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Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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›Pass auf, dass du dir das Hirn nicht verrenkst, Bloomberg. Mach mal ’ne Pause.‹
    Sagt er: ›Ich komm freiwillig hierher, und ’ne Lesbe zieht mir mit einem Mal eins mit dem Schlagstock über und wirft mir Widerstand vor. Kein Wunder, dass in dem Knast neunzig Prozent Kannibalen sind. Jemand anders hält’s doch in so ’nem Drecksloch nicht aus.‹«
    »Hast du ihn jetzt in Einzelhaft?«, fragte ich.
    »’n Typ, der zu ’nem Schwarzen
Kannibale
sagt? Nein, ich hab ihn da draußen auf dem Hof, damit er mit den Brüdern Aerobic übt. Der Job könnt einen glatt in den Selbstmord treiben, wenn da nicht Jungs wie du wären, Robicheaux.«
    Fünf Minuten später hinterlegte ich meine Waffe bei einem Wachmann, der in einem Maschendrahtkäfig saß, und ein anderer Wärter schloss die Zelle am Ende eines sonnenhellen Korridors auf, durch den all die typischen Knastgeräusche dröhnten: zuschlagende Türen und scheppernde Scheuereimer, ein gutes Dutzend Radios, die auf zig verschiedene Sender eingestellt waren, laute Stimmen, die von den Wänden widerhallten. Mingo Bloomberg saß in Boxershorts auf einer Pritsche, die mit Ketten an der Wand befestigt war. Sein Körper war rosig, unbehaart, weder fett noch sonst wie bemerkenswert, so als wäre er künstlich hergestellt. Die Naht über seinem Ohr sah aus, als habe ihm jemand ein kleines Stück schwarzen Stacheldraht in die Kopfhaut gedrückt.
    »Kelso sagt, Sie machen Rabatz«, sagte ich.
    Er ließ ein Handtuch zwischen seinen Beinen baumeln und tippte es träge mit den bloßen Zehen an.
    »Hat Ihnen Ihr Anwalt gesagt, dass unsere Zeugen zu ihrer Aussage stehen?«, fragte ich.
    Ich war darauf gefasst, dass er aufbrauste, mich ein weiteres Mal herumzukriegen versuchte. Stattdessen war er mürrisch, auf die Geräusche draußen auf dem Korridor konzentriert, so als ob sie etwas zu bedeuten hätten, das ihm zuvor nie ganz klar gewesen war.
    »Haben Sie mich verstanden?«, fragte ich.
    »Ich hab gestern Abend mit meinem Cousin geredet. Ein paar Leute glauben, dass Sie mich in der Mangel haben. Es gibt da ’n Schwarzen, ’ne Type aus Miami, ein Freischaffender, weil in Miami niemand das Sagen hat. Er soll aussehn wie ’n zwei Meter großer Haufen Affenscheiße. Es geht das Gerücht, dass er womöglich der Typ is, der den Drehbuchschreiber im Quarter erledigt hat. Mein Cousin sagt, der Typ aus Miami hat ’n Auftrag, zu dem er ’n paar Briketts im Knast zuziehen will.«
    »Meinen Sie, das gilt Ihnen?«
    Er starrte zu Boden und steckte sich den kleinen Finger ins Ohr, als sei ihm Wasser hineingeraten. »Ich hab mich immer an die Regeln gehalten. Is’ ’n komisches Gefühl«, sagte er.
    »Wer will Sie umlegen lassen, Mingo?«
    »Wen könnt ich denn alles reinreiten? Überlegen Sie mal.«
    »Haben Sie schon mal was von einem
Bugarron
gehört?«, fragte ich.
    »Nein ... Fragen Sie mich nicht nach irgendwelchem Blödsinn, von dem ich nix weiß. Ich bin fällig.« Er ließ die Schultern hängen, saß zusammengesackt da. »Sie ham doch allerhand gelesen, nicht wahr, schlaue Bücher, mein ich damit, und ähnliches Zeug.«
    »Ein paar.«
    »Ich hab mal eins gelesen, in der Leihbücherei droben in St. Charles. Darin hat’s geheißen ... am Ende seines Lebens gelangt man wieder da an, wo man angefangen hat; man wird womöglich wieder zum Kleinkind. Mit dem Unterschied, dass man beim zweiten Mal verständig ist. Aber das nutzt einem überhaupt nix.«
    »Ja?«
    »Ich hab das früher nie begriffen.«
    An diesem Abend geleitete ein Wärter Mingo Bloomberg in Gummilatschen und Unterwäsche zur Dusche. Der Wärter setzte sich auf eine Holzbank vor der Trennwand, aß ein Sandwich und las eine Illustrierte. Dampfschwaden wallten auf dem Beton nach draußen, dann plätscherte das Wasser stetig und ununterbrochen auf den Boden. Der Wärter legte seine Illustrierte weg und warf einen Blick um die Ecke. Er sah Mingos Gesicht und die Wasserströme, die darüber rannen, ließ sein Sandwich fallen, rannte den Korridor entlang und holte den zuständigen Mann aus seinem Käfig.

12
    Die Sonne ging auf, als ich am nächsten Morgen in die Auffahrt zu Buford LaRoses Haus einbog. Ich sah ihn in einem Pinienwäldchen im hinteren Teil seines Grundstücks, wo er, eine graue englische Reitkappe auf dem Kopf und ein Zaumzeug in der Hand, auf ein gutes Dutzend Pferde zuging, die zwischen den Bäumen hin und her preschten. Die Temperatur war über Nacht gefallen, und im frühen Tageslicht stieg der Dampf

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