Nacht ohne Erbarmen
Gesetz.«
Der Herr mit den bunten Hosenträgern nahm Hoffer eine Walther ab. Ich schob den Smith & Wesson ins Halfter zurück.
»Und nun die Wahrheit, meine Freunde.« Barbaccia schnippte mit den Fingern. Marco, der hinter mir eingetreten war, zog ein graues Dokument aus einem Umschlag, faltete es auseinander und legte es auf den Tisch.
»Hier ist eine Fotokopie des Testaments, das Karl Hoffer vorhin erwähnte. Sie fiel mir erst heute nachmittag in die Hände.« Ich fragte mich, wie viele der Männer ihm das wohl glauben wollten. »Das Dokument ist in englisch abgefaßt, aber einige von euch verstehen genug von dieser Sprache, um sich davon zu überzeugen, daß Hoffer die Hauptversammlung angelogen hat. Seine Frau hat ihm nichts hinterlassen. Es gab keine Geschäftsbeteiligungen in Amerika, die er flüssigmachen konnte, um seine Schuld uns gegenüber zu begleichen.« Er sah Hoffer an. »Oder willst du das abstreiten?«
»Geh zum Teufel!« schrie Hoffer.
Großvater fuhr fort: »Seine einzige Hoffnung bestand darin, das Mädchen zu ermorden, aber Lentini hinterging ihn. Also versuchte er es mit diesem Burke, aber sie brauchten jemanden, der sich im Land auskannte, der die Sprache verstand. Deshalb brachte Burke meinen Enkel mit. Mein Enkel war guten Glaubens – bis zu dem Augenblick, wo er zusammen mit Serafino und dem Mädchen kaltblütig niedergeschossen wurde. Er glaubte, daß er auf den Berg gekommen war, um das Mädchen zu retten – genau wie ich es glaubte, bis ich dieses Testament las und seine Geschichte hörte. Durch die Gnade Gottes und die Unfähigkeit dieses Burke konnte er sein Leben retten und brachte es sogar fertig, das Mächen nach Bellona zu schaffen.«
Dazu hatte Hoffer nichts zu sagen. Es hätte ihm auch angesichts der Männer, die mit harten Gesichtern um den Tisch herumstanden, nicht das geringste genützt. Er wehrte sich auf die einzige Art und Weise, die seine verrohte Natur zuließ: Er versuchte zu verletzen.
»Nun gut, Barbaccia, du hast gewonnen. Aber du sollst wissen, daß ich die Bombe in deinen Wagen praktiziert habe, an der deine Tochter gestorben ist. Ich mit meinen eigenen Händen.«
Er spuckte Großvater ins Gesicht. Marco trat blitzschnell vor, aber Großvater drückte ihm die flache Hand vor die Brust. »Nein, Marco, laß das. Er ist ohnehin schon ein toter Mann.« Er wischte sich das Gesicht mit einem Taschentuch ab und ließ es dann zu Boden fallen. »Hält sich dieser Burke in deiner Villa auf?«
Hoffer, der Burke vermutlich mehr Schuld an seinem Sturz gab als sich selbst, nickte.
»Gut, und jetzt raus mit dir. Sobald du das Tor hinter dir hast, bist du vogelfrei.«
Hoffer fuhr herum und rannte auf die Fenstertüren zu. Er überquerte gerade die Terrasse, da hatte ich ihn eingeholt. Aber als ich ihn packte und herumdrehte, hielt Marco mich bereits am Arm fest,
und mein Großvater stand dicht hinter mir. Für einen Mann seines Alters bewegte er sich noch erstaunlich schnell.
»Nein, Stacey, nicht hier. Hier bei der Hauptversammlung ist er unverletzlich. Das ist ein Gesetz. Wenn du es brichst, stirbst du auch.«
»Zum Teufel mit euren verdammten Gesetzen!« sagte ich. Da versetzte er mir eine Ohrfeige.
Ich taumelte zurück. Hoffer lachte schrill. »Sehr gut, das gefällt mir. Genauso habe ich's gestern abend mit Rosa Solazzo gemacht, Wyatt. Nur ein bißchen kräftiger. Haben Sie eigentlich gewußt, daß Rosa Sie warnen wollte? Ich weiß nicht, was Sie mit ihr angestellt haben, aber das dumme Luder schien Sie zu mögen.«
Ich wollte mich wieder auf ihn stürzen, aber Marco und zwei von den anderen hielten mich fest.
»Wollen Sie wissen, was ich mit ihr gemacht habe?« Er lachte wieder. »Ich habe sie Ciccio geschenkt. Er war ohnehin schon immer scharf auf sie. Ein richtiger Bulle, dieser Kerl. Sicher hat er alle bekannten Variationen und noch ein paar eigene an ihr ausprobiert.«
Er wollte mich bewußt verletzen, und das gelang ihm auch. Ich rief ihm jedes Schimpfwort zu, das mir einfiel, und sie hielten mich fest, bis er den Garten durchquert und den Mercedes vor dem Tor erreicht hatte.
Erst als er den Wagen anließ und davonfuhr, befahl Großvater, mich loszulassen.
Ich machte kehrt, schob mich zwischen den Männern hindurch und ging zurück in mein Zimmer.
Da stand ich nun im Dunkeln, meine Schulter schmerzte, der Schweiß durchnäßte mein Hemd, und ich mußte an Rosa
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