Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
eine schwarze Familie gewohnt hat. Jude kam mit seinem Pferd raus aufs Feld geritten, hat sich im Sattel gereckt, die Arme auf den Sattelknopf gestützt und seinen Hut mit dem Daumen hochgeschoben. Buford hat dem Maultier die Zügel auf den Hintern geknallt und es am Ende des Beetes im Kreis gehen lassen.
»Wie macht er sich?«, hat Jude gefragt.
»Der kann arbeiten«, hab ich gesagt.
»Gut so.« Er hat zu der Hütte von der schwarzen Familie rübergeschaut. Ein kleines Mädchen hat auf der Veranda mit seiner Puppe gespielt. »Habt ihr die ganze Zeit durchgearbeitet?«
»Ja, Sir, ununterbrochen«, hab ich gesagt.
»Ich will nicht, dass er mit jemandem hier spielt.«
Ich hab ständig zu Buford geschaut, der am andern Ende vom Feld mit dem Schlitten zugange war, hab auf Durchzug geschaltet, als ob’s nicht wichtig wäre, dass ich seine Worte höre.
»Hast du verstanden, was ich damit sagen will?«, hat Jude gesagt.
»Ja, Sir. Sie haben sich ziemlich klar ausgedrückt.«
»Stört dich das, was ich dir sage?«
»Das ist die Kleine, die mit ihrer Mutter in dem Saloon arbeitet, nicht?«
»Schau nicht woandershin, wenn du mit mir redest, Jerry Joe.«
Ich hab zu ihm aufgeblickt. Mit der Sonne im Rücken hat er ausgesehn wie aus schwarzem Stoff geschnitten. Meine Augen haben vor Hitze und Staub gebrannt.
»Wird Zeit, dass der Junge den Unterschied begreift, das ist alles«, hat er gesagt.
»Ich halt mich da raus, Mister Jude.«
»Mag sein, dass du es höflich gemeint hast, Jerry Joe. Aber rede einen Weißen niemals so an, als ob du ein Farbiger wärst.«
Jude hat genau gewusst, wie er es einem reinreiben konnte.
Ich hab Mrs. LaRose gemocht. Sie hat für alle Frühstück gemacht, Riesenportionen, mit Eiern und Räucherspeck, Bohnenbrei und Grütze, und zum Abendessen hat sie jedes Mal einen Kuchen gebacken. Aber was Jude anging, da war sie blind und taub. Vielleicht hatte das damit zu tun, dass er ein Kriegsheld war und ihr Vater in einem von Hitlers Konzentrationslagern gestorben ist und Jude sie aus einem Lager für Verschleppte auf Zypern hierher gebracht hat. Ich mein damit, dass er nichts gegen eine gelegentliche Spritztour runter nach Mexiko einzuwenden hatte, am Samstagabend, mit seinem Vormann, einem Mann, der angeblich auf einer Ranch drüben in Presidio, auf der er mal gearbeitet hat, Vollblütersamen gestohlen haben soll. Eines Sonntagmorgens, als der Vormann immer noch besoffen war, hat er auf der Fahrt raus zum Bohrturm zu mir gesagt: »Die müssen euch ja ganz schön scharf rannehmen, da, wo du herkommst.«
»Wie bitte?«, hab ich gesagt.
»Trotz dem deutschen Mädel, das er sich da mitgebracht hat, steigt Jude nach wie vor noch über die eine oder andere.«
Später hat er mich dann abgepasst, als ich allein auf der Arbeitsbühne war. Er hat eine ganze Weile geschwiegen, seine Fingernägel mit dem Taschenmesser geputzt, hatte nach wie vor eine Fahne, die nach Tequila und Nikotin roch. Dann hat er mir erklärt, dass ich mich lieber so weit wie möglich davonmachen sollte, falls ich jemals ein Sterbenswörtchen von dem, was er mir gesagt hat, weitererzählen würde.
Versteh mich nicht falsch. Ich habe großen Respekt vor Jude gehabt. Er hat mir erzählt, was für Schiss er gehabt hat, als sie in die deutsche Flak geraten sind. Er hat gesagt, es sah aus wie große, geschwärzte Baumwollfetzen und dass man weder drunter- noch drüber- noch dran vorbeifliegen konnte. Sie haben bloß dagehockt, und der Schweiß ist ihnen in den Haaren gefroren, Während ihre Maschine hin und her und auf und ab geschüttelt worden ist, wie wenn sie auf eine Schotterpiste geraten wären. Gleich nach dem Angriff auf Dresden hat ein Granatsplitter, der etwa so ausgesehen hat wie ein verbogener Teelöffel, seine Pilotenjacke durchschlagen und den Brustkorb aufgeschlitzt, sodass er die Hand reinstecken und die blanken Rippen spüren konnte.
Was danach passiert ist, hab ich mir immer vorgeworfen.
Buford und ich haben bei den Stangenbohnen im hinteren Teil des Feldes Unkraut gejätet, als der alte Mexikaner, der den Jauchewagen gefahren hat, mit einem Rad in den Bewässerungskanal geraten ist und festgesessen hat. Ich hab Buford alleine gelassen, hab mir das Stemmeisen und ein paar Bohlen von der Karre gegriffen, unter die Achse geschoben und das Stemmeisen am Rand angesetzt, und dann haben wir das Ding rausgeschaukelt, bis alle vier Räder wieder auf festem Boden waren. Dann hab ich unter dem Laster durchgeschaut und
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