Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
besprechen.«
»Das glaube ich nicht.«
»Willst du, dass ich zu dir ins Büro komme? Oder raus zu deinem Haus? Ich mach das, wenn es nicht anders geht.«
Ich verließ die Dienststelle und fuhr von New Iberia aus nach Süden, zu meinem Haus. Ich versuchte mich auf den Verkehr zu konzentrieren, auf den roten Himmel im Westen, die Reiher, die auf dem Rücken der in den Feldern weidenden Rinder hockten, die Zuckerrohrwagen, die zur Raffinerie unterwegs waren. Ich denke nicht daran, mich Karyn LaRoses Willen zu unterwerfen, sagte ich mir. Ich schuldete ihr nichts. Dessen war ich mir sicher.
Ich redete mir immer noch ein, dass ich die Vergangenheit abgeschüttelt hätte, als ich regelwidrig mitten auf der Straße umkehrte und zur LaRose-Plantage fuhr.
Sie trug ein gelbes Sommerkleid, hatte die platinblonden Haare hochgesteckt und eine Goldkette mit einer viktorianischen Saphirbrosche um den Hals hängen.
»Wieso hast du hinter dem Haus geparkt?«, fragte sie, als sie die Tür öffnete.
»Ich hab mir nichts dabei gedacht«, sagte ich.
»Bestimmt.«
»Sag schon, worum es geht, Karyn. Ich muss nach Hause.«
Sie warf mir einen amüsierten Blick zu, drehte sich um und ging wortlos davon. Als ich mich nicht augenblicklich anschloss, blieb sie stehen und schaute sich nach mir um. Ich folgte ihr durch die Küche, durch ein Herrenzimmer voller Bücher, verglaster Waffenschränke und weicher Ledersessel, einen mit dunklen Zypressenholzdielen belegten Flur, an dessen Wänden Ölgemälde von Bufords Vorfahren hingen, bis wir in ein Wohnzimmer mit hohen, bis zur Decke reichenden Fenstern und einer breiten, zweiflügligen Glastür kamen.
Sie zog die Samtvorhänge an den vorderen Fenstern zu.
»Ein bisschen dunkel, nicht?«, sagte ich. Ich stand am Kamin, neben einem lichtdurchfluteten Fenster, durch das man ein abgeerntetes Zuckerrohrfeld und eine verkümmerte Eiche sehen konnte, die wie eine gekrümmte Hand mit gebrochenen Fingern zum Himmel aufragte.
»Um diese Tageszeit blendet es von der Straße aus ganz furchtbar«, sagte sie. Sie ging zu einer kleinen, in die Wand eingelassenen Bar, gab Eis und Soda in zwei Gläser und entkorkte eine Flasche Scotch, auf der ein schweres rotes Wachssiegel prangte.
»Danke, ich möchte nichts«, sagte ich.
»In deinem ist kein Whisky.«
»Ich habe gesagt, ich möchte nichts.«
Irgendwo in einem anderen Zimmer klingelte das Telefon.
»Gottverdammt«, sagte sie, stellte ihr Glas ab und ging ins Schlafzimmer.
Ich schaute auf meine Uhr. Ich war bereits zehn Minuten hier und hatte noch nichts erreicht. Auf dem Kaminsims stand ein Foto von einem Piloten des US Army Air Corps, der in der zersplitterten Plexiglasschnauze einer Fliegenden Festung saß. Das Foto mußte in großer Höhe aufgenommen worden sein, denn der Pelzkragen seiner Jacke war voller Raureif und sah aus wie eine breite gläserne Halskette. Sein Gesicht wirkte erschöpft und abgespannt, war schwarz vom Qualm der explodierenden Flakgranaten, bis auf die Augenpartie, die durch die Brille geschützt war.
Ich hörte, wie Karyn im Zimmer nebenan die Stimme hob. »Ich lass mich darauf nicht mehr ein. Du mietest dir ein Auto, wenn’s sein muss ... Ich lass mir die gleiche Lüge nicht noch mal bieten ... Du wirst das nicht verderben, Buford ... Hör zu ... Nein ... Nein ... Nein, du hörst zu ...«
Dann drückte sie die Tür zu.
Als sie herauskam, funkelten ihre Augen vor Wut, und das Sommerkleid spannte sich über ihren Brüsten. Sie ging zur Bar, trank ihren Scotch mit Soda aus und goss sich ein weiteres Glas ein. Ich wandte den Blick von ihr ab.
»Bewunderst du das Foto von Bufords Vater?«, sagte sie. »Er war einer der Bombenschützen, die Dresden in Schutt und Asche gelegt haben. Siehst du die abgestorbene Eiche draußen auf dem Feld? Ein paar andere Vorfahren von Buford, ehrenwerte Herrschaften, die den Knights of the White Camellia angehörten, haben dort 1867 einen Neger und einen weißen Kriegsgewinnler aus dem Norden aufgehängt. Wenn man mit Buford zusammenlebt, kriegt man tagtäglich derlei Sachen zu hören.«
Sie trank das drei Finger breit mit Scotch und Eis gefüllte Glas aus, schluckte in kleinen, regelmäßigen Zügen. Ihr Mund wirkte feucht und kühl.
»Ich geh jetzt lieber, Karyn. Ich hätte dich nicht belästigen sollen«, sagte ich.
»Bleib bei der Wahrheit. Ich habe dich herkommen lassen, Dave. Manchmal frag ich mich, wieso ich mich überhaupt mit dir eingelassen habe.«
»Du hast dich nicht mit
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