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Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Aber ihre Stimme versagte, wollte ihr nicht gehorchen, und sie klang schwach und zaghaft, irgendwie verschämt.
    Die Mädchen schauten einander an.
    »Der schöne Buford?«, sagte eine von ihnen. Alle drei fingen an zu lachen, schauten dann wieder zu ihr, klimperten mit den Wimpern und bliesen ihren Zigarettenqualm in die warme Luft.
    Dann kam ein bulliger Junge mit einem rotgoldenen L.-S.-U-T-Shirt, messerscharf gestutzten, mit Fettcreme eingeschmierten roten Haaren, die steif wie eine Stahlbürste hochstanden, und whiskeyroten Wangen aus der Tür. Hinter ihm war noch jemand.
    Der Junge mit dem Messerschnitt, der als Center an der New Iberia High School in die Bundesauswahl berufen worden war, warf einen Blick auf Sabelle, drehte sich breit und hämisch grinsend um, hob die Hände und sagte zu seinem Hintermann: »Wow, Mann. Ich würd momentan nicht rausgehn. Es sei denn, du willst dir die Eier auf ’ne Autoantenne spießen lassen.«
    Sie sah Bufords Gesicht im Neonschein. Dann war es verschwunden.
    Sie wusste nicht mehr, wie sie nach Hause gefahren war. Sie lag im Dunkeln in ihrem Schlafzimmer und horchte auf die Frösche im Wald, hörte ihren Vater, als er pinkeln ging, ihren Nachbarn, einen Müllmann, wie er die Blechbüchsen auf der Ladefläche seines Lasters zerquetschte. Sie schaute sich auf dem Schwarzweißgerät in ihrem winzigen Wohnzimmer einen Fernsehevangelisten an und danach einen Film über nukleare Kriegsführung. In dem Film, der teilweise aus Archivmaterial der US-Army bestand, wurde gezeigt, wie sich radioaktive Strahlung auf lebende Tiere auswirkte, die man fünfhundert Meter entfernt von einer Atombombenexplosion in Verschlage gesteckt hatte.
    Als sie dasaß und die Bilder sah und das Blöken der Tiere hörte, wünschte sie allen, die an diesem Film mitgewirkt hatten, den Tod. Nein, das war es nicht. Sie glaubte, dass ihr, was Männer anging, zum ersten Mal etwas klar geworden war, das sie zuvor nie begriffen hatte, und sie wünschte sich, dass ein gleißend weißes Licht draußen vor ihrem Fenster über den Himmel zucken und ihn versengen möge wie verkohltes Cellophan, jawohl, eine weiße Flamme, die die Luft zum Glühen brachte, sodass das Wasser im Bayou verdunstete und die Eichen entlang des Weges verdorrten, der ihr vorgekommen war wie die Pforten zum Paradies in ihrem Kinderbuch.
    Doch ihre Wut wirkte befreiend, und allmählich wurde sie müde. Und als der Morgen anbrach, als es draußen grau und regnerisch war und drinnen das Wasser an den Wänden hinunterlief, als sie die Frau des Müllmanns hörte, die nebenan ihre Kinder anbrüllte, dann eins von ihnen mit dem Gürtel verdrosch, immer heftiger, und mit jedem Schlag schriller schrie, da wusste Sabelle, dass ihr Leben fortan so gleichförmig und fest umrissen sein würde wie die Köpfe der Nägel, die aus dem welligen Linoleum zu ihren Füßen ragten.
    Ich hatte nicht auf die Uhr geschaut. Ich ging zu meinem Pick-up und wollte schleunigst nach Lafayette fahren, doch Bootsies Toyota stand hinter mir in der Auffahrt.
    »Nimm mein Auto«, sagte sie. »Ich fahr mit dem Pick-up.«
    »Wir sehn uns in Lafayette«, sagte ich.
    »Welche Zimmernummer hast du?«
    »Weiß ich nicht. Erkundige dich an der Rezeption.«
    Ich setzte auf den Fahrweg zurück und schaute noch mal zu meinem Pick-up, der in der Einfahrt der alten Scheune stand, die wir als Garage benutzten. Beinahe wäre ich umgekehrt und hätte ihn genommen, aber er war bestens gelaufen, seit ich ihn aus der Werkstatt abgeholt hatte.
    Außerdem hatte ich keine Zeit.
    Ich sollte es noch bitter bereuen.

17
    Früher war die Pinhook Road in Lafayette eine von Bäumen gesäumte zweispurige Straße gewesen, die über den Vermilion River aus der Stadt führte und sich dann meilenweit durch Zuckerrohrfelder zog. Kurz vor der stählernen Zugbrücke, die den Fluss überspannte, stand eine alte Villa aus Bürgerkriegszeiten mit einem herrlichen Garten voller Pecanbäume. Im Frühjahr war der Fluss gelb und führte Hochwasser, die Ufer waren grün und üppig, und wilde Schweine wühlten zwischen den Bäumen. Die einzigen Lokale weit und breit waren ein Drive-in-Restaurant namens The Skunk, in dem Studenten und Schüler herumhingen, und der American Legion Club auf der anderen Seite der Brücke, wo man Blaukrabben essen, Bier aus großen Krügen trinken und auf der mit Fliegengitter umgebenen Veranda sitzen konnte, die auf Stelzen über dem Wasser stand.
    Doch der Fortschritt und die Landerschließer

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