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Nacht ohne Erbarmen

Nacht ohne Erbarmen

Titel: Nacht ohne Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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sollte sich wie ein Mann benehmen und weiter machen. Dann begann dieselbe Stimme wieder zu singen. Es war das Echo jenes Trompetenrufs, der von den HoggarBergen der südlichen Sahara bis zu den Sümpfen Indochinas erklungen war.
      Ich schien in einen finsteren Brunnen hinabzusinken, in dem nichts existierte als ein winziger, flackernder Lichtpunkt am Ende eines langen Tunnels. Dann kam ich wieder heraus, blinzelte und merkte, wie ich mich mit beiden Händen an den Zügel klammerte, als hinge mein Leben davon ab.
      Ich weiß nicht mehr, an welcher Stelle ich meinen rechten Arm losband. Ich merkte nur, daß ich ihn gebraucht hatte – vermutlich ging es nicht anders – und daß der Notverband blutdurchtränkt war.
      Das Blut hatte die schönste Farbe, die mir jemals begegnet war. Es hob sich leuchtend gegen das gedämpfte Grün und Braun meines Tarnanzugs ab. Die Welt war wunderbar und großartig, und das Blut mischte sich mit dem Grün und dem grauen Regen, der niederrauschte.
      Schafe ergossen sich über einen Hügel wie eine Flut von schmutzigem Wasser. Sie umdrängten mich, und in einiger Entfernung stand ein abgerissener Hirte, drehte sich um und rannte dann den Pfad hinunter zum Dorf.
      Ich kam an der Stelle vorbei, wo ich zusammen mit Rosa in einer Mulde in der Sonne gelegen hatte. Mit der hübschen, reizvollen Rosa, die mich hatte warnen wollen, es aber dann doch nicht wagte – weil sie Angst vor Karl Hoffer hatte.
      Zu meinen Füßen sah ich jetzt auch Blut. Das war so seltsam, daß ich den Kopf schüttelte. Der Blutfleck verwandelte sich in einen roten Alfa Romeo, der siebzig Meter weiter unten auf dem Hof hinter Gerdas Haus stand. Stimmen schrien durcheinander, und Männer rannten den Weg entlang auf mich zu.
      Als Junge fiel ich einmal in der Villa Barbaccia von einem Baum und lag eine Stunde lang bewußtlos da, bis Marco mich fand. Genauso sah er jetzt aus, und nicht einen Tag älter. Das überraschte mich. Es war derselbe Gesichtsausdruck – eine Mischung aus Zorn und Ärger und Liebe. Wie seltsam nach all den vielen Jahren.
      Ich lag im Dreck, und er hielt mich an sein Knie gelehnt. »Schon gut, jetzt ist alles gut, Stacey.«
      Ich packte ihn vorn bei seinem teuren Ledermantel. »Hoffer, Marco – Hoffer und Burke. Die gehören mir. Sag das Vito. Sag's dem Capo. Sie gehören mir. Mir allein. Meine Vendetta! Meine Vendetta!«
      Ich schrie die Worte laut hinaus, und die Männer von Bellona standen schweigend und mit steinernen Gesichtern im Kreis herum wie die Furien in einem griechischen Drama, die bereitwillig auf das blutige Ende warten.
    Die Sprünge an der Decke gaben ein interessantes Muster. Wenn man lange genug hinsah, erkannte man eine Landkarte von Italien einschließlich des Absatzes, aber ohne Sizilien.
      Sizilien!
      Ich schloß die Augen, und hundert verschiedene Dinge gingen mir durch den Kopf. Als ich sie wieder aufmachte, stand Marco neben dem Bett, die Hände in den Taschen seines prächtigen Ledermantels.
      »Das ist ein schöner Mantel«, sagte ich.
      Er zeigte mir dasselbe Lächeln, das ich als Junge so oft gesehen hatte. »Wie fühlst du dich?«
      Ich war in eine dicke, graue Decke gewickelt. Als ich sie zurückschlug, stellte ich fest, daß ich immer noch meinen Tarnanzug trug, daß man mir meine Schulter mit weißen Leinenstreifen frisch verbunden hatte, die offenbar von einem zerrissenen Bettuch stammten. Ich gab mir einige Mühe und saß schließlich auf der Bettkante, die Füße auf dem Boden.
      »Vorsicht«, warnte mich Marco. »Du kannst von Glück reden, daß,du überhaupt noch am Leben bist.«
      »Da irrst du dich«, erwiderte ich. »Damit liegst du voll kommen falsch. Ich bin nicht unterzukriegen. Ich werde ewig leben.«
      Er lächelte jetzt nicht mehr. Als die Tür aufging und Gerda mit raschen Schritten hereinkam, bemerkte ich an seinem Gesichtsausdruck, daß ich wohl geschrien haben mußte.
      Ich sah den Smith & Wesson auf einem kleinen Nachttisch liegen, griff danach und drückte ihn mir ans Gesicht. Das Metall war so kalt, daß es an der Haut brannte – so fühlte es sich zumindest an. Ich betrachtete ihre besorgten Gesichter und lächelte.
      »Wo ist sie?«
      »In meinem Schlafzimmer«, antwortete Gerda.
      Da stand ich auf den Beinen und taumelte auf die Tür zu. Ich befreite mich von Marcos ausgestreckter Hand. Wie durch ein Wunder war Gerda plötzlich vor mir, hatte die Tür geöffnet, und dahinter

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