben, nahm sein Glas und schlenderte Richtung Bartresen.
Tessa wohnte nur wenige Straßenzüge weiter, am Ende der Andreasstraße. In dem stattlichen Altbau aus der Gründerzeit waren alle Fenster dunkel. Leise eilte er die Treppen hoch ins Dachgeschoss. Dann stand er ihr im gedämpften Licht des Wohnzimmers gegenüber … und erschrak. Sie sah erbärmlich aus. Ihre Augen hatten dunkle Ringe und wanderten unruhig hin und her, sie trug Jogginghosen und ein verwaschenes Kapuzenshirt, ihre Arme hatte sie um sich geschlungen, als ob ihr kalt wäre. Verführen wollte sie ihn offenbar nicht.
»Was ist passiert?«, fragte er besorgt.
»Ich habe ihn mit der Studienmanipulation konfrontiert. Er ist ausgerastet. Ich habe meine Zukunft
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