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Nacht ohne Schatten

Nacht ohne Schatten

Titel: Nacht ohne Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Klönne
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und perfekt ist und deshalb kalt wirkt, auch wenn im Kamin ein Feuer knistert.
    Die elfenhafte Schönheit, die Nolden am Vorabend in Thea Markus’ Atelier im Arm hielt, schmiegt sich in einen Sessel vor dem Kamin, eine weiße Wolldecke über den Knien.
    Â»Meine Frau, Marlene, ihr ist heute nicht ganz wohl«, sagt Nolden und in einem Atemzug: »Bleib doch ruhig sitzen, Liebes.«
    Die Schönheit erhebt sich dennoch, wenn auch längst nicht so anmutig wie in der Nacht zuvor.
    Â»Sie haben doch dieses Bild gekauft.« Ihre Stimme ist leise, perfekt moduliert, ohne jegliche dialektale Färbung.
    Â»Setzen Sie sich doch bitte wieder.«
    Â»Möchten Sie einen Cognac oder einen Martini? Oder ein Wasser?« Alexander Nolden deutet einladend auf eine Flaschenbatterie in der Regalwand.
    Â»Danke, nein.« Judith nimmt auf einem beigen Ledersofa Platz, den Noldens gegenüber. Die Gemälde an den Wänden sind allesamt Originale und sicher teuer, jedoch von der Sorte, die Judith immer ratlos macht. »Die Ateliers der Künstlerinnen Thea Markus und Nanette Dannen, genannt Nada, sind in der letzten Nacht ausgebrannt.«
    Â»Um Himmels willen, Nadas Atelier?« Alexander Noldens Bestürzung wirkt echt.
    Â»Haben Sie das denn nicht im Radio gehört?«, fragt Judith trotzdem.
    Â»Ich war den ganzen Tag in Meetings, bin erst vor einer Viertelstunde heimgekommen. Wusstest du davon, Liebling?«
    Die elfenhafte Schönheit zuckt zusammen, als sei sie mit ihren Gedanken ganz woanders gewesen. »Nein, tut mir leid, Alex, ich habe heute kein Radio gehört.«
    Â»Nada hat Sie dafür gewonnen, die Kunstateliers in der Fabrik zu fördern, ist das richtig?«
    Nolden nickt. »Ich schätze junge Kunst, und ihr Konzept war sehr überzeugend.«
    Â»Nur ihr Konzept?«
    Â»Sie selbst sowieso, ihre Performances. Ich habe Ihnen ja schon gestern gestanden, dass ich sie verehre.«
    Â»Wann hatten Sie das letzte Mal Kontakt zu Nada?«
    Â»Ich weiß nicht genau, ungefähr vor zehn Tagen?« Noldens Blick sucht den seiner Frau. Sie nickt bestätigend, eine sanfte, anmutige Bewegung. »Das Atelier ist vollständig zerstört?« Nolden beugt sich vor, ergreift sein Cognacglas, beginnt es routiniert zu schwenken.
    Â»Ja«, sagt Judith.
    Â»Wie hat Nada diesen schrecklichen Verlust aufgenommen?« Nolden fixiert die goldene Flüssigkeit in seinem Glas, als erwarte er darin die Antwort zu lesen.
    Â»Wir konnten Nada noch nicht benachrichtigen, weil sie seit einer Woche unauffindbar ist«, sagt Judith. »Leider besteht Grund zu der Annahme, dass sie tot ist. Ermordet.«
    Â»Tot!« Marlene Nolden hat das Wort nur geflüstert, es hallt dennoch nach. »Wie entsetzlich.« Ihre Hand krampft sich um den Zipfel ihrer Wolldecke.
    Alexander Nolden stellt seinen Cognacschwenker auf den gläsernen Couchtisch. Hart. Seine Frau zuckt zusammen. Er beugt sich zu ihr, ergreift ihre Hand. »Beruhige dich, Marlene, das ist ja noch keineswegs sicher, oder?«
    Die Frage ist an Judith gerichtet. Noldens Augen sind schokoladenbraun wie Millstätts. Prüfend. Intelligent.
    Â»Wo waren Sie in der letzten Nacht, wann haben Sie die Gala verlassen?«
    Irgendetwas irritiert Judith, vielleicht die dezente und geradedeshalb so aufdringliche Inszenierung von Reichtum und Harmonie.
    Â»Wir haben die Gala kurz nach Ihnen verlassen und sind dann gleich zu Bett gegangen.«
    Marlene Nolden nickt, nein, eigentlich ist es kein richtiges Nicken, eher senkt sie den Kopf wie eine gnädige Königin.
    Â»Und in der Nacht zum 7 . Januar?«
    Â»Verdächtigen Sie uns?« Nolden sieht Judith in die Augen.
    Â»Antworten Sie bitte einfach.«
    Â»Der 6 . Januar, was war das für ein Wochentag?«
    Â»Freitag.«
    Â»Waren wir da im Theater, Liebling?«
    Â»Nein, das war in der Woche zuvor.«
    Â»Richtig, ich arbeite zu viel.« Alexander Nolden lächelt. »Wir waren hier, zu zweit, sind früh zu Bett gegangen.«
    Marlene Nolden neigt zustimmend ihren Kopf.
    Â»Und am darauffolgenden Abend?«
    Â»Ebenfalls.« Erneut schaut Alexander Nolden Judith ins Gesicht. »Ich fürchte, unser Lebenswandel ist sehr langweilig.«
    Marlene Nolden steht auf, nein, eher ist es so, als stemme sie sich aus ihrem Sessel, trotzdem wirkt sie noch elegant dabei. »Brauchen Sie mich noch? Ich bin sehr müde.« Langsam, sehr aufrecht, schreitet

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