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Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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gesehn, wie Buford drüben, auf der anderen Seite vom Feld, im Schatten eines Baumes mit dem schwarzen Mädchen gespielt hat. Und genau in dem Moment kam Jude mit seinem Kombi die Straße runter.
    Ich bin mir blöd vorgekommen, war aus irgendeinem unerklärlichen Grund vielleicht auch feige. Aber ich hab da auf dem Bauch gelegen, halb unter dem Laster, als Jude LaRose aus seinem Wagen stieg, auf seinen Sohn zuging und ihn angeschaut hat; Buford ist kreideweiß geworden.
    Er hat Buford zu der Veranda von der schwarzen Familie raufgezerrt, ist durch die Tür rein, ohne sich was dabei zu denken, so als ob er das Tor zu einem Schweinekoben aufstößt, und im nächsten Moment ist er wieder rausgekommen, mit einem zusammengeknüllten Kleid von der Kleinen in der Hand.
    Erst hat er Buford mit einer Rute auf die bloßen Beine geschlagen, dann hat er ihm das Kleid über den Kopf gezogen und ihn mitten auf dem Feld auf einer Grapefruitkiste stehen lassen, während die Mexikaner auf den Beeten rundum die Köpfe eingezogen und so getan haben, als ob sie nichts mitkriegen.
    Ich hab gewusst, was danach kommt.
    Er ist zu dem Jauchewagen gefahren, der nach wie vor auf der Kippe hing, und hat mich aus dem Autofenster angeschaut, als ob ich ein dummes Tier wäre, aus dem seiner Meinung nach nie was wird.
    »Du hast nicht aufgepasst. Das da drüben ist der Lohn dafür«, hat er gesagt.
    »Dann hätten Sie’s an mir auslassen sollen.«
    »Tu nicht auch noch so scheinheilig. Wenn du Mumm hättest, hättest du den Mund aufgemacht, bevor ich ihn verdroschen habe.«
    Ich hab gespürt, wie mir das Wasser in die Augen geschossen ist und wie mein Mund gezuckt hat, aber ich musste es loswerden. »Meiner Meinung nach sind Sie ein elender Mistkerl, Jude.«
    »Er ist ein LaRose. So was wirst du nie verstehen, Jerry Joe. Du bist ein Kind kleiner Leute, daher kannst du nichts dafür. Aber du hast hier die Chance deines Lebens. Lass sie dir nicht entgehen.«
    Ohne sich die geringste Gefühlsregung anmerken zu lassen, hat er den ersten Gang eingelegt, hat mich einfach stehen lassen und ist in einer großen zimtbraunen Staubwolke davongefahren.
    Ich würde dir gern erzählen, dass ich mich an diesem Abend zugedröhnt habe, hab ich aber nicht. Mir gingen ständig Judes Worte durch den Kopf, und mein Gesicht hat geglüht, als ob er sie mir um die Ohren geschlagen hätte, so als war er der einzige Mensch auf der Welt, der gewusst hat, wer ich wirklich war.
    Schon komisch, wie man zum Spiegelbild dessen werden kann, was man in den Augen eines Mannes sieht, den man bewundert und zugleich hasst. Im Herbst ist die Familie nach Louisiana zurückgekehrt, und ich bin geblieben und hab Anbohrungen gemacht, Mexen über den Fluss geschafft, für eine Hundefutterfirma Wildpferde abgeschossen und mich jeden Samstagabend drunten in Chihuahua verliebt. Mit den Jungs aus Huntsville und Sugarland bin ich bestens klargekommen.
    Als er zehn Jahre später an Lungenkrebs gestorben ist, hab ich gedacht, ich geh zur Beerdigung und mach meinen Frieden mit ihm. Ich bin bloß bis zur Tür gekommen, wo mir zwei Jungs erklärt haben, dass auf Mr. LaRoses ausdrücklichen Wunsch hin nur Familienangehörige an der Trauerfeier teilnehmen dürften.
    Der alte Jude hat sich ausgekannt.

14
    Es war mittlerweile dunkel, und der Regen fiel auf den Bayou und das Blechdach des Köderladens. Jerry Joe saß auf der anderen Seite des Tisches und hatte eine dicke weiße Kaffeetasse in der Hand. Über uns hing eine nackte Glühbirne, und sein Gesicht lag im Schatten des Fedora.
    »Worauf willst du hinaus?«, fragte ich.
    »Du bist ein kleiner Polizist in einer kleinen Stadt, Dave. Wann hast du das letzte Mal einen Reichen eingebuchtet?«
    »Vor etwa zwanzig Jahren, wegen Alkohol am Steuer.«
    »Dann kapierst du also allmählich?«
    »Das ändert gar nichts.«
    »Ich hab Buford mal als Pitcher bei ’nem Spiel auf dem College erlebt. Ein Junge hat nach einem verhunzten Abschlag den Schläger nach ihm geschmissen. Als der Junge das nächste Mal dran war, hat Buford ihm einen scharf angeschnittenen Ball in den Rücken geknallt. Er hat so getan, als ob’s ihm furchtbar Leid täte, als sich der Junge am Boden gekrümmt hat, aber nach dem Spiel hab ich gehört, wie er zu seinem Fänger gesagt hat: ›Scheint so, als ob wir heute jemanden bekehrt haben.‹«
    »Meiner Meinung nach ist Buford nicht gefährlich.«
    »Es ist Einstellungssache. Die tun andern Leuten nichts an, die lassen es passieren. Deren

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