Nacht ohne Schatten
Komamädchen zu entdecken, gen null tendiert, da die Werbebilder nicht gerade aus Porträtfotografie bestehen. Nach einer halben Stunde wechselt er die Strategie, googelt nun gezielt nach russischen Prostituierten und kann so immerhin ein paar Handynummern und die Anschriften mehrerer Schmuddelbordelle, zweier Exklusivstudios sowie ein paar Handynummern sogenannter Hobbyhuren und Eskortdamen notieren.
Am aussichtsreichsten für sein Anliegen erscheinen ihm schlieÃlich die Diskussionsforen, in denen Freier sich der Illusion hingeben, dass die Nutte ihrer Wahl sie lieb hat, Bordelle und Prostituierte bewerten, nach ihrer aus heiterem Himmel unbekannt verzogenen Lieblingshure fahnden und natürlich ausführlich mit ihrer Standfestigkeit prahlen. Manni meldet sich als Hardy L. an und klickt sich durch diverse Ergüsse. »Sie heiÃt Olga, und ich habâs ihr anal bis zum Anschlag gegeben«, weià der Teilnehmer Fickhengst zu berichten. »Sie mag es, wenn man sie dabei würgt.« â »Sie hatte schmerzen was einfach geil ist wenn man das im gesicht der nutte sieht«, kontert Hammerpiet über den Besuch bei einer Marina. »Hab ihr aus mitleid gesagt sie soll mit dem mund zu ende machen. Hab ihren kopf runtergedrückt und versucht ihr das ding ganz tief in den rachen zu stecken und sie fing an zu würgen und die ersten tränen liefen ihr runter, aber sie hat nicht aufgehört, bis ich gekommen bin. Negativ war, dass sie so auf die zeit gedrückt hat und sicher viel älter als 20 war, aber für 30 euro war es okay.«
30 Euro. Vor zwölf Jahren, als Manni noch Streife fuhr, gab es solche Foren nicht, die Freier genossen schweigend, und das, denkt Manni grimmig, war auch besser so. Auch als Manni bei der Essener Sitte anfing, steckte das Internet noch in den Kinderschuhen. Wer interessiert war, ging in die bekannten Rotlichtviertel, kaufte einschlägige Magazine oder wählte auf gut Glück eine der Telefonnummern der sogenannten Models,
die in den Tageszeitungen inserierten. Ende der Neunziger wurde dann das Internet richtig groÃ, zugänglich und verfügbar für alle, und das Erotikgeschäft veränderte sich. Manni notiert die Adressen, unter denen die beiden russischen Prostituierten laut Auskunft von Fickhengst und Hammerpiet zu finden sind. Vielleicht noch zu finden sind, denn es ist ebenso gut möglich, dass ihre Zuhälter sie schon längst in eine andere Stadt verschickt haben, oder ausgemustert und durch Frischfleisch ersetzt, denn moderne Prostitution ist ein straff und international organisiertes Rotationsgeschäft.
Manni lehnt sich einen Moment zurück und trinkt den Rest seiner Cola, die inzwischen warm und abgestanden ist. Vielleicht hat Diddl Makowski ja recht, und die einzige Chance, die sie haben, ist tatsächlich die, über Zuhälter und Kontaktmänner zu gehen. Doch der gestrige Nachmittag hat Manni gezeigt, dass der Sitte-Kollege zwar gern den Ton angibt, sich aber, was seine Milieukontakte angeht, nicht in die Karten gucken lässt. AuÃerdem halten die Luden bekanntlich zusammen. Klar, natürlich, vielleicht haben sie Glück, und ein Zuhälter verpfeift einen unliebsamen Konkurrenten. Doch sehr wahrscheinlich ist das nicht, und so schlecht stehen die Chancen, dass die eine oder andere russische Prostituierte etwas Ermittlungsrelevantes zu sagen weiÃ, nun auch wieder nicht.
»Ich steh auf junge naturgeile Russinnen, wo finde ich die?«, tippt Manni also in das Freierforum und gibt als Kontakt die extra für sein Alter Ego Hardy L. eingerichtete E-Mail-Adresse an. Er denkt an das Komamädchen, während er ins nächste Forum springt und die Prozedur wiederholt. Denkt an die Schläuche und die Maschinen, die ihre einzige Verbindung zum Leben sind. Sie hat mehr verdient, viel mehr, eine zweite Chance. Zum Schluss meldet Mannis Alter Ego Hardy L. sich noch für ein Gangbang an, ein als »Massenbesamungs-Vergnügen« inseriertes Event, bei dem »eine total fickgeile Dreilochstute absolut tabulos alles mit sich machen lässt und es mit so vielen Männern wie möglich treibt«, auch wenn er wirklichkeinen blassen Schimmer hat, wie er vorgehen wird, wenn er die Einladung erhält.
Aber das kann er dann entscheiden, jetzt steht erst einmal eine weitere Runde Laufarbeit an. Manni loggt sich aus und löscht im Webbrowser den Verlauf seiner Recherchen, bevor er bezahlt und
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