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Nacht ohne Erbarmen

Nacht ohne Erbarmen

Titel: Nacht ohne Erbarmen
Autoren: Jack Higgins
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ernstes Gesicht zu machen. »Ihr alle wißt, daß meine Tochter und ihr Sohn zu mir zogen, nachdem ihr amerikanischer Mann in Korea gefallen war. Sie starb nach einem Anschlag eines gemeinen Atten täters, der mich hatte ins Jenseits befördern wollen. Unglück licherweise machte mich mein Enkel zum Teil für das verantwortlich, was seiner Mutter zugestoßen war.«
      Heute abend war anscheinend die Stunde der Beichten gekommen.
      Er fuhr fort: »Wir wurden einander entfremdet, und der damals neunzehnjährige Junge lief mir davon. Ich verlor ihn für einige Zeit aus den Augen und erfuhr dann, daß er im Kongo als Söldner diente. Gestern abend hat er mich zusammen mit diesem Burke besucht und mir erzählt, warum sie in Sizilien sind. Ich war über seine Geschichte sehr erstaunt, weil ich nicht begreifen konnte, warum Karl mich nicht um Hilfe gebeten hatte, aber ich nahm an, daß er dafür seine Gründe haben mußte.«
      »Hilfe?« Hoffer breitete wieder die Arme aus und appellierte damit an das Verständnis der Versammlung. »Wie hätte mir jemand helfen können? Burke und seine Männer waren meine einzige Hoffnung.« Dann wandte er sich offenbar unsicher an Barbaccia, als sei ihm dieser Gedanke erst jetzt gekommen: »Ich hatte ja nichts zu verbergen. Ich war nur unter den gegebenen Umständen der Meinung, daß es für die Sicherheit des Mädchens besser war, je weniger Menschen davon wußten.«
      »Zweifellos.« Großvater nickte. »Schließlich hat mir ja mein Enkel ausführlich berichtet, was beabsichtigt war: ein Fallschirmabsprung in die Cammarata – ein kühner Plan.«
      Inzwischen war die Stimmung natürlich umgeschlagen. Nicht ein einziger Mann saß an dem Tisch, der nicht gespürt hätte, daß unter der Oberfläche zwischen Hoffer und meinem
    Großvater irgend etwas im Gang sein mußte.
      »Es tut mir leid, daß das Mädchen umkam«, sagte Barbaccia. »Ich weiß, wieviel sie dir bedeutet hat, Karl. Eine Tochter zu verlieren, das bringt mehr als nur Schmerz. Ich muß es wissen.«
      »Capo!« Hoffers Stimme klang rauh. »Der Himmel allein weiß, wie ich es anstellen soll, aber ich muß es dir sagen. In dem Feuergefecht zwischen Oberst Burkes Männern und Serafinos Bande hat auch dein Enkel sein Ende gefunden. Wie ich gehört habe, starb er bei dem Versuch, meiner Stieftochter das Leben zu retten.«
      Nun war mir alles klar. Ich erkannte den Grund, der hinter Hoffers Schauspielerei steckte, hinter seinem genauen Bericht der ganzen Affäre, der in diesem letzten, vernichtenden Schlag, ausgeteilt vor allen maßgebenden Männern der Mafia, gipfelte.
      Mein Großvater schien einzuschrumpfen. Er ließ seinen Spazierstock fallen und wurde innerhalb von Sekunden zu einem alten Mann.
      »Stacey?« fragte er heiser. »Stacey ist tot?«
      Es war eigentlich kein triumphierendes Lächeln, das Hoffer zeigte. Aber er konnte das winzige Zittern seiner Mundwinkel nicht ganz verbergen.
      Genau diesen Augenblick wählte Großvater für seinen Gegenschlag. Er zog eine frische Zigarre hervor, riß ein Streichholz an und war wieder ganz er selbst.
      »Sehr gut, Karl. Ausgezeichnet. Du hättest es in der Gesell schaft weit bringen können, wenn du nicht so dumm gewesen wärst.«
      Marco tippte mir auf die Schulter, aber ich war schon auf den Beinen und trat in den Salon.
      Wenn Jupiter vom Himmel herabstieg, tat er das für gewöhnlich unter lautem Donnergrollen – die Wirkung meines Erscheinens hier war ungefähr dieselbe.
      Hoffer war außerordentlich blaß geworden. Das lag wohl hauptsächlich am Schreck, aber wahrscheinlich auch daran, daß er in diesem Augenblick erkannte, was er zu erwarten hatte. Für die anderen Männer war ich nichts weiter als ein Eindringling. Der dickste, gemütlichste von ihnen zog mit der Geschwindigkeit eines echten Profis eine schwere Pistole hervor.
      Mein Großvater winkte ab.
      »Meine Herren, darf ich meinen Enkel Stacey Wyatt vorstellen? Der nach dem Bericht unseres Freundes hier heute morgen bei einem vergeblichen Versuch, das Leben von Joanna Truscott zu retten, in der Cammarata tapfer gestorben ist. Nebenbei gesagt, die junge Dame liegt im Augenblick hier in meiner Villa und wird gerade von einem Arzt versorgt.«
      Hoffers Hand verschwand in einer Tasche. Da starrte ihn aus dem Revolver in meiner linken Hand der Tod an.
      »Nein, Stacey! Nicht hier. Hier ist er unverletzlich«, rief mein Großvater. »So will es das
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