Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
früher auch mit diesem Psychogewäsch befasst, Karyn. Macht einen Heidenspaß.«
»Ich nehme an, das hier ist alles mehr oder weniger sinnlos, nicht wahr?«, sagte sie. Der Rock spannte sich eng um ihren Leib, als sie ihre Handtasche ergriff und aufstand. »Ich wünschte, es wäre anders gekommen, Dave. Ich wünschte, du wärst nicht dem Suff verfallen. Ich wünschte, ich hätte dir helfen können. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich dich geliebt habe, aber ich bin gern mit dir zusammen gewesen. Pass auf dich auf.«
Damit ging sie durch die Tür. In der anschließenden Stille konnte ich meine Ohren klingen hören.
Kurz vor der Mittagspause kam der Sheriff in mein Büro.
»Heute Morgen hab ich einen Anruf vom Bürgermeister gekriegt, einen von der Handelskammer und einen vom Denkmalschutzverein New Iberia«, sagte er. »Haben Sie gewusst, dass Jerry Joe Plumb gerade einen halben Hektar Land unmittelbar hinter den Shadows gekauft hat?«
»Nein.«
»Außerdem hat er einen Haufen landwirtschaftlicher Anbauflächen südlich der Stadtgrenze gekauft. Wie gut kommen Sie mit ihm klar?«
»Es geht.«
»Finden Sie raus, was er vorhat. Ich will nicht noch mehr Anrufe kriegen.«
»Wo ist er?«
»Sieht zu, wie die Bulldozer das Haus platt machen, das auf dem Grundstück bei den Shadows steht.«
Ich fuhr die East Main Street entlang, unter den ausladenden Eichen, die die Straße überspannten, hindurch in Richtung der Shadows, einer Antebellum-Villa aus roten Ziegeln und weißen Säulen, die 1831 am Bayou Teche gebaut worden war. Das Grundstück, das Jerry Joe erworben hatte, lag zwischen zwei viktorianischen Häusern, erstreckte sich nach hinten bis zum Bayou und war mit über hundert Jahre alten Eichen bestanden. Ich fuhr durch das mit eisernen Spitzen verzierte Tor und parkte neben einem Abraumlaster und einer Planierraupe, bei der ein Trupp Bauarbeiter beim Mittagessen war. Unten am Bayou lag ein riesiger Haufen zersplitterter Zypressenbretter, verbogener Rohre und zerbrochener Gipsbrocken, die im Wind staubten, dazu eine abgerissene Gartenlaube, an deren Gitterwerk noch die Ranken der Passionsblumen hingen.
»Hättet ihr’s nicht versetzen können?«, fragte ich.
»Die Termiten warn zu schwer für den Laster. Das is’ die reine Wahrheit«, sagte der Mann, der einen gelben Strohhut trug und den Mund voller Brot und Wiener Würstchen hatte. Er und seine Freunde lachten.
»Wo ist Jerry Joe? Ich will ihm ausrichten, wie beliebt ihr euch bei der Dienststelle des Sheriffs gemacht habt.«
Es war nur eine kurze Strecke bis zum Mulate’s in Breaux Bridge. Sobald ich durch die Tür trat, dröhnte mir Clifton Cheniers »Hey Tite Fille« aus der Musikbox entgegen, und ich sah Jerry Joe, der auf dem gebohnerten Holzboden mit einer Kellnerin tanzte. Er hatte die Ellbogen eng an den Brustkorb gedrückt, die Finger leicht abgespreizt wie ein Jitterbug-Tänzer aus den Vierzigerjahren. Seine rotbraunen Slipper glänzten im Licht, und der ganze Körper schien sich im Rhythmus zu wiegen. Die Schultern zuckten und rollten; er twistete und steppte und vermittelte eine unglaubliche Energie und Bewegungsfreude, obwohl er mit den Füßen stets innerhalb eines imaginären, knapp einen halben Meter durchmessenden Kreises blieb, und die ganze Zeit strahlte er die Kellnerin quietschvergnügt und voller Begeisterung an.
Ich bestellte mir an der Bar ein 7-Up und wartete, dass er sich hinsetzte. Als der Tanz vorüber war, drückte er der Bedienung die Hand und ging, den Blick auf den schwarzen Barkeeper gerichtet, an mir vorbei. »Bring meinem Freund das Gleiche, was ich bestellt habe.«
»Mach das nicht, Jerry Joe«, sagte ich zu seinem Rücken.
Er ging zu einem Tisch, der mit einem rotweiß karierten Tuch bedeckt war, und zog einen Stuhl heraus. »Du kriegst es, ob du willst oder nicht... Catfish-Filet mit Étoufée obendrauf. Das ist ein Essen, mit dem du normalerweise erst im Paradies rechnest«, sagte er. Er zog einen weiteren Stuhl heraus. »Was gibt’s?«
»Ein paar Leute wollen wissen, warum du gerade ein Haus abgerissen hast, in dem einst George Washington Cable gewohnt hat.«
»Wer?«
»Ein berühmter Schriftsteller.«
»Weil es ein Asbestdach hatte, weil die Fußböden modrig wie alter Karton waren, weil in der Dachrinne Vampirfledermäuse gehaust haben.«
»Warum wendest du dich nicht an die Leute, Jerry Joe, und erklärst es ihnen, statt sie so zu erschrecken, dass ihnen fast das Herz stehen bleibt?«
»Weil es
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