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Nacht ohne Erbarmen

Nacht ohne Erbarmen

Titel: Nacht ohne Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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fest. Ich ließ dabei keinen Blick von Ciccio.
      »Nein, ich bin nicht tot«, sagte ich. »Aber Hoffer ist tot. Mafia-Justiz.«
      »Gott sei Dank!« rief sie hart. »Ich wollte dich warnen, Stacey, gestern Nacht, als ich aus deinem Zimmer ging. Ich wollte noch einmal wiederkommen. Du hattest recht: Ich fürchtete mich. Ich hatte aus vielerlei Gründen Angst, aber Hoffer wurde mißtrauisch. Er hat mich zuerst geschlagen und mich dann diesem – diesem Tier hier überlassen.«
      Ciccio trat zurück. Ich nahm sie und führte sie durch das Halbdunkel hinaus auf den Treppenabsatz, wo es etwas heller war. Die Verletzungen in ihrem Gesicht sahen schlimmer aus, als ich zuerst gedacht hatte. In mir breitete sich ein heißes
    Feuer aus. »Er hat dich mißbraucht?«
      Sie versuchte mir gar nicht erst auszuweichen. Sie warf den Kopf zurück – sie hatte ihren Stolz noch nicht eingebüßt. »Er trägt auch meine Male am Körper.«
      Ich drehte mich um. Als Ciccio mein Gesicht erblickte, zog er sich noch weiter zurück, die Hand immer noch auf die Wunde gepreßt.
      »Bitte, Signor.« Er versuchte ein falsches, plump vertrauliches Lächeln. »Dieses Weib ist doch eine Hure aus den übelsten Straßen von Palermo. Es weiß doch jeder, was sie war, bevor Signor Hoffer sie zu sich geholt hat.«
      Er lächelte unterwürfig, den Rücken der Treppe zugekehrt. Die Wut flackerte in mir hoch wie flüssige Lava. »Das findest du lustig? Du magst einen guten Witz, wie? Dann lach mal über den!«
      Ich versetzte ihm mit aller Kraft einen Tritt. Er flog rücklings die Treppe hinunter. Unten blieb er eine Weile liegen, dann raffte er sich, so unglaublich das klingt, auf und humpelte eilig davon. Anscheinend hatte er sich beim Sturz den rechten Arm gebrochen, denn er baumelte kraftlos an seiner Seite.
      Ich wandte mich Rosa zu. »Sag mir nur Bescheid, falls du dich irgendwann einmal deiner Vergangenheit schämen solltest. Ich werde dir dann ein paar ausgewählte Episoden aus meinem eigenen Leben erzählen, und im Vergleich dazu wirst du dir rein wie eine Vestalin vorkommen. Ich laß' dich jetzt allein. Oben auf dem Dach wartet Burke auf mich.«
      »Nein Stacey, sie sind zu zweit. Sie werden dich um bringen.«
      »Das glaub' ich nicht. Andererseits ist in diesem Leben natürlich jedes Ding möglich.« Ich zog meine Brieftasche heraus und gab sie ihr. »Wenn etwas schiefgehen sollte, wird dir das, was du da drin findest, vorerst ganz gut weiterhelfen. Jetzt zieh dich an und warte dann unten in einem der Wagen
    auf mich.«
      Ich drehte mich schon um, da umfaßte sie mich, drückte sich an mich, küßte mich aber nicht. Sie sprach kein Wort, aber ihre Miene drückte mehr aus, als viele Worte es vermocht hätten. Ich machte mich behutsam von ihr los. Sie versuchte nicht, mich zurückzuhalten.

    18

    Die Tür am oberen Ende der Treppe stand offen. Der Garten war jetzt wieder hell erleuchtet. Er lag duftend, voller Wunder und Schönheit vor mir.
      Ich blieb neben der Tür stehen und überdachte die Situation. Dann ging ich den Flur entlang, probierte eine andere Tür und stand in einer Art Studio.
      Das Zimmer war unbeleuchtet, aber die unvermeidliche Glastür auf der anderen Seite war geöffnet.
      Ich stand im Dunkeln da, bar jeder Gefühlsregung, plötzlich sehr müde, eingefangen von einer seltsamen Gleichgültigkeit. Eine innere Stimme sagte mir, daß es doch keine Rolle spielte, was nun geschah – alles war jetzt egal. Wir hatten unseren vorbestimmten Weg eingeschlagen, Burke und ich. Keiner konnte mehr zurück.
      Mit raschen Schritten sprang ich die Stufen zum Dachgarten hinauf.
      Klar und deutlich kam seine Stimme: »Hier bin ich, Stacey. Ich weiß, wo du steckst.«
      »Nur du und ich, Sean?« rief ich zurück. »Sonst niemand?«
      »Genau wie es immer war, Stacey!« Je deutlicher sein irischer Akzent wurde, um so weniger traute ich ihm. »Pete ist nicht hier. Er ist mit unserem Gepäck zum Flugplatz voraus gefahren. Wir hauen noch heute nacht ab.«
      Das war eine Lüge. Es mußte eine Lüge sein, denn was Hoffer ihm auch außer der Reihe bezahlt haben mochte, in dem Banksafe in Palermo lag die Anweisung über fünfzigtausend Dollar. Da heute Sonntag war, konnte er sie unmöglich nach seiner Rückkehr abgeholt haben. Nie würde er das Geld im Stich lassen.
      Aber der seltsame Fatalismus, der mich gepackt hatte, veranlaßte mich, auf sein Spiel einzugehen. Ich trat hinaus auf den

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