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Nacht ohne Erbarmen

Nacht ohne Erbarmen

Titel: Nacht ohne Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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bedeutet. Wolltest du mir das damit sagen?«
      »Den Tod?« Er sah mich ehrlich überrascht an. »Du glaubst, der schreckt mich? Habe ich mich denn noch nicht deutlich genug ausgedrückt? Alle müssen die Regeln befolgen, selbst der Capo. Ohne diese Regeln sind wir nichts. Sie bilden die Stärke unserer Gesellschaft, und nur weil wir sie haben, existieren wir noch. Nein, Stacey, wer die Regeln bricht, verdient den Tod, er muß sterben.«
      Für eine Sekunde schoß mir der Gedanke durch den Kopf, daß ich vielleicht im Begriff war, verrückt zu werden. Ich betrat jetzt ein unbekanntes Land, in dem Verhaltensweisen und Regeln galten, die genauso archaisch und festgefügt waren wie ein Femegericht im Mittelalter.
      Das Denken fiel mir schwer, aber ich stieß trotzdem hervor: »Ich sehe da immer noch keinen Zusammenhang. Ich wußte nicht, daß Hoffer zur Mafia gehörte, aber er wußte, daß ich dein Enkel war, und ich hatte Burke erklärt, daß ich unseren Auftrag mit dir besprochen hatte.«
      »Aber warum sollte er sich darüber Sorgen machen? Die Geschichte von der Entführung seiner Stieftochter war plausibel genug, auch seine Gründe für sein Stillschweigen. Er glaubte ja, daß alle, mich eingeschlossen, ihm die Geschichte von dem Geld glaubten. Was könnte Joanna Truscott damit zu tun haben?«
      Das klang so vernünftig, daß ich es durchgehen ließ. Es war zumindest eine plausiblere Erklärung als manches andere, was ich aus dieser finsteren Welt der Mafia-Politik erfahren hatte.
      »Bleibt immer noch die Tatsache, daß du mich hättest warnen können«, sagte ich betont langsam. »Du hättest mich darauf aufmerksam machen sollen, was vorging, oder mir zumindest an dem ersten Abend, als wir alles besprachen, einen Tip geben sollen, daß Hoffer zur Mafia gehörte.«
      »Damit hätte ich gegen unser Gesetz verstoßen, Stacey, und das durfte ich nicht. Hoffer wußte das, und ich hatte alles zu gewinnen, indem ich den Mund hielt. Es war ja Hoffer, der dich mit hineinzog. Hoffer und dieser Burke, der dich belogen hat. Wenn du dich gegen sie stelltest, konnte Hoffer nur sich selbst die Schuld daran geben.«
      »Deine Hauptversammlung mag darüber anders denken«, sagte ich. »Es wird ihnen schwerfallen zu glauben, daß dein eigener Enkel nicht auf deine direkten Anweisungen hin handelte.«
      »Wir werden ja sehen«, sagte er. »Aber du mußt zu der Versammlung kommen, Stacey, damit du es selbst hörst. Es könnte recht lustig werden.«
      »Lustig!« Ich glaube, wenn ich ihm nahe genug gewesen wäre, hätte ich in diesem Augenblick zugeschlagen.
      »Begreifst du denn nicht, daß ich da oben leicht hätte ums Leben kommen können? Ich habe dich geliebt – ich habe dich immer trotz allem geliebt. Aber du wolltest mich wegen einiger dummer, veralteter Spielregeln in den Tod schicken, ohne mir ein Wort zu sagen. Das ist doch ein sinnloses Spiel für Schuljungen.«
      Er runzelte die Stirn. »In den Tod, Stacey? Glaubst du das wirklich?« Er lachte rauh. »Ja, gut. An jenem ersten Abend, als du mich besuchen kamst, da wollte ich dich aus der Sache heraushalten, notfalls mit Gewalt. Aber dann habe ich mit meinem Enkel gesprochen, ich habe ihn in Aktion beobachtet. Ich sah, was er war: Ein Mafioso wie sein Großvater, nur viel besser. Und dieser Burke, dieser ausgehöhlte Mann, diese wandelnde Leiche, die bereits Verwesungsgeruch verbreitete – denkst du vielleicht, ich hätte meinem Enkel nicht zugetraut, daß er mit ihm fertig wird?«
      Seine Stimme war nur noch ein heiseres Flüstern. Er beugte sich über mich und stützte sich mit einer Hand auf die Bettkante. Ich starrte ihn wie hypnotisiert an.
      »Begreifst du das nicht, Stacey? Die Regeln verlangten, daß Hoffer seine Chance bekam, aber ich wollte ihn vor mir auf dem Bauch liegen sehen, weil ich ihm von allen am ehesten zutraute, daß er für den Tod meiner Tochter verantwortlich war. Ich wollte, daß sein gerissener Plan danebenging, deshalb ließ ich zu, daß ihn der beste, der skrupelloseste Mafioso, den ich jemals kennengelernt habe, durchkreuzte.«
      Ein Schwächeanfall schüttelte mich. Er lehnte sich zurück und zündete sich in aller Ruhe eine frische Zigarre an.
      »Für dich ist das nur ein Spiel, nicht wahr? Je komplizierter, um so besser. Du hättest doch jederzeit Hoffers Kopf haben können. Zu Hause, auf der Straße – aber das war dir nicht gut genug. Es mußte ein klassisches Drama daraus

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