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Nacht ohne Erbarmen

Nacht ohne Erbarmen

Titel: Nacht ohne Erbarmen
Autoren: Jack Higgins
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denken. Arme Rosa. Sie hatte also doch beschlossen, sich nicht mehr zu fürchten, nur ein wenig zu spät eben. Mir fiel wieder ein, was Hoffer über Ciccio gesagt hatte. Der Gedanke an das, was dieser Schweinehund mit ihr angestellt hatte, war zuviel für mich. In dieser ganzen stinkenden Angelegenheit war mir nur ein einziger Funke Anstand begegnet: der vergebliche Versuch des Mädchens, mich zu retten.
      Ich lief durch die Fenstertür hinaus, durchquerte den Garten und erreichte im Laufschritt den Hof hinter dem Haus.
      In der Garage standen drei Wagen, zwischen denen ich wählen konnte. Aber ich nahm Marcos roten Alfa, haupt sächlich wegen der automatischen Schaltung, die mir das Fahren mit einer Hand erleichterte. Außerdem steckten noch die Schlüssel.
      In dem Augenblick, wo ich um das Haus herumfuhr, mußten sie mich wohl gehört haben. Der Torwächter stand vor seiner Bude und erkannte mich sofort. Den Bruchteil einer Sekunde später glitt das Tor auf, zu spät für Marco, der den Fahrweg heruntergerannt kam und noch zehn Schritte entfernt war, als der Alfa in die Nacht hinausschoß.
      Etwa drei Meilen außerhalb von Palermo sah ich Flammen hochschlagen, und mehrere Fahrzeuge versperrten die Straße. Ich bremste und reihte mich in die langsam dahinkriechende Schlange ein, die von einem Verkehrspolizisten über die linke Fahrbahn umgeleitet wurde.
      Benzin floß über die Fahrbahn und brannte lichterloh. Ein Stück dahinter stand der Mercedes in hellen Flammen. Er mußte frontal gegen die Betonmauer geprallt sein.
      Ich beugte mich aus dem Fenster, als ich mich dem Polizeibeamten näherte. »Was ist mit dem Fahrer?«
      »Was glauben Sie wohl?«
      Er winkte mich weiter. Ich fuhr in die Nacht hinein. Das also war Mafia-Justiz? Sie hatten rasch und unerbittlich zugeschlagen. Und Großvater hatte damit seine Rache. Aber alles übrige war meine Sache – meine Vendetta.
      Nichts auf dieser Welt sollte mich darum betrügen.

    17

    Ich hatte völlig vergessen, daß in Palermo immer noch die Karwoche gefeiert wurde. Ganze Familien verstopften die Straßen in der Stadt. Alle schienen fröhlich zu sein, und niemand nahm Notiz davon, als ein Schauer niederging.
      Die Stadtverwaltung brannte gerade ihr Feuerwerk ab, als ich in die Via Vittorio Emanuele einbog und auf die Kathedrale zufuhr. Gigantische Blumen blühten am Nachthimmel auf, und ringsherum erlebte ich diese seltsame Mischung aus Karneval und Frömmigkeit, die für Sizilien so typisch ist.
      Es begegneten mir wenig Fahrzeuge, weil alle Menschen in dieser Nacht zu Fuß unterwegs waren. Trotzdem kam ich nur langsam voran, weil die Menschenmassen auch die Fahrbahnen überschwemmten.
      Ich schwitzte wieder und bemerkte erneut, daß mir noch genauso schwindelig war wie zuvor. Vielleicht lag es an den Medikamenten, vielleicht aber auch daran, daß ich dem Ende meiner Kräfte gefährlich nahegekommen war. Jedenfalls kam ich mir vor wie ein unbeteiligter Zuschauer, den das alles ringsum nichts anging. Es war ein höllisches Schauspiel, dem wohl nur ein Dante gerecht geworden wäre. Der Lärm des Feuerwerks, die Vielfalt explodierender Farben, die Stimmen der Menge und dahinter die Büßer in Sack und Asche, barfuß im Regen; drei von ihnen führten unter der schweren Last eines gewaltigen Kreuzes eine Prozession an, und über den lodernden Fackeln schwebte die Heilige Jungfrau in der Dunkelheit dahin.
      Der Gesang schwoll an, bis er wie das Rauschen von Brandung meinen Kopf füllte. Über der Menge wurden Peitschen geschwungen, und laut knallend fuhren sie symbolisch auf die Sünder herab. Der Geruch nach Weihrauch und heißem Kerzenwachs setzte mir so zu, daß ich ihn fast nicht mehr ertragen konnte. Dann war der Schluß der Prozession vorüber, die Menge teilte sich, und ich fuhr weiter.
      Ich kurbelte das Fenster herunter, atmete tief die frische, feuchte Luft ein und überlegte mir, welche Situation ich wohl in der Villa antreffen würde.
      Zunächst hatte ich es mit dem Torwächter und seinem Karabiner zu tun. Einen anderen Weg gab es nicht, es sei denn, ich kletterte über die fünf Meter hohe Betonmauer. Mit nur einem brauchbaren Arm war das ein ziemlich aussichtsloses Unternehmen.
      In der Villa selbst erwarteten mich zwei Hausdiener. Die konnte ich zunächst außer acht lassen, ebenso das Küchen personal. Blieben noch Ciccio, Pete Jaeger und Burke.
      Was ich ihnen entgegenzusetzen hatte, waren ein gesunder
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