Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
wurde – so eine Geschichte kommt doch wie gerufen.«
Ich zog mein Hemd an und steckte es in die Hose; dann setzte ich mich auf die Bank und schlüpfte in meine Slipper.
»Kein Einwand?«, fragte Buford.
»Ihre Erklärungen sind mir zu simpel. Mir kommt immer wieder der Name Mingo Bloomberg in den Sinn.«
»Dieser Mobster aus New Orleans?«
»Genau der.«
»Ich muss um sechs zu einer Spendenaktion für unseren Wahlkampf in Shreveport sein. Fliegen Sie doch mit mir hin«, sagte er.
»Wozu?«
»Lassen Sie sich beurlauben. Arbeiten Sie für mich.«
»Kein Interesse.«
»Dave, ich unterrichte nebenbei, während ich für das Amt des Gouverneurs kandidiere. Ich habe keinen Apparat und wenig Geld. Die andere Seite hat beides im Überfluss. Wir haben seit Jahrzehnten zum ersten Mal die Chance, eine anständige Regierung zu bekommen, und jetzt kommen diese Dreckskerle aus New York daher und wollen sie zunichte machen. Was, in Gottes Namen, ist mit Ihnen los?«
Vielleicht hat Buford Recht, dachte ich, als ich auf dem alten Highway über Broussard nach New Iberia fuhr. Manchmal sah ich Machenschaften, wo es gar keine gab, und außerdem hegte ich seit jeher ein tiefes Misstrauen gegen jegliche Obrigkeit, auch gegen die, der ich selber diente. Und die Familie LaRose verfügte seit alters her, schon vor dem Bürgerkrieg, über Macht und Reichtum.
Aber vielleicht war es auch höchste Zeit, dass ich mich noch einmal mit Mingo Bloomberg unterhielt, vorausgesetzt, ich konnte ihn finden.
Wie es das Schicksal wollte, fand ich, als ich wieder in die Dienststelle kam, in meinem Posteingangskorb eine Nachricht von Mingos Anwalt. Mingo war demnach gar nicht schwer zu finden. Er saß im Stadtgefängnis von New Orleans und wollte mich sprechen.
Am späten Dienstagvormittag stand ich vor dem vergitterten Zugang zu einem von Einzelzellen gesäumten Korridor, in dem die Langfinger, die Gewalttätigen und die Unverbesserlichen dreiundzwanzig Stunden am Tag verwahrt wurden. Der Beschließer öffnete Mingos Zelle, legte ihm Bauchkette, Hand- und Fußschellen an und führte ihn durch den Gang auf mich zu. Während der zweite Beschließer an den Hebeln hantierte, mit denen die Schiebetür zum Sicherheitsbereich geöffnet wurde, sah ich, wie durch die Gitterstäbe sämtlicher Zellen entlang des Korridors Handspiegel nach draußen gehalten wurden.
Beide Beschließer geleiteten uns zu einem kahlen Vernehmungsraum, in dem ein zerschrammter Holztisch und drei Klappstühle standen. Es waren kräftige, stämmige Männer, massig und breitschultrig wie Gewichtheber.
»Danke«, sagte ich.
Doch sie blieben stehen.
»Ich möchte mit ihm allein sein. Außerdem wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie ihm die Fesseln abnehmen würden«, sagte ich.
Die Beschließer schauten einander an. Dann zückte der Ältere einen Schlüssel, schloss damit sämtliche Schellen auf und sagte: »Bitte sehr. Klopfen Sie an die Tür, wenn Sie fertig sind. Wir sind in der Nähe.«
Sie gingen hinaus, aber ich konnte sie nach wie vor durch das längliche, aus Panzerglas bestehende Guckloch in der Tür sehen.
»Schaut so aus, als ob die Sie ziemlich hart rannehmen, Mingo. Ich dachte, Sie wären inzwischen wieder draußen.«
»Die sagen, dass Fluchtgefahr besteht.«
Er war sauber rasiert, trug tadellos gebügelte Drillichhosen und hatte die kupferroten Haare glatt nach hinten gekämmt, wie die Filmschauspieler in den Dreißigerjahren. Aber seine Augen wirkten unruhig, und er verströmte einen unangenehm trockenen Körpergeruch, wie alter Schweiß, der in der Hitze auf der Haut verkrustet war.
»Ich kapier das nicht. Ihre Leute schützen doch keine Polizistenmörder«, sagte ich.
Er stützte einen Ellbogen auf den Tisch und biss in seinen Daumennagel,
»Es ist genau andersrum. Zumindest meint das die Staatsanwaltschaft. Und so sehn’s auch die Clowns im First District, mit denen Sie früher mal gearbeitet haben«, sagte er.
»Da komm ich nicht mit.«
»Können Sie sich noch an den Drogenfahnder erinnern, der letztes Jahr im Quarter umgelegt worden ist? Ich war im First District im Käfig, als die Cops den Typen gebracht ham, der’s gewesen is’. Irgendjemand – und ich sag ausdrücklich
irgend
jemand – hat ihn durch die Mangel gedreht. Die ham ihm auf dem Zementboden den Schädel aufgeschlagen und das, wie sagt man dazu, das Brustbein zertreten. Zumindest sagen das die Leute. Ich weiß es nicht, weil ich es nicht gesehn hab. Aber die Angehörigen von dem toten
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