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Nacht ohne Erbarmen

Nacht ohne Erbarmen

Titel: Nacht ohne Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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mehrere Gruppen wie Serafino und seine Männer. Da ist man nicht so zimperlich.« Sie zuckte die Achseln. »Man wird die Verantwortung ganz selbstver ständlich einer dieser Gruppen zuschieben. Das ist alles sehr traurig, aber paßt meinem Stiefvater großartig in den Kram. Wenn man es sich richtig überlegt, ist es auch die einzige
    Erklärung, die sinnvoll erscheint.«
      Sie wollte wieder die Beretta holen. Der Ausdruck ihrer Augen und ein plötzlich auftauchender verkniffener Zug um den Mund warnten mich. Allerdings machte ich mir keine großen Sorgen.
      Mit einem ganz und gar unnötigen Satz sprang ich hoch, rammte ihre Knie und hatte sie gleich darauf am Boden liegen. Damit war der Kampf auch schon vorüber. Sie wehrte sich noch ein bißchen, bis ich ihr auf jeden Arm ein Knie stemmte.
      Ich hob die Beretta auf und schob die Sicherung zurück. »Solange Sie das Ding nicht entsichern, schießt es auch nicht. Versuchen Sie es noch einmal.«
      Ich legte ihr die Waffe auf die Brust, stand auf und wandte ihr den Rücken zu. Mit einer übertriebenen theatralischen Geste zündete ich mir eine neue Zigarette an. Als ich mich wieder ihr zuwandte, starrte sie mich verstört an, und die Beretta in ihrer Hand zeigte mit der Mündung auf den Boden.
      »Trotzdem begreife ich das noch nicht«, sagte sie.
      Sie hatte recht – ich begriff es auch nicht. Unter den gegebenen Umständen wäre nur eines vernünftig gewesen: daß wir hergekommen waren, um sie zu töten, und das war nicht der Fall.
      Oder vielleicht doch?
      Plötzlich wurde mir eiskalt, und meine Kehle war wie ausgetrocknet. Nein, das war ausgeschlossen! Ich versuchte, diesen Gedanken von mir zu schieben. Für so etwas hätte sich Burke niemals hergegeben.
      Weiter kam ich mit meinen Überlegungen nicht. Jemand sprang mir in den Rücken, ein Arm umklammerte meinen Hals, und ich ging zu Boden.
      Der Arm an meiner Gurgel schnürte mir die Luftzufuhr ab. Ich würgte und hatte ein Sausen in den Ohren. Irgendwo hörte ich das Mädchen schreien. Dann machte er einen Fehler: Er schob sich zur Seite, und ich konnte ihm den Ellbogen in den
    Leib rammen.
      Ich traf ihn nur halb, und es war auch nicht sehr viel Druck dahinter, aber es reichte. Mit einem Fluch ließ er los, über schlug sich zweimal und knallte gegen eine Steineiche.
      Ich hatte nicht viel davon. Etwas krachte gegen meinen Schädel, und dann spürte ich eine Gewehrmündung an meinem Hals.

    12

    Der halbautomatische Karabiner vom Typ MI-30 hat die meisten amerikanischen Infanteristen durch den Weltkrieg begleitet. Das bedeutete, daß die Knarre, die mir jetzt ein Loch ins Fell brennen sollte, schon seit einer ganzen Weile existierte. Andererseits machte sie einen liebevoll gepflegten Eindruck. Der Schaft war poliert, das Metall schimmerte ölig, und das ganze Ding wirkte so tödlich, wie man es sich nur wünschen konnte – genauso wie der Mann, der es in der Hand hielt: Serafino Lentini.
      »Halt, Serafino!« rief das Mädchen auf italienisch. »Du darfst ihn nicht erschießen – du darfst nicht!«
      Er trug einen alten Cordanzug und bis an die Knie reichende Ledergamaschen. Sein Gesicht unter der Stoffmütze wirkte trotz des wochenalten Stoppelbarts und des Schmutzflecks über dem rechten Auge kühn und draufgängerisch. Das war ein toller Bursche, der da vor mir stand, ein Draufgänger aus dem sechzehnten Jahrhundert – ich konnte ihn mir fast in Lands knechtstracht vorstellen. Ein Musketier, der die Frauen küßte und die Männer schlug.
      Die beiden Männer hinter ihm sah ich nur verschwommen. Sein Gesicht beugte sich wie in einer Großaufnahme über mich. Mit wölfischem Grinsen schob er die Sicherung zurück.
      »Vorsicht«, sagte ich. »Verflucht sei der Mann, der das Blut von seinesgleichen vergießt.«
      Dieses alte sizilianische Sprichwort erzielte ungefähr die selbe Wirkung wie ein kräftiger Kinnhaken. Sein heiles Auge schien ein wenig größer zu werden, aber wichtiger war mir, daß er den Lauf seiner MI von meinem Hals nahm.
      »Schnell«, sagte er, »wer bist du?«
      »Barbaccias Enkel. Wir sind über meine Großmutter verwandt.«
      »Heilige Mutter Gottes! Ich erinnere mich noch an dich, als du ein kleiner Junge warst.« Er sicherte den Karabiner wieder. Etwas Erfreulicheres konnte ich mir vorerst nicht wünschen. »Als ich vierzehn war, ging mein Alter einmal in einer Familienangelegenheit den Capo besuchen. Ich mußte am Tor

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