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Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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ihm etwas ein, und er verzog das Gesicht, als sei ihm eine Mücke ins Auge geflogen.
    »Wieso lassen Sie mich nicht in Ruhe? Machen Sie sich lieber hinter dem Ku-Kluxer her, bevor er die Briketts auf hundertachtzig bringt. Das heißt, falls er nicht ersoffen is’. Wir haben auch so schon genug Zoff zwischen den Rassen drunten in New Orleans«, sagte er.
    »Von wem sprechen Sie überhaupt?«
    Er schaute mich eine ganze Weile wie benommen an, während sich auf seinem Gesicht ein wahres Psychodrama abspielte, so als habe es ein Eigenleben entwickelt.
    »Dieser Crown, derjenige, den Sie im Fernsehn verteidigt haben, der is’ heut früh in den Mississippi gesprungen«, sagte er. »Habt ihr kein Radio in eurer Scheißkiste?«
    Er trank einen Schluck und schaute mich mit leerem Blick über den Dosenrand hinweg an.

15
    Es regnete und war noch dunkel, als Clete mich am nächsten Morgen vor der Dienststelle des Sheriffs im Bezirk Iberia absetzte, dann regelwidrig umkehrte und vor einer Grillbude auf der anderen Straßenseite hielt. Kurz zuvor hatte der Blitz in das Dienstgebäude eingeschlagen, sodass der Strom ausgefallen war und nur die Notbeleuchtung brannte. Als ich in das Büro des Sheriffs kam, stand er im Halbdunkel am Fenster, hatte eine Tasse Kaffee in der Hand und schaute über die Straße.
    »Was will Purcel in der Stadt?«, fragte er.
    »Ein, zwei Tage angeln gehen.«
    »Und deshalb fährt er Sie zur Arbeit?«
    »Mein Pick-up ist in der Werkstatt.«
    »Er ist ein korrupter Cop, Dave.«
    »Das ist zu hart, Skipper.«
    »Er benimmt sich für gewöhnlich wie die Axt im Walde. Dazu wird es hier nicht kommen, mein Freund.«
    »Sie haben sich deutlich ausgedrückt, Sir«, sagte ich.
    »Gut.«
    Dann berichtete er mir, was tags zuvor in Angola und später auf einer Süßkartoffelfarm nördlich von Morganza vorgefallen war.
    Aaron Crown hatte sich in seiner Zelle erbrochen, sich in Krämpfen am Boden gewunden, als habe er einen epileptischen Anfall oder eine Gallenkolik. Er wurde in Handschellen und Fußeisen gelegt, mit einer Plastikbrechtüte auf dem Schoß vorn in einen Kleinbus gesetzt statt nach hinten und von einem jungen weißen Wachmann zum Krankenrevier gefahren.
    Der Wachmann passte kaum auf, schaute vielleicht sogar absichtlich weg, als Aaron sich vornüberbeugte und wieder von einem Brechreiz geschüttelt wurde, sah die Haarnadel nicht, die Aaron im Mund versteckt hatte und mit der er das Schloss an seiner linken Handschelle knackte. Vielleicht dachte er auch nicht, dass bei Aaron Fluchtgefahr bestehen könnte, nicht auf dem Farmgelände mit seinen endlosen Anbauflächen jedenfalls, oder dass dieser Häftling sich jemals an einem Weißen vergreifen würde.
    Bis sie um die Kurve am Fluss kamen und Aaron den linken Arm um den Hals des Wachmanns schlang, ihm die rechte Faust, an deren Gelenk die Handschelle baumelte, ins Gesicht rammte und ihm den Unterkiefer zertrümmerte.
    Dann humpelte er, nach wie vor mit den Eisen an den Füßen, die ihm die Knöchel wund und blutig schürften, durch einen Gummibaumhain und über ein Sojabohnenfeld davon, über den Damm und runter zu den Weiden am Rande eines Schlammlochs, watete durch das Altwasser, zwischen dem Schilf und den Rohrkolben hindurch, und warf sich in die Strömung.
    Unter normalen Umständen hätte er ertrinken müssen, aber später stieß ein Trupp Deputys aus West-Feliciana, die mit Hunden unterwegs waren, flussabwärts auf etliche entwurzelte und ineinander verhedderte Baumstämme und fand ein Stück Drillichstoff, das auf einer Wurzel steckte. Sie schlössen daraus, dass Aaron sich an diese schwimmende Insel aus allerlei Müll und Abfällen geklammert hatte. Dann hatte er sich wie eine Bisamratte tief ins Geäst gedrückt und sich mitten auf dem Fluss sieben Meilen weit treiben lassen, bis die halb untergetauchten Bäume an eine Sandbank am anderen Ufer stießen, wie eine Fähre, die er eigens gechartert hatte, sodass er bequem absteigen und die wiedergewonnene Freiheit genießen konnte.
    Dann setzte er sich ins Waldland ab, wo Gottesfurcht und eingefleischter Fundamentalismus herrschten, dorthin, wo er aufgewachsen war, in einen Landstrich, in dem sich nie etwas ändern würde. Davon war er so felsenfest überzeugt, dass er noch in der gleichen Nacht in die Scheune eines schwarzen Farmers eindrang, scheppernd in den in Reih und Glied an der Wand hängenden Hacken, Sensen, Äxten und Hämmern herumwühlte und ein Gerät suchte, mit dem er seine Fußketten

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