Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nacht ohne Erbarmen

Nacht ohne Erbarmen

Titel: Nacht ohne Erbarmen
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
sich. Ich war nicht der Mann, den Burke aus mir gemacht hatte, der gedungene Mörder, der sich als Soldat ausgab. Und ich war auch nicht das, was mein Großvater in mir sah. Beide Gestalten wünschte ich zum Teufel.
      Aber wer war ich dann? Ich war sehenden Auges in die Berge gegangen, obgleich ich wußte, daß die Lage nicht so war, wie sie erschien. Ich war mit dem vagen Vorsatz ge gangen, Burke mit seinen eigenen Waffen zu schlagen, welcher Art sie auch immer sein mochten. Ich hatte das Spiel verloren, aber er auch. Nun mußte ich ihn in einer Auseinandersetzung schlagen, deren Spielregeln er festgesetzt hatte. Ich mußte ihn bezwingen, wenn ich jemals wieder frei sein wollte. Und wenn dieser Zusammenstoß noch so blutig verlaufen sollte, wenn der Gedanke daran noch so grausam war, ich konnte nicht ausweichen. Ich hatte schon zu lange in seinem Schatten gestanden.
      Eine wilde Wut packte mich. Dann, als ich um die letzte Ecke bog und Hoffers Villa noch dreihundert Meter entfernt hell erleuchtet am Ende der Straße vor mir aufragen sah, ergriff eine Art Wahnsinn Besitz von mir.
      Ich trat entschlossen aufs Gas. Der Alfa machte einen gewaltigen Satz vorwärts, und der Motor heulte auf wie ein wilder Wolf.
      Der Wächter sah mich kommen, aber als er endlich meine Absicht durchschaute, konnte er nichts mehr dagegen unter nehmen. Er wollte erst seinen Karabiner von der Schulter nehmen, überlegte es sich aber anders und brachte sich mit einem gewaltigen Satz in Sicherheit, während der Alfa die mächtigen halbgeöffneten Bronzetore aus den Angeln riß und den Fahrweg hinaufheulte.
      Was dann geschah, ist größtenteils dem Kriegsglück zuzuschreiben, jenen Launen Fortunas, die über Sieg oder Niederlage entscheiden. Eine Lambretta kam langsam um die Kurve des Fahrwegs. Sie war anscheinend gerade erst angefahren. Ich bremste instinktiv und riß das Steuerrad mit meiner gesunden Hand zur Seite. In einer ganzen Woge von Kies rutschte ich breitseits in die Hecke.
      Auch die Lambretta rutschte davon, als der Fahrer verzweifelt bremste. Sie drehte sich um die eigene Achse, bis das Vorderrad wieder in dieselbe Richtung zeigte, aus der sie gekommen war. Es war einer der Hausdiener. Er hatte seinen Ausgehanzug angelegt und wollte offenbar den freien Abend in
    der Stadt verbringen.
      Als ich aus dem Wagen stürzte, die Waffe schußbereit in der Linken, sah ich für einen kurzen Augenblick sein vor Schreck schneeweißes Gesicht. Dann gab er Gas und verschwand in Richtung auf die Villa.
      Ich hätte ihn ohne Mühe erwischen können, aber das hier betraf nicht ihn. Deshalb ließ ich ihn laufen, obgleich das bedeutete, daß er nun das Haus alarmieren würde. Auch Burke und Jaeger wußten dann Bescheid, wer da war. Vielleicht wollte ich sogar, daß sie vorbereitet wurden.
      Ich hatte keine Zeit mehr, darüber nachzudenken. Einige Geschosse schlugen in den Alfa. Der Torwächter kam ange rannt, und ich hechtete in die nächstbeste Deckung.
      Mein Arm schmerzte höllisch, aber gerade diese Schmerzen ließen mich hellwach werden. Ich wurde wieder lebendig. Es regnete jetzt stärker. Ich hockte abwartend im Gebüsch, wie ich schon so oft an anderen Stellen gelegen und gewartet hatte, in anderen Dschungeln. Ich spitzte die Ohren und wartete auf ein leises Rascheln, das Knacken eines Zweiges.
      Irgendeine seltsame Gedankenverbindung erinnerte mich wieder an unseren Einsatz in Lagona. Damals waren wir mit Fallschirmen abgesprungen und hatten die Nonnen aus ihrer belagerten Missionsstation geholt. Damals war es schlimm gewesen. Die Regenzeit hatte gerade eingesetzt, und wir mußten uns die ganze Strecke durch dichten Busch hindurch arbeiten. Und dann fiel mir plötzlich ein, daß Burke zunächst mit einem bewaffneten Konvoi hinfahren wollte. Ich hatte ihm den Absprung vorgeschlagen, aber er war dagegen, weil wir dann für den Rückweg keine Fahrzeuge zur Verfügung hatten. Aber ich hatte ihm klargemacht, daß wir dann dafür auf dem Rückweg das Überraschungsmoment auf unserer Seite haben würden, weil wir uns durch ihre Reihen hindurchkämpfen konnten, bevor sie recht wußten, daß wir überhaupt dagewesen waren.
      Am Ende hatte er zugestimmt, wie er es immer tat. Später, bei der Besprechung, hatte er den Absprung als seine eigene Idee hingestellt. Wie oft war das geschehen? Wie oft während unseres ganzen Zusammenseins bis zur Nacht in der Cammarata?
      Jahrelang hatte diese Tatsache vor meiner Nase
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher