Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
redete an der Hintertür mit einem Polizisten und einem schwarzen Sicherheitsmann, dann überprüfte ich die andere Seite einer Hecke, die an den Parkplatz grenzte, und ging schließlich, da ich nichts anderes zu tun hatte, hinunter zum Fluss.
Wo könnte Aaron Crown sein?, fragte ich mich.
Nicht in einer Stadt, egal ob groß oder klein, dachte ich. Aaron war seit jeher, schon bevor er gejagt worden war, ein Mensch gewesen, den es in die Wälder und Sümpfe zog, nicht weil er dort untertauchen oder Zuflucht suchen wollte, sondern weil ihn eine innere Unruhe hinaustrieb, dorthin, wo kein Betonklotz zwischen ihm und den Kräften stand, die, wie er instinktiv wusste, in den verrotteten Stämmen schlummerten, in dem dicken Teppich aus fauligem Laub und den Höhlen, in denen es so dunkel war wie im Mutterleib.
Möglicherweise im Atchafalaya-Becken, dachte ich, in einem Pfahlbau versteckt, wo er sich von Nutrias, Waschbären, Alligatorhechten oder allen möglichen Vögeln ernährte, die er mit der Keule vom Baum holen konnte, die Haut mit Schlamm verschmiert, um sich vor den Moskitos zu schützen, die von den Fußeisen aufgeschürften Knöchel mit Schwären bedeckt.
Wenn er Buford heute Nacht erwischen will, wird er es aller Wahrscheinlichkeit nach von weitem versuchen, dachte ich. Er könnte den Vermilion herunterkommen, das Boot unter einem Anlegesteg verstecken, sich womöglich um das Hotel herumschleichen und in dem Gebüsch hinter dem Parkplatz auf die Lauer legen. Mit etwas Glück tauchte Buford unter einer der Markisen vor den Ausgängen auf oder zwischen zwei geparkten Autos, worauf Aaron den Lederriemen seines Gewehrs eng wie eine Aderpresse um den linken Unterarm schlingen und das Fadenkreuz im Zielfernrohr auf den Mann richten würde, der ihn nicht nur ins Gefängnis gebracht, sondern seine Tochter benutzt und abgelegt hatte wie ein weißer Aufseher die nächstbeste Feldarbeiterin. Vermutlich würde er mit beinahe sinnlichem Genuss die Backenzähne zusammenbeißen, während er abdrückte und zusah, wie die Welt mit Aaron Crowns Werk umzugehen versuchte.
Aber erst musste er so weit kommen.
Ich rief vom Münztelefon in einem Restaurant zu Hause an. Während ich meiner eigenen Stimme am Anrufbeantworter zuhörte, warf ich einen Blick aus dem Fenster, auf den Parkplatz und den vierspurigen Scheinwerferstrom draußen auf der Pinhook Road. Ein Partyservice-Laster bog in Richtung Hotel ab, dann ein Kleinbus von einer Teppichreinigungsfirma mit einer Frau am Steuer, eine weiße Stretchlimousine voller Gäste, dazu ein halbes Dutzend Taxis.
Ich hängte den Hörer ein und ging wieder hinaus. Es war fast neun Uhr. Wo blieb Bootsie?
Ich ging ins Hotel zurück und fuhr mit dem Lastenaufzug hinauf zum Dach. Der Wind war warm und roch nach Regen, und das Mondlicht lag dick und gelb auf dem Fluss, so als ob Öllachen auf dem Wasser trieben.
Tief unten trugen die Leute vom Partyservice Edelstahlbehälter mit Essen herein, und eine blonde Frau in einem weiten grauen Kleid holte einen Korb voller Teppichreinigungsutensilien aus ihrem Kleinbus. Ein Betrunkener mit Hut und Regenmantel lief zwischen den geparkten Wagen entlang, steuerte dann geradewegs die Hecke hinter dem Parkplatz an und zog gleichzeitig seinen Hosenstall auf. Der Polizist am Lieferanteneingang ging hinaus auf den Parkplatz, blieb unter einer Lampe stehen und stützte die Hände in die Hüften, trat dann vor die Hecke, stellte sich auf die Zehenspitzen und hielt Ausschau nach dem Mann im Regenmantel. Der Polizist verschwand in der Dunkelheit.
»Was ist los?«, fragte Helen.
»Ein Polizist ist hinter einem Betrunkenen in dem Gebüsch her. Im Augenblick sehe ich keinen von beiden ... Häng dich doch mal ans Funkgerät.«
»Was geht bei euch da unten vor?«, meldete sie sich über Walkie-Talkie.
»Überhaupt nix«, schallte die Stimme eines Schwarzen zurück.
»Wer spricht da?«
»Der Sicherheitsmann.«
»Geben Sie mir einen Polizisten.«
»Is’ keiner da.«
»Was ist mit dem Kerl in der Hecke los?«
»Was für ’n Kerl?«
»Der Betrunkene, hinter dem der Polizist her ist. Los, suchen Sie einen Officer und geben Sie ihm das Funkgerät.«
»Ich hab Ihnen doch schon gesagt, dass nix los is’. Außer dass jemand hier drunten is’, der in dem Hotel nix zu schaffen hat.«
»Was meinen Sie damit?«, fragte Helen.
»Hier drunten stinkt jemand, dass einem fast die Nase abfällt, das mein ich. Alles klar?« Einen Moment lang herrschte Stille. Der
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