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Nacht ohne Schatten

Nacht ohne Schatten

Titel: Nacht ohne Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Klönne
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ihr.
    Er muss eingedöst sein, vermag nicht zu sagen, wie viel Zeitvergangen ist, als sie sich aus seiner Umarmung zu lösen beginnt.
    Â»Ich muss mal«, sagt sie. »Und ich sterbe vor Hunger.«
    Â»Ich auch.« Er greift nach ihr, zieht sie wieder neben sich, grinst. Ihre Haut ist Sahne, hell, perfekt. Das lange, glatte Haar schimmert rötlich blond, wie ihre Scham. Gut, dass sie sich nicht rasiert, er mag es lieber so, wird ihm bewusst. Er hat sich nie vorstellen können, eine Rothaarige zu begehren, jetzt weiß er, dass das ein blödsinniger Fehler war, den er zum Glück, ohne auch nur drüber nachzudenken, korrigiert hat, weil er Sonja im Schummerlicht der Kneipe, in der er sie anbaggerte, für blond gehalten hat.
    Sie windet sich. Er gibt nach, lässt sie los. Ein Hauch des Orangenöls aus dem Massagesalon, den sie mit einer Freundin betreibt, kitzelt ihn in der Nase, und augenblicklich wird er wieder geil. Ganz flüchtig denkt er an Makowski und die Pornos, drängt diese Bilder sofort wieder beiseite, drängt alles beiseite, was nicht in diese Wohnung gehört. Sonjas Brüste wippen, als sie die Leiter des Hochbetts runterklettert. Manni stützt sich auf den Ellbogen, verfolgt sie mit seinen Blicken. Sie bewegt sich anmutig, kein bisschen verklemmt, eine nackte Königin. Er macht keine Anstalten, seine erneut wachsende Erektion unter der Decke zu verbergen, als sie aus dem Badezimmer kommt und zu ihm aufsieht. Wieder lächelt sie dieses wissende Lächeln, das ihn wahnsinnig macht.
    Â»Ein verlockendes Angebot«, sagt sie. »Aber tatsächlich brauch ich jetzt erst mal was zu essen.«
    In der Küche ist es so warm, dass Manni nur seine Boxershorts anzieht, und die Hitze steigert sich noch, als Sonja Herdplatte und Backofen einschaltet und weitere Kerzen entzündet. Erst mal, denkt er, sie hat erst mal gesagt, und merkt, wie es in seinen Lenden prickelt, aber gleichzeitig meldet sich auch sein Magen, die lauwarme Pizza vom Mittag ist ewig lang her.
    Â»Mach mal auf«, sagt Sonja und reicht ihm eine Flasche Weißwein aus dem Kühlschrank.
    Sein Handy steckt immer noch ruhiggestellt in dem Klamottenberg. Es wird schon nichts passieren, denkt er. Auch ein Kriminaloberkommissar hat ein Recht auf Feierabend. Und selbst wenn ich die ganze Nacht nichts anderes tu als vögeln, werd ich den Tag morgen überstehen. Sonja hat ein violettes, knielanges T-Shirt übergezogen und die Haare zu einem Knoten hochgebunden. Er ist nicht ganz sicher, ob sie irgendwas drunter trägt, versucht das zu ergründen, während er die Bewegungen verfolgt, mit denen sie im Suppentopf rührt, Teller, Gläser, Besteck und allerlei Schälchen mit geheimnisvollem Inhalt auf dem Küchentisch zurechtrückt, einen duftenden Brotfladen in den Ofen schiebt. Regen prasselt an die Balkontür. Manni streckt die Beine aus, prostet Sonja zu. Er trinkt eigentlich nie Wein, macht sich nichts daraus, aber jetzt ist es das perfekte Getränk. Blöd, dass er nach dem Training nicht mehr dran gedacht hat, ihr eine Flasche mitzubringen.
    Sonja nimmt das Brot aus dem Ofen, füllt zwei Schalen mit einer bräunlich-gelben Pampe, streut etwas Grünes, klein Gehacktes darüber und mustert das Resultat sehr zufrieden.
    Misstrauisch beäugt Manni die Schüssel. Dass Schönheit, guter Sex und Kochkünste einander nicht notwendigerweise bedingen, hat er schon öfter festgestellt.
    Â»Dal«, erklärt Sonja munter. »Eine indische Suppe aus roten Linsen, Ingwer und Knoblauch.«
    Â»Aha.«
    Â»Ich hab frischen Koriander drübergestreut.« Sie deutet mit ihrem Löffel auf das Grünzeug. »Eigentlich wollte ich noch einen Dip draus mixen, aber auf den letzten Drücker kam noch total unangemeldet ein Stammkunde, den ich nicht wieder wegschicken konnte.« Sie schiebt sich einen Löffel Pampe in den Mund, bricht ein Stück Brot ab, zeigt damit auf die Schüsseln. »Also gibt es Fertigchutneys. Vorsichtig, das dunkelbraune da ist scharf.«
    Â»Ich glaub, ich hab noch nie indisch gegessen.« Wenig zuversichtlich stippt Manni den Löffel in seine Schüssel. Ich habdir Sauerbraten aufgehoben, hat seine Mutter vorhin gesagt. Klöße mach ich dir frisch. Rotkohl ist noch da. Man kann nicht alles haben, denkt Manni und ist überrascht, dass die Pampe deutlich genießbarer ist, als ihr Erscheinungsbild es vermuten lässt.

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