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Nacht ohne Erbarmen

Nacht ohne Erbarmen

Titel: Nacht ohne Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Legrande, vermutlich mit der Zu sage einer größeren Belohnung, als er mir jemals versprochen hatte. Wenn man es sich recht überlegte, war es eine schauspielerische Meisterleistung.
      Dann durchlief mich ein Ruck, und ich merkte, wie ich ihn laut und wütend verfluchte.
      Ich glaube, in diesem Augenblick wurde ich ganz und gar zum Sizilianer. Die Wut kochte über und bildete einen Strom des Hasses. »Und so möge ich das Blut jenes trinken, der dich getötet hat.« Ich hatte diese uralte Formel laut gesprochen. Ich berührte sanft ihr Gesicht, und das Blut blieb an meinen Fingern kleben. Die Finger hob ich an die Lippen.
      In diesem Augenblick stieß sie einen vernehmlichen Seufzer aus und bewegte sich.
      Jeder hätte sie vermutlich für tot gehalten, so schrecklich sah sie aus. Sie verdankte ihr Leben der reichlichen Blutmenge, die aus ihrer Wunde geflossen war, ihr Gesicht bedeckte und es zu einer schrecklichen Totenmaske veränderte.
      Das Feuer war beinahe niedergebrannt, doch das Wasser in dem alten Kessel war noch warm. Ich trug ihn mit der linken Hand herüber und schüttete ihr die Hälfte des Wassers ins Gesicht. Das meiste von dem Blut wurde sofort wegge waschen. Sie stöhnte, drehte den Kopf zur Seite und dann wieder zurück.
      Ich hockte mich neben sie, zog mein klatschnasses Taschentuch hervor und tupfte behutsam das übrige Blut weg. Die Kugel hatte ihr eine tiefe Fleischwunde gerissen, die dicht über der rechten Schläfe begann und sich bis über das Ohr hinzog. Sie blutete immer noch, aber nicht mehr stark.
      In einer Seitentasche am rechten Bein hatte ich den üblichen
    Schnellverband, ich holte ihn heraus, riß mit den Zähnen die wasserdichte Verpackung auf und breitete den Inhalt aus: zwei Notverbände und drei Morphiumampullen mit einer kleinen Spritze.
      Zwei der Ampullen spritzte ich ihr nacheinander in den Arm. Sie würde sie in den nächsten Stunden nötig haben, weil ich es mir nicht leicht vorstellte, sie von hier wegzuschaffen.
      Mit der dritten Ampulle in der Hand zögerte ich und über
    legte, ob ich sie für mich verwenden sollte. Aber dann entschied ich mich doch dagegen, ich brauchte einen klaren Kopf, und der Gedanke war nicht abwegig, daß schon der Schmerz, der sich von meiner Schulter ausbreitete, mich wachhalten würde.
      Ich setzte sie auf, schob ihr mein Knie hinter den Rücken und lehnte sie dagegen. An jedem Ende des Notverbandes war eine Mullbinde von gut einem Meter befestigt. Als ich ihr das alles um den Kopf gewickelt hatte, begann das Morphium seine Wirkung zu tun. Die Anspannung wich von ihrem Gesicht. Als ich sie wieder zurücksinken ließ, wirkte sie ruhig und entspannt. Nur ihre ungewöhnliche Blässe deutete darauf hin, daß etwas nicht stimmte.
      Ich nahm mein Halfter von der rechten Seite und befestigte es auf der linken meines Gürtels. Dann brachte ich es mit einiger Mühe fertig, mir den anderen Notverband an der eigenen Schulter zu befestigen. Ich nahm den Riemen von Serafinos MI und knüpfte ihn so an meinen Gürtel, daß mein rechter Arm unbeweglich gegen den Körper gepreßt wurde.
      Die Sonne brach jetzt allmählich durch den Dunst. Als ich einen Blick auf die Uhr warf, sah ich, daß es noch nicht einmal sieben war. Ich zog meine Landkarte hervor, die auf eine Nylonunterlage geklebt war und daher trotz des Bades in einem Stück geblieben war. Dann sah ich mir unsere Lage an.
      Hoffer hatte gesagt, daß er uns an einem, bestimmten Punkt auf der Straße nach Bellona ab Mittag erwarten wollte. Ich hatte keinen Grund, daran zu zweifeln. Selbst wenn er nicht persönlich kam, würde er doch jemanden mit einem Fahrzeug schicken. Burke und Pete Jaeger brauchten auf niemanden Rücksicht zu nehmen und würden sicherlich schnell voran kommen, angetrieben von dem Gedanken, ihren Auftrag erledigt zu haben. Ich war sicher, daß sie den Treffpunkt mehr als rechtzeitig erreichen würden.
      Mir selbst blieb nichts anderes übrig, als mich nach Bellona auf den Weg zu machen. Ich glaubte kaum, daß ich es in einer kürzeren Zeit als sechs bis sieben Stunden schaffen würde, und selbst dann mußte ich noch mit der Möglichkeit rechnen, daß mir unterwegs die Beine nachgeben oder der Körper den Dienst versagen würde.
      Als mich die ersten Sonnenstrahlen berührten, schauderte ich ein wenig und merkte erst jetzt, wie durchnäßt ich war. Ich holte Rosas Taschenflasche hervor und trank noch einen Schluck Brandy. Joanna Truscott

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